Im Gedenken an Channa Horwitz (1932–2013)

08.05.2013

Portrait einer Frau

VON ANDREAS BEITIN

„Ich habe mich entschieden, meine Wahlmöglichkeiten auf die Notation von Bewegung einzuschränken. Auf diese Weise konnte ich mehr Erfahrungen sammeln. (...) wenn Sie zu viele Wahlmöglichkeiten haben, können Sie keine Freiheit erfahren. Doch wenn Sie Ihre Wahlmöglichkeiten einschränken, können Sie Freiheit erfahren",

stellte Channa Horwitz in einem Künstlergespräch am 18. März 2012 im Rahmen der Ausstellung »Moments. Eine Geschichte der Performance in 10 Akten« im ZKM | Museum für Neue Kunst fest.

Die 1932 in Los Angeles geborene Konzept- und Performancekünstlerin entwickelte seit Anfang der 1960er-Jahre minimalistische, grafische Notationssysteme, die es ihr ermöglichten, Zeit, Rhythmus und Bewegung in unzähligen Variationen zu visualisieren. Am 29. April 2013 ist Channa Horwitz im Alter von 80 Jahren in Santa Monica, Kalifornien, gestorben.

Von 1950 bis 1952 studierte Channa Horwitz an der Art Center School of Design in Pasadena und von 1960 bis 1963 an der California State University in Northridge. 1972 erlangte sie den Bachelor of Fine Arts am California Institute of the Arts, wo sie unter anderem zu Allan Kaprow Kontakt hatte. Channa Horwitz erforschte in ihren Werken die Grenzen zwischen Kunst, Mathematik und Wissenschaft. Seit 1968 schuf Channa Horwitz komplexe kinetische Skulpturen sowie ausgehend vom Prinzip der deduktiven Logik ein grafisches Notationssystem, das sie Sonakinatography nannte. Die so entstandenen Kompositionen können als zeichnerische Diagramme, musikalische Partituren oder choreografische Notationen gelesen werden und bildeten die Grundlage für multimediale Performances. Sie selbst beschrieb Sonakinatography als visuelle Philosophie und als Sprache, die von allen Künsten verstanden werden kann. Die Struktur, die Horwitz allen ihren Werken zugrunde legte, verstand sie nicht als Begrenzung, sondern als Grundlage der Freiheit und des Potentials unendlicher Variation.

Im Frühjahr 2012 war Channa Horwitz für mehrere Tage zu Gast im ZKM als Teilnehmerin der international beachteten Ausstellung »Moments. Eine Geschichte der Performance in 10 Akten«, bei der 10 Künstlerinnen aus der ersten Generation der Performance-Szene mit zahlreichen Werken präsentiert worden sind. Channa Horwitz wurde nach vielen Jahren, in denen sie zurückgezogen in Kalifornien lebte erstmals wieder in einem größeren Ausstellungskontext im ZKM präsentiert. Mit großer Anteilnahme haben wir nun von ihrem Tod erfahren.  

 

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