Digitale Dependance

Screenshot der Startseite der ZKM Webseite
Digitale Angebote der Museen sollen das Publikum von morgen heute anlocken. Doch erschöpft sich darin die Aufgabe einer Kulturinstitution? Das ZKM | Karlsruhe verneint und führt eine digitale Dependance ins Feld: eine neue Website, eine neuartige Online-Ausstellungsplattform sowie Applikationen. Alle Produkte verknüpfen künstlerische Konzepte mit technologischen Innovationen. Ziel ist es, das Spektrum der künstlerischen Angebote über das klassische Vokabular hinaus zu erweitern. Es geht nicht darum, traditionelle Kunst zu digitalisieren und auf Bildschirmen anstatt in Büchern zu präsentieren. Die technologische Entwicklung soll nicht ausschließlich als Service verstanden werden. Die digitale Revolution beschert dem Museum neue Optionen, sowohl im Ausstellungsraum wie auch im Wissensraum des Netzes. Nicht nur neue Zugänge zu alten Inhalten, sondern auch neue Inhalt sollen geschaffen werden. Die technologische Grundvoraussetzung hierzu, das freie WLAN, ist am ZKM bereits seit 2008 für die BesucherInnen zugänglich!

Bereits 2014 führte das ZKM seine neue Website ein, die sich grundlegend von Webauftritten von Kulturinstitutionen unterscheidet. Sie bietet Interessierten aus aller Welt die Teilhabe an der wissenschaftlichen Forschung sowie kulturellen Bildung des ZKM und verbindet Expertenwissen und Öffentlichkeit. zkm.de versteht sich als eine digitale Dependance und ist ein eigenständiger Existenzmodus – keine »interaktive Werbebroschüre«, die ausschließlich auf Ereignisse im Realraum verweist. Im Gegensatz zu reinen Serviceseiten adressiert sie explizit auch den rein virtuellen Besucher. Für den Museumsbesucher vor Ort ist sie als Bestandteil des Gesamterlebnisses zu betrachten. Das Konzept der ZKM-Website.

 

Die digitale Dependance als Werkzeug

​Das ZKM fokussiert Themen, Ideen und Innovationen und führt Akteure aller gesellschaftlichen Lebensbereiche – Kunst, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft – zusammen, um wesentliche Fragen der Gegenwart und Zukunft zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund gibt die digitale Dependance nur Raster und Strukturen vor, wie sie für die BenutzerInnen sinnvoll sind. Sie folgt dem Prinzip des »content first«: Verschlagwortung und Taxonomie gewährleisten, dass alle relevanten Inhalte miteinander verlinkt sind.

In erster Linie will die Website Prozesse sichtbar und transparent machen – nicht das Produkt steht hier an erster Stelle, sondern die Produktion. Dabei kann die Website selbst Bestandteil, »Werkzeug« des Produktionsprozesses sein und innovative sowie künstlerische digitale Formate einbinden – wie beispielsweise im Rahmen von ArtOnYourScreen (AOYS).

 

Innovatives digitales Format: ArtOnYourScreen

Mit AOYS hat das ZKM eine Ausstellungsplattform geschaffen, die primär Kunst im Web präsentiert. Eine neue Form des Museums, das sowohl zeit- als auch ortsunabhängig zugänglich ist, wird damit etabliert. Mit AOYS zeigt das ZKM Kunst, die den Bildschirm als Leinwand nutzt und kreative Möglichkeiten des Mediums Internet befragt. Begleitet wird AOYS von einem innovativen Vermittlungsprogramm, das erstmals im digitalen Raum Kunst und Vermittlung interaktiv verbindet. Hintergrundinformationen zu Werk und KünstlerIn sind in multimedialen Wissenscollagen aufbereitet. Damit beschreitet das ZKM auch in der Vermittlung neue Wege.

 

Neue Optionen durch mobile Medien

Mobile Medien haben den Alltag der Menschen auf eine individuelle Weise so massiv verändert wie einst die Massenmedien Radio und Fernsehen. Da mobile Medien individuelle Medien sind, stellen sie auch viel geeignetere Kunstmedien dar als die zentral organisierten und kontrollierten Monopolmedien Radio und Fernsehen. Mobile Kunstapplikationen sind die neuen Kunstformen, die zeigen, wie Kunst im Zeitalter der digitalen Distribution funktioniert und wie sie sich verändert. Damit eröffnen sich neue Praktiken der Kooperation, kollektiver Kreationen und Handlungsformen. Mit dem AppArtAward antwortet das ZKM seit 2011 auf diese Entwicklung. Im Fokus des AppArtAwards, der jährlich vergeben wird, stehen künstlerische Applikationen mobiler Medien, die mit jedem Jahr innovativer und damit nutzbringender und kreativer werden.

 

GLOBALE. Das neue Kunstereignis im digitalen Zeitalter

Das Großprojekt GLOBALE, von 19. Juni 2015 bis April 2016, ist die Summe der Erfahrungen des ZKM und seiner Beobachtungen des globalen Kunstgeschehens: Speziell für die GLOBALE hat das ZKM zwei neue Applikationen entwickelt, die künstlerisches Konzept und technologische Innovation verbinden.

Die App Karlsruhe Maptory macht mit Hilfe von Augmented Reality zukunftsweisende Errungenschaften Karlsruher Persönlichkeiten der Wissenschaft und Kunst im 20. und 21. Jh. szenisch erlebbar. An über 20 Orten in Karlsruhe werden Fassaden zu interaktiven Mal- und Spielflächen und Plakate zu Kinoleinwänden. Mit der App MyCity, MySounds verleihen die NutzerInnen ihrer Stadt eine eigene klangliche Identität: Vor Ort können Klänge, Töne, Geräusche und Stimmen mit dem eigenen Smartphone aufgenommen und diese mit dem Aufnahmeort, dem genuinen Standort des Klangs, auf einer virtuellen und online zugänglichen Landkarte verbunden werden. Es entsteht ein riesiges klingendes Archiv, das der Identität der eigenen Stadt vielfältige Facetten hinzufügt.

Die GLOBALE zeigt für 300 Tage avancierte Kunstpraktiken, die performativ sind, die live sind, die online sind und vor allem, die digital sind.