Ana Mendieta

X-ray

»X-ray« von Ana Mendieta. Zu sehen ist eine Person vor einem Bildschirm. Auf ihm ist eine kreisförmige Röntgenaufnahme abgebildet
Künstler/innen
Ana Mendieta
Titel
X-ray
Jahr
ca. 1975
Medium / Material / Technik
16-mm-Film, transferiert auf Video, S/W, Ton, 01:36 Min. im Loop

Die kubanische Künstlerin Ana Mendieta wurde vor allem durch ihre „Earth-body works“ bekannt, rituell motivierte Arbeiten, die sie privat und für die Kamera ausführte. In diesen Selbstinszenierungen bedeckte Mendieta ihren nackten Körper mit Blumen und Erde, zeichnete ihren Umriss mit Steinen, Gräsern und Ranken nach und setzte ihn den Elementen aus.

Der Röntgen-Film X-ray operiert mit einer etwas anderen Strategie. Er zeigt den Schädel Mendietas aus unterschiedlichen Blickwinkeln, während sie in immer gleicher Reihenfolge sinnlose Vokal- und Konsonantenreihen spricht. Die Aufnahmetechnik der Fluoroskopie, der kontinuierlichen Aufzeichnung und Betrachtung eines Durchleuchtungsbildes, wurde in der Medizin vor allem für die Diagnose von Sprachpathologien verwendet.

Der Transfer des medizinischen Bildes in den Kunstkontext weckt diverse Assoziationen. Unweigerlich wird die Tradition des Künstlerselbstporträts fortgesetzt, wobei allerdings das Röntgenbild das gewohnte Ähnlichkeitsparadigma unterläuft. Die übliche Darstellung des Charakters und der Emotion sowie bedeutungsvoller Attribute fehlt hier. Mendieta zeigt sich und verschwindet doch auch im Bild. In der Technologie findet sie also ein Verfahren, das gleichfalls bestimmend für ihre „Earth-body works“ war. Die Künstlerin verstand die Auflösung in einem Medium als Fortsetzung mystischer Praxis, was auch in den Glossolalien (Zungenreden) zum Ausdruck kommt. So überrascht es nicht, dass sich Mendieta als „Schamane des Neolithikums“ bezeichnet hat – als Visionärin, die sich der Erde und den Pflanzen verpflichtet fühlt.

Courtesy The Estate of Ana Mendieta Collection, LLC; Galerie Lelong & Co.