upDate: Jaroslaw Kapuscinski
Dancing with St. Thomas
Mi, 29.03.2000 19:00 Uhr CEST, Eröffnung

Einführung: Johannes Goebel, Leiter des ZKM-Instituts für Musik und Akustik

»Dancing with St Thomas« ist eine Arbeit, die Jaroslaw Kapuscinski ursprünglich für die Simulationsplattform im ZKM-Foyer konzipierte. Parallel dazu entwickelte er eine audiovisuelle Performance-Version, die in diesem upDate gezeigt wird. In einem Prozess, den er „ganzheitliche Komposition“ nennt, verschmelzen dabei verschiedene mediale Formen wie Tanzaufnahmen, Raumklang, gesprochener Text und Musik in gegenseitiger Beeinflussung zu einem Gesamtkunstwerk.

„Für mich besteht die einzigartige Qualität des Computers für die künstlerische Arbeit darin, dass musikalisches und visuelles Material verwoben werden und in synergetische Beziehungen aufgehen kann. Seit ich 1995 an der University of California bei Miller Puckette, dem Autor der Kompositionssoftware MAX, studierte, verfolgte ich diese Idee einer Transformation von Klang und Bild in Echt-Zeit auf kunstvollem Niveau und mit erschwinglicher Hardware - eine Idee, die jetzt Dank der jüngsten Entwicklungen in der Computertechnologie realisiert werden konnte. Um die Videotransformation in Echt-Zeit zu steuern, kommt in »Dancing with St Thomas« die MAX/MSP Erweiterung »nato.0+55« zum Einsatz. Ein Pianist spielt auf einem MIDI-Klavier, dessen Daten mit Hilfe von MAX analysiert und mit einer Partitur von audiovisuellen Entsprechungen zu bestimmten Zeitpunkten verglichen werden. Gleichzeitig werden MIDI-Daten zu »nato.0+55«-Objekten geschickt, die die Video-Transformationen steuern.
Das Bildmaterial besteht aus Aufnahmen des Tänzers Anthony Rizzi in einer Choreographie von Nick Haffner. Ohne Hintergrund gefilmt, wirkt der nackte Körper wie ein Scherenschnitt, dessen Bewegungen von bestimmten Tönen der Klaviermusik manipuliert werden. Aber das Verhältnis von Kontrolle und Abhängigkeit besteht auch in umgekehrter Richtung, denn der Tänzer auf der Leinwand beeinflusst auch das Klavierspiel. Eine dritte Ebene bildet ein gesprochener Text, der wiederum Bild und Ton manipuliert. Der Text stammt aus Samuel Becketts »Company« und wurde zusammen mit Astrid Sommer bearbeitet.“

(Jaroslaw Kapuscinski, aus dem Amerikanischen von Kerstin Jaunich)

Jaroslaw Kapuscinskis künstlerischer Background war ursprünglich die Musik, bevor er sich den visuellen Medien zuwandte und in der Synthese dieser beiden Künste seine Methodik fand, die er „audio-visuelle Komposition“ nennt. In Polen geboren, lebte er in Frankreich, Kanada und den USA, wo er mit einem Stipendium von Witold Lutoslawski an der University of California promovierte. Danach führte seine Studien im Bereich Kunst und neue Medien in Paris fort. Seit dem Erfolg von »Mondrian Variations« (1992) werden seine multimedialen Arbeiten auf Festivals und Konzerten weltweit präsentiert.

Organisation / Institution
ZKM