Portrait eines Mannes

18.07.2012

Japans elektroakustische Szene

Die Veranstaltungsreihe IMA | lab des ZKM | Instituts für Musik und Akustik (IMA) stellt regelmäßig internationale GastkünstlerInnen und deren Werke vor.

VON DAVID LÖRCH

Als Werkstattformat gehören auch Live-Demonstrationen und Diskussionsrunden mit zum Programm. Zu Gast bei der Veranstaltung im März 2012 waren die beiden Japaner Junya Oikawa  und Chikashi Miyama, die viel zum aktuellen Stand der elektroakustischen Musik – besonders in ihrer Heimat – zu berichten hatten und neue Entwicklungen beschrieben.

Junya Oikawa beginnt mit einem Überblick über die japanische Szene, deren Organisationsform und Status innerhalb der Gesellschaft. Er nennt einige Institute, wie das Senzoki Gakuen Music College, Festivals, wie das Fuji Acousmatic Music Festival und Labels, wie Te Pito Records. Allerdings weist er auch auf die Probleme hin, die die elektroakustische Musik dort noch hat: das Publikum ist klein und exklusiv, setzt sich hauptsächlich aus einer isolierten akademischen Welt zusammen und es gibt insgesamt wenige Möglichkeiten, die Musik zu hören oder auf sonstige Weise mit ihr in Kontakt zu kommen. Der Weg von Performances und Stücken vom Konzertsaal in den Club wäre dabei eine Möglichkeit, der Musik größeres Gehör zu verschaffen. Festivals und Konzerte haben außerdem meist ein geringes Budget und werden hauptsächlich von Studenten selbst organisiert. Häufiger treten Probleme mit Anwohnern wegen des Lärms auf, taugliche Veranstaltungsräume sind rar. Trotz allem gibt es speziell in Japan einen Einfluss von elektroakustischer Musik auf die Popmusik und die kulturellen Grenzen von E (ernsthafter) und U (Unterhaltungs-) Musik sind nicht so klar umrissen. Um einen klareren Eindruck zu geben stellt Oikawa drei Künstler vor, die teilweise gar nicht aus der exklusiveren Hochschulumgebung stammen.

Multimedialität der Beispiele

Als erstes führt er Sound Artist evala an, dessen Stück "multiplex" sich aus einer interessanten Mischung von Voicesamples, verschiedenen Arten von Noise, Stuttereffekten und einer spannenden laut/leise Dynamik zusammensetzt. Oikawa vergleicht das Stück mit der englischen Szene und betont die Internationalität derselben. Die zwei Künstler haben einen unterschiedlichen Hintergrund, aber ihre Klangwelt ist sehr ähnlich.

Als zweites wird der Tänzer Umeda Hiroaki  vorgestellt mit der Performance "Adapting for Distortion", die vor einem Hintergrund von sich bewegenden Gitternetzlinien stattfindet. Sein Körper wird dabei zur perfekten Veranschaulichung der elektronischen Klangwelt und zur digitalen Projektionsfläche. Sowohl Projektion als auch Klang hat der Künstler ebenfalls selbst entwickelt. Die Multimedialität der Beispiele setzt sich fort, denn der letzte in der Reihe ist Masakatsu Tagaki, ein Videokünstler. Sein Film "Nihiti" ist ein beeindruckendes Experiment mit verschiedenen Farbfiltern und am oder unter Wasser gedrehten Szenen. In bunten Farben scheinen immer wieder Gesichter aus den Wellen hervorzubrechen.

Quasi alles ein "Input Device"

Chikashi Miyamas Vortrag dreht sich vor allem um den von ihm entwickelten Controller. Es ist ein Interface um den Computer zu steuern von dem letztendlich die Musik erzeugt wird. Die Finger werden dabei zu "Innereien des PCs". Das Mapping, also wie vom Controller erzeugte Daten im PC in musikalische Signale bzw. Noten umgewandelt werden, spielt dabei eine große Rolle. Der große Vorteil bei der heutigen Instrumentenentwicklung ist, dass quasi alles als "Input Device", also als Eingabegerät, benutzt werden kann, vom Wii Controller bis zum iPhone. Die Szene der Instrumentenentwickler ist ähnlich vielseitig und natürlich verbunden mit der der elektroakustischen Musik. Zur besseren Übersicht zeigt Miyama eine Mindmap in der Konferenzen wie die NIME (New Interfaces for Musical Expression), Institutionen wie das ZKM, Software, Hardware und Künstler gleichermaßen auftauchen. Für ihn persönlich ist auch die Vielseitigkeit der Sensoren wichtig, über Infrarot und Ultraschall bis GPS kann alles benutzt werden. Die Sensoren können am Körper getragen werden oder können außerhalb liegen, der Erzeuger des Signals kann der Körper oder ein anderer Gegenstand sein. Einzelne Daten können auf einen oder viele Parameter am PC "gemapt" werden oder viele Daten auf nur einen Parameter.

Speziell bei Miyamas Instrumenten erzeugt die Hand das Signal über einer Box mit Infrarotsensoren. Es gibt verschiedene Generationen von Instrumenten die auf diesem Prinzip basieren und verschieden viele Sensoren haben. Sein erstes Modell hat er bereits 2005 gebaut. Für sein Konzert am ZKM wird er den "peacock" benutzen, eine Version mit 35 Sensoren. Schließlich demonstriert er noch anhand einer simplen Software und eines einfachen Controllers die verschiedenen Methoden des Mapping und ihre Auswirkungen. Der erzeugte Klang ist dabei eine einfache Sinuswelle, ähnlich wie bei einem Theremin. Seine Performances aber zeigen, dass auch die menschliche Stimme in Form eines Samples vom Controller bearbeitet werden kann.

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