Das Publikum der AppArtAward Preisverleihung 2016 sitzt im blau beleuchteten Medientheater des ZKM.

28.09.2016

Apps der Zukunft – das ZKM präsentiert den jährlichen AppArtAward

Der AppArtAward ist ein internationaler Wettbewerb für künstlerische Arbeiten im App Format.

VON JULIA JOCHEM

2011 durch Vertreter des Cyberforums e.V., der CAS Software AG und des ZKM ins Leben gerufen, lotet er seitdem in stetig wechselnden Kategorien die ästhetisch-kreativen Möglichkeiten des Mediums aus.

Charakterisieren lässt er sich als eine Kombination aus Seismograph, Trendbarometer und Kristallkugel. Viele Einreichungen der letzten Jahre spiegelten die kreativen Potenziale  technologischer Umwälzungen und Neuerungen wieder. Hierunter fallen die vielen audiovisuellen Kunstwerke, die beispielsweise Daten in Klänge-, Gestik in Bilder und Sound oder das Smartphone bzw. Tablet in ein VJ-DJ Tool verwandeln. Gleich 7 der insgesamt 21 Sieger Apps der letzten sechs Jahre können dem Bereich Sound Art zugeordnet werden.

Andere Kategorien wie Cloud- und Crowd Art wagten einen Blick in eine Zukunft, die durch künstlerische Arbeiten bislang nur bedingt aufgegriffen beziehungsweise erprobt wurde. Gelungene Bespiele sind die Apps »Electric Sheep« von Scott Draves mit der er 2012 den Award in der Kategorie Cloud Art gewann, sowie LASACT, eine App gesteuerte, interaktive audiovisuelle Lichtskulptur, für die das Künstlerteam 2014 den Preis für Crowd Art entgegen nahm.

Blick durch das Publikum auf das Rednerpodest des AppArtAward
Feierliche Preisverleihung des »AppArtAward 2016« im ZKM_Medientheater
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Michael M. Roth, MicialMedia

VR eröffnet neuen ästhetischen Raum

„Die Zukunft ist ganz leicht voraus zu sagen in dem man sie selber macht“, so das Credo von ZKM Vorstand Prof. Peter Weibel. Zu diesen Gestaltern von Zukunft gehören auch Sascha Haus und Onat Hekimoglu, Entwickler der Virtual Reality Anwendung »Raum«, welche die Grenzen und Möglichkeiten der Simulation im virtuellen Raum sondiert.

Befindet sich der mit VR Brille ausgerüstete User zunächst noch in einem relativ realistisch anmutenden Büroraum, löst sich dieser nach kurzer Zeit zugunsten eines scheinbar unendlichen Kosmos auf - die eigenen Wahrnehmungsparamenter werden neu abgesteckt.

Spieleindustrie erhofft sich Milliardenumsätze

Das Potenzial von Virtual Reality scheint unerschöpflich. 2016 ist das entscheidende Jahr für diese Technologie schreibt die Welt und beruft sich auf Statistiken die zeigen sollen: VR wird ab etwa 2017 - 2018 zum Selbstläufer, wenn genügend Haushalte die entsprechende Hardware besitzen. Die Spieleindustrie erhofft sich Milliardenumsätze, Google und die New York Times produzieren bereits Anwendungen und Inhalte für VR.

So hat Google mit der App »Tilt Brush« eine Applikation auf den Markt gebracht, mit der im virtuellen Raum 3D Gemälde angefertigt werden können. Ein weiterer Indikator, dass VR für Museen und Künstler neue ästhetische Räume öffnet, die in den kommenden Jahren kreativ bespielt werden können.

»Raum« wird ausprobiert
»Raum« wird ausprobiert
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Michael M. Roth

»Connected Art«

Ein wiederkehrendes Thema, das sich über alle Jahre des AppArtAwards erstreckt und sich in diesem Jahr erstmals als eigene Kategorie heraus kristallisierte, ist »Connected Art«. Dahinter verbirgt sich unter anderem das vielbeschworene und teilweise sehr unscharf definierte Internet of Things, dahinter verbirgt sich auch die Netzwerk Metapher und ganz primär wird damit die allgegenwärtige Verzahnung von analoger mit digitaler Welt beschrieben.

Auf den AppArtAward übertragen, zeigt sich diese Verbindung darin, dass Apps nicht mehr als ein in sich geschlossenes Medium verwendet werden, sondern vielmehr als Brücke fungieren: In einem Zeitalter der Konnektivität weist das Mobile Device über sich selbst hinaus und evoziert eine Veränderung in der Realität.

Google Glasses, Smart Watches, Smart Home

Diese Form von Öffnung trifft auch auf zukünftige Trägermedien von Apps zu. Suchte der AppArtAward bislang nach künstlerischen Applikationen für Tablets und Smart Phones, weisen aktuelle Tendenzen darauf hin, dass es bald nicht nur für alles eine App gibt, sondern diese auch durch die unterschiedlichsten Embedded Systems ausgeführt werden können.

Bereits bekannt sind wearables wie Brillen und Smart Watches – als weiterer prominenter Begriff ist »Smart Home« in aller Munde – das vernetzte, intelligente zu Haus das sich den persönlichen Bedürfnissen optimal anpassen soll.

Megatrends sind Tiefenströmungen des Wandels. Als Entwicklungskonstanten der globalen Gesellschaft umfassen sie mehrere Jahrzehnte. Ein Megatrend wirkt in jedem einzelnen Menschen und umfasst alle Ebenen der Gesellschaft: Wirtschaft und Politik, sowie Wissenschaft, Technik und Kultur. Megatrends verändern die Welt - zwar langsam, dafür aber grundlegend und langfristig.

Der immensen Bedeutung der „Vernetzung“  widmet sich unter anderem das in Frankfurt ansässige Zukunftsinstitut. So labelt Matthias Horx, Leiter des Instituts Konnektivität als Megatrend.

Vielfältige Bedeutungsebenen der Konnektivität

Joanna Dauner hat mit Ihrer App »sacrificium« nicht nur den diesjährigen Preis in der Kategorie Connected Art gewonnen, sondern zugleich auch eine Parabel für die Vielfältigkeit der Terminologie geschaffen und die daran geknüpften gesellschaftlich relevanten Umwälzungen. Sacrificium ist eine interaktive Installation. Als eine Komponente enthält sie eine App, mit der in einem fernen Dorf eine Opferkerze entzündet wird, welche so lange scheint so lange die App geöffnet und damit keine andere Aktivität auf dem Smartphone ausgeführt wird.

Die Verknüpfung von digitaler mit analoger Welt, die Übersetzung eines Traditionellen Opferlichtes in das Zeitalter des Internet der Dinge, in diesem Fall die Umwandlung eines rein analogen in ein smartes Objekt, zeigt die vielfältigen Bedeutungsebenen der Konnektivität anschaulich und weist in eine fluide analog/digitale Zukunft.

Die begehrten Trophäen
Die begehrten Trophäen
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Michael M. Roth

Über die Autorin

Julia Jochem ist eine ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien. Mittlerweile hat sie eine Projektleitung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) inne.

Kategorie: #zkmkarlsruhe