Paul Virilio und die Künste (Symposium)
Fr, 03.11.2006 – So, 05.11.2006, Symposium
Das Besondere in Virilios ästhetischem Ansatz ist es, Politik als eine sui generis ästhetische Haltung aufzufassen. Damit erübrigt sich die Frage nach der Macht in der Kunst, denn der künstlerische Ausdruck, die verwendeten technischen Mittel ebenso wie die damit korrelierenden stilistischen Möglichkeiten, sind bereits Zeichen einer politischen Haltung. So stellt sich mit Virilio die Frage nach den Möglichkeiten der Kunst neu. Liegt die Macht der Kunstschaffenden nicht vielmehr in einer Verweigerungshaltung als in der vermeintlichen Strategie einer so genannten Aufklärung? Ist es nicht viel eher eine konservative, warnende Haltung, die sich progressiv und autonom gegen die sich selbst beschleunigende Moderne stellt? Besteht für die moderne und zeitgenössische Kunst die Möglichkeit, sich dem Diktat der Maschinen, Apparate und technischen Codes zu entziehen? In dem die Ausstellung begleitenden Symposium werden diese Fragen diskutiert und Antworten gesucht.

Die Referenten: John Armitage, Marc Augé, Frank Böckelmann, Sara Daniel, Peter Gente, Enrico Ghezzi, Andrea Gnam, Marina Gržinić, Barbara Könches, Maurizio Lazzarato, Claus Morisch, Claude Parent, Jürgen Ploog, Gisela Straehle, Bernard Tschumi, Daniel Tyradellis, Andrei Ujica, Peter Weibel

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Programm

 

Freitag, 03. November 2006


14:00 Uhr:   Peter Gente und Peter Weibel, Begrüßung und Eröffnung des Symposiums

14:30 Uhr:   John Armitage
»Virilio Over Hypermodern America: Notes on the Art of War«

15:15 Uhr:   Claus Morisch
»Paul Virilio: Geschwindigkeit ist Macht«

16:00 Uhr:   Pause

16:30 Uhr:   Jürgen Ploog
»Fliegen. Reisen. Fahren. Über das Verschwinden«

17:15 Uhr:   Daniel Tyradellis
»Death Drive. Von Null auf unendlich und zurück in 6,66 Sekunden«

18:00 Uhr:   Gisela Straehle
Lesung: Paul Virilio »Abenteuer der Erscheinungen« aus »Der Negative Horizont«, München/Wien 1989

19:00 Uhr:   Eröffnung der Ausstellung
»Paul Virilio und die Künste«

 

Samstag, 04. November .2006


11:00 Uhr:   Frank Böckelmann
»Verschwinden und Wiederkehr der Städte«

11:45 Uhr:   Marc Augé
»L'architecture comme illusion et comme allusion«

12:30 Uhr:   Pause

14:00 Uhr:   Claude Parent
»Instabilité, l'Oblique et le Corps: une Aventure«

14:45 Uhr:   Bernard Tschumi
»Elliptic City«

15:30 Uhr:   Pause

16:00 Uhr:   Maurizio Lazzarato
»La télévision comme machine de subjectivation«

16:45 Uhr:   Marina Gržinić
»The confusion of the factual and virtual in relation to processes of evacuation and abstraction, performed by the machine of performative politics«

17:30 Uhr:   Enrico Ghezzi
präsentiert sein filmisches Interview mit Paul Virilio aus dem Jahr 2006

20:00 Uhr:   Michael Klier
Film: »Der Riese«, [D] 1983

 

Sonntag, 05. November 2006


11:00 Uhr:   Barbara Könches
»Der Unfall der ästhetischen Werte – Paul Virilio und die Dynamik der Bilder«

11:45 Uhr:   Andrea Gnam
»Kunst und Bunker: Die Formation des Blicks
Überlegung zum Kunstverständnis im Werk Paul Virilios«

12:30 Uhr:   Pause

15:00 Uhr:   Sara Daniel
Kriegsberichterstattung: Telefonkonferenz live aus New York

15:30 Uhr:   Andrei Ujica
Filmprogramm zu Paul Virilio:
Ausschnitte aus
- Klaus vom Bruch/Stefaan Decostere: »Warum wir  Männer die Technik so lieben«, [B] 1985
- Andrei Ujica: »Unknown Quantity«, [D] 2005
- Enrico Ghezzi: Virilio Interview, [I] 2006

17:00 Uhr:   Ende des Symposiums

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Mitwirkende

John Armitage, Dozent für Media & Communication, Northumbria University, UK. Mitherausgeber von »International Journal Cultural Politics« und Hg. von »Paul Virilio: From Modernity to Hypermodernism and Beyond«, New York 2000; »Virilio Live: Selected Interviews«, New York 2001.

Marc Augé, Sozialanthropologe und Ethnologe. Bis 1970 am Institut de Recherche pour le Développement, danach Studiendirektor und Präsident (1985-1995) der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris; zahlreiche Missionen in Afrika und Lateinamerika. Veröffentlichungen u.a.: »Non-Lieux. Introduction à une anthropologie de la surmodernité«, Paris 1992; »Journal de guerre«, Paris 2002; »Le Métier d'anthropologe. Sens et liberté«, Paris 2006.

Frank Böckelmann (*1941 in Dresden), Medienwissenschaftler und Schriftsteller. Veröffentlichungen u. a.: »Die Gelben, die Schwarzen, die Weißen«, Frankfurt/Main 1998; »Subversive Aktion - Der Sinn der Organisation ist ihr Scheitern« (mit Herbert Nagel), Frankfurt/Main 2002; Mitherausgeber von »Tumult - Zeitschrift für Verkehrswissenschaft«.

Sara Daniel, Hauptkorrespondentin des »Nouvel Observateur« aus den Krisengebieten Afghanistans, Iraks, Irans und dem Libanon. Veröffentlichungen u. a.: »Voyage to a Stricken Land (Four Years on the Ground Reporting from Iraq: A Woman's Inside Story)«, New York 2006.

Peter Gente (*1936), Gründer und Leiter des Merve Verlags, Berlin seit 1970. Kurator der Ausstellungs- und Symposiumsreihe »Die Philosophie und die Künste« am ZKM: »Foucault und die Künste«, 2002; »Deleuze und die Künste«, 2003; »Baudrillard und die Künste«, 2004. Veröffentlichungen: » Foucault und die Künste«, Frankfurt/Main 2004; »Baudrillard und die Künste«, Frankfurt/Main 2005; »Deleuze und die Künste«, Frankfurt/Main 2007.

Enrico Ghezzi (*1952), Filmkritiker. 1987–1994 Kurator des kinematographischen Programms von RAItre. 1988 Gründer und oftmals Moderator von »Fuori Orario. Cose mai viste« (zu dt. »Nie-Gesehenes«). Mitbegründer von »Blob«. 1991–1998 Direktor des Film Festivals Taormina und seit 2001 künstlerischer Leiter des Filmfestivals »Il vento del Cinema« (Procida, Neapel). Veröffentlichungen u.a.: »Stanley Kubrik«, Florenz 1983.

Andrea Gnam (*1959), Privatdozentin für Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität, Berlin. Veröffentlichungen u.a.: »Die Bewältigung der Geschwindigkeit. Dargestellt an Robert Musils Roman 'Der Mann ohne Eigenschaften' und Walter Benjamins Spätwerk«, München 1999; »Sei meine Geliebte, Bild! Die literarische Rezeption der Medien seit der Romantik«, München 2004.

Marina Gržinić (*1958), Forscherin am Philosophischen Institut des Scientific and Research Center of the Slovenian Academy of Science and Art in Ljubljana, Professorin an der Akademie der Künste in Wien. Veröffentlichungen u.a.: »Avant-garde and Politics: The Eastern European Paradigm and the War in the Balkans«, Belgrad 2005; »Une fiction reconstruite. Europe de l'Est, post-socialisme et rétro-avant-garde«, Paris 2005.

Barbara Könches (*1966) Autorin und Kuratorin. Bis 2006 Kuratorin am ZKM, Projektleiterin der Reihe »Die Philosophie und die Künste«. Veröffentlichungen u.a.: »unSichtBares. Algorithmen als Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft« (mit Peter Weibel), Bern 2005; »Philosophie und Kunst. Jean Baudrillard zum 75.« (mit Peter Gente und Peter Weibel), Berlin 2005; »Ethik und Ästhetik der Werbung. Phänomenologie eines Skandals«, Frankfurt/Main 2001.

Maurizio Lazzarato, Soziologe und Philosoph. Forschungsschwerpunkte: immaterielle Arbeit, Arbeitsontologie, kognitiver Kapitalismus, post-sozialistische Bewegungen. Veröffentlichungen u.a.: Ausstellungskatalogtexte sowie Beträge für die Zeitschrift »Futur antérieur«, Mitbegründer der Zeitschrift »Multitudes«.

