Wolfgang Ullrich: Placebo-Effekte und neuer Aberglaube
Die Heilserwartungen der Konsumenten
Do, 27.01.2011 18:00 Uhr CET, Vortrag

Etliche Studien der letzten Jahre belegen, dass Konsumprodukte, die Wirkungen wie Fitness, Entspannung oder gute Laune versprechen, unter bestimmten Bedingungen tatsächlich positive Effekte auslösen können - unter anderen Bedingungen jedoch sogar negativ wirken. Was aber heißt es, wenn Produkte zu einem wesentlichen Faktor des Wohlbefindens werden? Und in welchen kulturgeschichtlichen Zusammenhängen ist die heutige Konsumgesellschaft dann zu sehen? Auf diese Fragen will der Abend Antworten geben.


Handreichung für die Diplom-Konsumenten von Prof. Wolfgang Ullrich

Konsumkriterien

1. Kriterien für den Gebrauchswert

Hierzu bieten die Publikationen der Stiftung Warentest im Allgemeinen gute Überblicke


2. Kriterien für den Inszenierungswert bzw. ästhetischen Wert

Wie ist das Design des Produkts angelegt: welche und wie viele verschiedene Sinnesreize gehen von ihm aus, wie sind sie eventuell aufeinander abgestimmt? Passen visuelle und ggf. olfaktorische, haptische, akustische Reize zusammen?

Welche Assoziationen wecken die Formsprache oder Materialien eines Produkts bzw. seiner Verpackung? Sieht es aus wie etwas anderes (ein Duschgel z.B. wie ein Honigspender, eine Olivenölflasche wie ein Parfumflacon)? Welche Metaphern kommen durch das Design ins Spiel – und was bedeuten solche semantischen Codierungen für das Produkt?

Wie wird die Handlung oder Situation, für die ein Produkt gemacht ist, von diesem interpretiert? Wird die Handlung/Situation damit aufgewertet, bewusster erlebbar, wird sie überhöht oder eher zum Spaß erklärt?

In welche Rolle wird der Konsument durch die Produktinszenierung gebracht? Wird er zum Sieger gemacht, zum Coolen, zum Profi, zum Kenner, zum Kämpfer etc.? Wie soll er sich fühlen und in welche Position gerät er gegenüber anderen Menschen – sowohl gegenüber Nutzern desselben Produkts/derselben Marke als auch gegenüber denen, die es nicht erwerben?

Welche gesellschaftlichen Werte werden durch die Inszenierung stark gemacht? Wird z.B. Wettbewerb positiv als sportliches Ereignis dargestellt – oder Entspannung als Selbstfindungschance gefeiert? Wird das starke Individuum propagiert? Wie werden die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern inszeniert? Mit welchen Plots wird gearbeitet? Wird z.B. eine gute alte Zeit beschworen oder Lust auf eine (bessere) Zukunft gemacht?


3. Kriterien für den sozialen und ökologischen Wert

Wie ressourcenaufwendig ist das Produkt hergestellt? Hätte es auch sparsamer hergestellt werden können? Warum wurde es ggf. aufwendiger als nötig produziert?

Welche ökologische Belastung entsteht durch die Entsorgung des Produkts? Was macht man mit der Verpackung, wenn das Produkt ge-/verbraucht ist?

Welche Transportwege und/oder Lagerungsweisen hat das Produkt hinter sich, bis es in den Laden kommt? Gibt es Alternativen, die von der Ökobilanz her besser sind?

Wo und unter welchen Bedingungen wurde ein Produkt hergestellt? Waren Arbeiter unter unwürdigen Umständen am Produktionsprozess beteiligt? Wurden Tiere gequält?


Achtung: Anders als die Kriterien für den Inszenierungswert sind die Kriterien für den sozialen und ökologischen Wert meist nur mit zusätzlicher Information/Recherche anwendbar. Daher benötigt man zuerst Kriterien dafür, welche Informanten/Organisationen vertrauenswürdig sind!

Veranstaltung in Zusammenhang mit: Der professionalisierte Bürger

Website
http://www.profi-buerger.de/
Organisation / Institution
ZKM ; HfG | Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe