Julia Binter: Global Documentary

Globalisierungskritische Dokumentarfilme zwischen Kunst- und Realitätsanspruch

Dauer
28:36
Kategorie
Vortrag/Gespräch
Erstellungsdatum
19.06.2010
Beschreibung
Julia Binter, Universität Wien

Julia Binter führte in den Konflikt zwischen Dokumentarfilm und Kunstfilm ein, wo immer Themen der Globalisierung im Raum stehen.

„Michael Glawoggers Dokumentarfilm MEGACITIES (1998) und Hubert Saupers DARWINS ALPTRAUM (2004) haben mit ihren sozialkritischen Bildwelten Vorstellungen über Dimensionen bzw. Auswirkungen von Globalisierung zu Beginn des 21. Jahrhunderts mitgeprägt. Beide Filmemacher verstehen sich als Künstler, die dem Medium ihrer Wahl entsprechend „glokalisierte“ Realität filmisch verdichtet haben, um sie derart einer Sozialkritik zuzuführen. Während MEGACITIES jedoch keinen Zweifel an der ästhetischen Konstruiertheit der filmisch eingefangenen Realitätsfragmente in den Peripherien der Großstädte Mexico City, Mumbai, Moskau und New York lässt und der conditio humana in den Portraits subalterner Menschen nachspürt, versucht DARWINS ALPTRAUM – gestützt durch den Realitätseffekt des grobkörnig wackeligen Bildes der Handkamera – am Beispiel der Nilbarschindustrie Tansanias globale Ausbeutungsverhältnisse allegorisch anzuklagen. Obwohl beide Filmemacher sich künstlerische Freiheiten bei der dokumentarfilmischen Konstruktion der von ihnen erfahrenen Realität nahmen, ließ vor allem die dramatisch-suggestive Montage von DARWINS ALPTRAUM einige KritikerInnen an der Authentizität des Films zweifeln und ihn als „documentaire faux“ der Lüge bezichtigen. Ziel dieses Vortrags ist es, diskurskritisch die diesen Debatten zugrunde liegenden unterschiedlichen Definitionen von Dokumentarfilm und Globalisierung aufzuspüren, um in einem weiteren Schritt die Potentiale und Risiken des Mediums Dokumentarfilm zur Repräsentation glokaler Phänomene am Beispiel von MEGACITIES und DARWINS ALPTRAUM zu diskutieren.“

Julia T.S. Binter studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien und der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) in Paris. Derzeit ist sie Lektorin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie sowie am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft und als kuratorische Assistentin in der Afrika-Abteilung des Museums für Völkerkunde in Wien tätig. Ihre Forschungsinteressen umfassen Dokumentarfilm, Globalisierung, Postcolonial Studies und (mediale) Identitäts- und Alteritätskonstruktionen.
Zu ihren Publikationen zählen: We Shoot the World. Österreichische Dokumentarfilmer und die Globalisierung. LIT-Verlag, 2009.
“Radioglaz and the Global City. Possibilities and Constraints of Experimental Montage,” in: Willersluv, Rane und Suhr, Christian (Hg.). Transcultural Montage. Berghahn Books, 2010.

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