Zur Wolkenproduktion im ZKM

Transsolar + Tetsuo Kondo. Cloudscapes

Eine Wolke im ZKM. Auf über 7000 m2 erstrecken sich in den Lichthöfen 8 und 9, in denen sonst Kunst ausgestellt wird, weite Wolkenbänke. Über eine Rampe im Lichthof 9 und einen Wolkenbalkon haben BesucherInnen die Möglichkeit, sich durch die verschiedenen Luftschichten der Wolken hindurchzubewegen und sie aus unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen. Mittels angepasster physikalischer Prinzipien wird ein zentraler Bestandteil unserer natürlichen Atmosphäre in den geschlossenen Ausstellungsraum des Museums gebracht und damit gezeigt, wie der Mensch immer stärker Einfluss auf unsere Natur nimmt, sie kontrollieren und steuern kann.
Eine Wolke im ZKM
Transsolar + Tetsuo Kondo, »Cloudscapes«, Lichthof 8 + 9, ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, 2015
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Harald Völkl
Eine fein justierte Temperatur- und Feuchteschichtung sowie die Zugabe von Kondensationskeimen als Aerosolpartikel, spielen bei der natürlichen Wolkenbildung eine zentrale Rolle. Ab einer bestimmten Luftfeuchtigkeit und Temperatur kondensiert das Wasser in der Luft an den Partikeln und es beginnen sich Tröpfchen zu bilden: es kommt zur Wolkenbildung.
Technische Zeichnung der Wolkenproduktion
Wolkenproduktion im ZKM
Die Materialisierung der Wolken in den Lichthöfen des ZKM erfolgt im Gegensatz zur natürlichen Atmosphäre durch eine positive Temperaturschichtung, bei der die Lufttemperatur mit der Höhe signifikant zunimmt – im Erdgeschoss wird die Luftschicht auf 25°C gekühlt, im 2. Obergeschoss auf 40°C erhitzt. Durch diesen Temperaturgradienten und die thermodynamischen Eigenschaften der Luft, welche die Luftdichte bestimmen, werden die mikroklimatischen Bedingungen in der Wolkenschicht stabil gehalten. Zusätzlich muss sichergestellt sein, dass alle drei Geschosse des Ausstellungsraums gegenüber den angrenzenden Gebäudeteilen sowie dem Außenraum isoliert sind. Im Gegensatz zur intuitiven Wahrnehmung ist feuchte Luft leichter als trockene, sodass sich die Wolke auf einer bestimmten Raumhöhe in der Luft stabil halten kann. Da über der Wolke die Luft aufgrund ihrer hohen Temperatur leichter ist, schwebt die Wolke in den Lichthöfen zwischen zwei Luftkissen von unterschiedlicher Dichte.

Zwei zentrale Prozesse für die Wolkenproduktion im ZKM, die Bedeuchtung der Luft und die geleitete Luftführung, sind für den Betrachter zunächst weder sichtbar noch erfahrbar. Schmale Textilschläuche sorgen in dem Höhenniveau der Wolkenschicht für eine gleichmäßige Luftzufuhr, die im Lichthof 8 erfolgt. Hier wird die Luft über zwei Mechanismen befeuchtet – zum einen wird Wasser zum Kochen gebracht und verdampft, zum anderen wird über feine Düsen Wasser versprüht. Der Temperaturausgleich, der dadurch erzielt wird, kompensiert die zugeführte Verdunstungswärme und führt dazu, dass die Feuchtigkeit auf dem Höhenniveau der Wolkenschicht verharrt. 
Mehrere Menschen laufen über die Rampe innerhalb der ZKM-Wolke
Transsolar + Tetsuo Kondo: Cloudscapes
© Foto: ZKM/ ONUK
Erst durch den zusätzlichen Einsatz von Cloud-machines, die die Funktion natürlich vorkommender Aerosole in unserer Atmosphäre ersetzen, können Einzelwolken oder kompakte Wolkenschichten entstehen und für den Besucher im Ausstellungsraum erfahrbar werden. Ohne die Kondensationskeime würde die Feuchtigkeit der Luft in einem geschlossenen Raum nicht sichtbar gemacht werden können.
Indem die Luft der Wolkenschicht, die eingangs im Lichthof 8 eingebracht wurde, in Lichthof 9 wieder abgezogen wird, ergibt sich eine langsame Sogwirkung im hinteren Lichthof. Auf diese Weise entsteht im ZKM ein ziehendes Wolkenbild, das sich im Lichthof 9 durch zusätzliche Aerosole zu einem Wolkenmeer verdichtet.
 
Wolken sind entscheidend für die globale Entwicklung des Klimas. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil unseres irdischen Wasserzyklus, indem sie das Wasser, das von der Erde in die Atmosphäre verdunstet, binden und wieder durch Niederschlag zurück auf die Erde bringen. Dieses komplexe System der Wolkenbildung benötigt umfassende naturwissenschaftliche und klimaenergetische Kompetenz aus verschiedenen Disziplinen sowie einen hohen technischen Einsatz. Was wir als selbstverständliche Naturerscheinung kennen, wird nun in seiner ganzen Komplexität im Museum analysiert und simuliert.

In unserem »Wolkenlabor« werden unterschiedliche Arten von Wolken sichtbar – von zarten Cirrus-Wolken über eine isolierte Cumulus-Wolke bis hin zu einer dichten Stratus-Wolke. Zudem macht die Installation deutlich, welche Energie unsere Erde, angetrieben von der Sonne, tagtäglich aufbringt, um das Wolkenmeer um den blauen Planeten zu erzeugen. Ein faszinierendes, starkes und doch empfindliches System, dem wir achtsam begegnen sollten.