Architektur als vermutete Zukunft
Eine alte schwarz-weiß Aufnahme des Architekten Frei Otto, der in einem Kreis von Zuhörern steht
Symposium im Rahmen der Ausstellung »Frei Otto. Denken in Modellen«
Do, 26.01.2017 – Fr, 27.01.2017, Symposium

»Man sagt, Maschinen, also die Werkzeuge der Entwicklung, töteten die Phantasie. Doch nicht die Maschine ist schuld, sondern der Mensch, wenn er seine Maschine nicht vielseitig, nicht vernunftgemäß, wenn er sie ohne Phantasie baut.« Diese Auffassung findet sich in einem kurzen Essay, der 1962 in der französischen Architekturzeitschrift »L’Architecture d’Aujourd’hui« unter dem Titel »Imagination et architecture - essai d'une vision d'avenir« veröffentlicht wurde. Der Text ist mit dem programmatischen Duktus eines Manifestes geschrieben und stammt aus der Feder des jungen Frei Otto. Statt Fotos von realisierten Bauten, sind Aquarelle und Skizzen mitabgedruckt, auf denen Membrandächer und Zeltkonstruktionen zu erkennen sind, die Wohnhäuser, Landschaften, aber auch ganze Stadtstrukturen überspannen. Die geistige Freiheit der Phantasie einerseits und die instrumentelle Dimension der Maschine andererseits scheinen auf den ersten Blick keine wirklichen Berührungspunkte zu haben. Doch benennt Frei Otto damit einen intellektuellen Kern in seinem architektonischen Denken: den fortwährenden Versuch, die künstlerische Imagination einerseits und die technische Vernunft andererseits in einem schöpferischen und zugleich effektiven Gleichgewicht zu halten.

Heute beginnt man sich in der Architektur wieder verstärkt mit dem Studium von Materialien und Werkstoffen mitsamt dem daran geknüpften handwerklichen Wissen auseinanderzusetzen. Mit der Rückbesinnung auf das Physische und Handwerkliche rückt auch wieder die Geschichte des Modells und dessen experimentell Funktion in Architektur, Kunst und Wissenschaft in den Vordergrund. Die Frage nach der Materialisierung von Information nimmt hierbei einen hohen Stellenwert ein.

Die Relevanz von Frei Ottos operativer Modellästhetik liegt darin, einerseits den Begriff der Ressource zwischen Natur, Technik und Gesellschaft besser zu verankern und andererseits die komplexen Wechselbeziehungen zwischen dem Digitalen und dem Analogen besser erforschen zu können. Im Zentrum steht eine lebendige Experimentalkultur, in der das Entwerfen sowohl individuelle Erkenntnisproduktion als auch Ausgangspunkt für einen kollektiven Diskurs über »Architektur als vermutete Zukunft« bedeuten kann. Was heißt es also für Architekten und Ingenieure, in einer Gesellschaft zu entwerfen, die ihr Gleichgewicht zwischen Digitalisierung einerseits und einem immer wichtiger werdenden Ressourcenbewusstsein andererseits sucht?

Das Symposium »Architektur als vermutete Zukunft« findet im Rahmen der Ausstellung »Frei Otto. Denken in Modellen« im ZKM statt und wird in Kooperation mit dem Fachgebiet Architekturtheorie am Institut Entwerfen, Kunst und Theorie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) organisiert.

Das Symposium kann auch via Livestream verfolgt werden!

 

Programm

Donnerstag, 26. Januar 2017

 

18:00–18:30 Uhr

Begrüßung und Einführung (D): Georg Vrachliotis

18:30–20:30 Uhr

Keynote und Podiumsdiskussion (D):

Jan Knippers, Institut für Tragkonstruktionen

und Konstruktives Entwerfen (ITKE), Universität Stuttgart

 

Achim Menges, Institut für Computerbasiertes Entwerfen

und Baufertigung (ICD), Universität Stuttgart

 

Freitag, 27. Januar 2017

 

09:30–10:00 Uhr

Begrüßung und Einführung (D): Georg Vrachliotis

10:00–10:45 Uhr

Vortrag (D): Christine Kanstinger, Atelier Frei Otto

10:45–11:30 Uhr

Vortrag (D): Joachim Kleinmanns, Südwestdeutsches

Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai)

11:30–12:00 Uhr

Kaffeepause

12:00–12:45 Uhr

Vortrag (D): Martin Kunz, Südwestdeutsches

Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai)

12:45–13:30 Uhr

Vortrag (D): Irene Meissner, TU München

13:30–14:30 Uhr

Mittagspause

14:30–15:15 Uhr

Vortrag (D): Nathalie Bredella, Universität der

Künste, Berlin

15:15–16:00 Uhr

Vortrag (D): Cornelia Escher, Universität Konstanz

16:00–16:30 Uhr

Kaffeepause

16:30–17:15 Uhr

Vortrag (E): Daniela Fabricius, Princeton University

17:15–18:00 Uhr

Vortrag (D): Toni Kotnik, Aalto University Helsinki

18:00–19:30 Uhr

Keynote (E): Tomás Saraceno, Berlin

Legende: (D) = Vortrag in deutscher Sprache, (E) = Vortrag in englischer Sprache

 

Organisation / Institution
ZKM | Karlsruhe und Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai) des KIT