Claus Morisch (*1960), Dozent an der Universität Augsburg, Schwerpunkte: Technik, neue Medien, Ethik. Veröffentlichungen u.a.: »Technikphilosophie bei Paul Virilio - Dromologie-«, Würzburg 2002; »Paul Virilio: Geschwindigkeit ist Macht« erschienen in »Kultur. Theorien der Gegenwart«, Wiesbaden 2006.

Claude Parent (*1923), Architekt. Gemeinsame Projekte mit Paul Virilio, u.a. die Kirche Sainte Bernadette du Banley in Nevers und die Bewegung 'Architecture Principe' mit der gleichnamigen Zeitschrift als »Manifeste permanent«. 1979 Grand prix national d'Architecture, Autor zahlreicher Bauprojekte wie das Haus »Drusch« (1963) und »Aéronef« in Roissypôle (1994). Veröffentlichungen u.a.: »Vivre à l'oblique«, Paris 1970; »L'Architecture et le nucléaire«, Paris 1978; »Errer dans l'illusion« 2001; »Portraits d'architectes: Impressionistes et véridiques«, Paris 2005.

Jürgen Ploog (*1935), 1960 - 1993 Pilot der Lufthansa im Interkontinentaldienst. 1972 -1986 Mitherausgeber der Literaturzeitschrift »GASOLIN 23«. Veröffentlichungen u.a.: »Coca-Cola-Hinterland. Zeit und Raum«, Darmstadt 1969; »Black Maria oder Das Echtzeit-Endspiel. Notizen zu Virilio«, Ostheim 1992; und zuletzt »Undercover«, Wolfsbüttel 2004.

Gisela Straehle (*1954), Schauspielerin, Sprecherin u. a. für SWR2 und arte, Sprecherzieherin.

Bernard Tschumi, Architekt (New York, Paris). 1988 – 2003 Dekan der Graduate School of Architecture, Columbia University, New York; Mitglied des Collège International de Philosophie; zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Grand prix national d'Architecture. Abgeschlossene Projekte u.a.: Parc de la Villette, Paris; Ecole d’Architecture, Marne-la-Vallée; Lerner Hall Student Center, Columbia University, New York. Aktuelle Projekte u.a.: New Acropolis Museum, Athen; Museum of Contemporary Art, São Paulo. Veröffentlichungen u.a.: »Architecture and Disjunction: Collected Essays 1975-1990«, Cambridge, MA/London 1984; »The Manhattan Transcripts«, New York/London 1981; »Tschumi on Architecture: Conversations with Enrique Walker«, New York 2006.

Daniel Tyradellis (*1969), Philosoph und Ausstellungsmacher. Kurator von »Der Neue Mensch. Obsessionen des 20. Jahrhunderts« (Deutsches Hygiene-Museum, Dresden, 1999), »10+5=Gott. Die Macht der Zeichen« (Jüdisches Museum, Berlin, 2004), »Schmerz« (Hamburger Bahnhof/Medizinhistorisches Museum, Berlin 2007). Veröffentlichungen u.a.: »Husserls Stehpult. Über die Benutzeroberflächen des Denkens«, in: Harun Maye/Hans Rainer Sepp (Hg.), »Phänomenologie und Gewalt«, Würzburg 2005; »Codierung von Gewalt im medialen Wandel« in: humboldt spektrum 2/2004.

Andrei Ujica (*1951) Filmemacher, Professor für Film/Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe und Leiter des ZKM | Filminstituts. Ausstellungen u.a.: »La Biennale di Venezia - Architectura« (Venedig 2001); »Ce qui arrive« (Fondation Cartier pour l'art contemporain, Paris 2002), eine Ausstellung konzipiert von Paul Virilio. Filme u.a.: »Videogramme einer Revolution« (zusammen mit Harun Farocki), 1992; »Out of the Present«, 1995; »Unknown Quantity«, 2005.

Peter Weibel (*1944) Künstler, Ausstellungskurator, Kunst- und Medientheoretiker, seit 1999 Vorstand des ZKM | Karlsruhe. Veröffentlichungen u.a.: »Die Beschleunigung der Bilder in der Chronokratie«, Bern 1987; »Vom Verschwinden der Ferne. Telekommunikation und Kunst«, Hg. Peter Weibel und Edith Decker, Köln 1990; »Iconoclash«, Hg. Bruno Latour und Peter Weibel, Cambridge, MA 2002; »Making Things Public. Atmospheres of Democracy«, Hg. Bruno Latour und Peter Weibel, Cambridge, MA 2005.
Impressum
Projektteam
Bernhard Serexhe (Projektleitung)
Organisation / Institution
ZKM