Portrait Fabrizio Tamburini

03.05.2018

ZKM Scientist in Residence Fabrizio Tamburini Kandidat für Nobelpreis?

Fabrizio Tamburini, der von Januar 2015 bis Dezember 2017 Scientist in Residence am ZKM war, wurde von der Königlichen Schwedischen Akademie und dem Nobel-Institut für Physik eingeladen, die Angström-Lecture an der Universität Uppsala zu halten.

IM GESPRÄCH MIT FABRIZIO TAMBURINI

Der Vortrag mit dem Titel »Twisted Light and Radio Waves« findet am 14. Mai 2018 statt und gilt als die wichtigste Veranstaltung zur Nominierung potenzieller NobelpreiskandidatInnen. Der italienische Physiker Fabrizio Tamburini begreift Licht als Vortex, Wirbel, als verdrehte elektromagnetische Welle. Im Interview erklärt er, wie die Residency am ZKM seine Forschung beflügelt hat und warum der Weg bis zum Nobelpreis noch lang ist.

Sie haben am ZKM als Scientist in Residence gearbeitet – wie hat die Begegnung von Kunst, Wissenschaft und Technik am ZKM Ihre eigene Forschung beeinflusst?

Fabrizio Tamburini: Ich war Scientist in Residence und ich arbeite immer noch mit Peter Weibel zusammen und diskutiere über mögliche zukünftige Initiativen. Der Aufenthalt am ZKM war sehr anregend. Freddy Grunert und Peter Weibel hatten damals Recht, als sie mir vorschlugen, mit neuen Augen auf ungelöste Probleme in meiner Forschung zu schauen. Ich arbeite an strukturierten elektromagnetischen Feldern, die in der Astronomie, Astrophysik und anderen Bereichen eingesetzt werden. Es ist wie mit einem neuen Teleskop, wir können damit viel besser die Eigenschaften des Lichts erklären und mehr Informationen aus himmlischen Quellen erhalten oder Informationen mit anderen Menschen zu teilen.

Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile, um akademische Forschung und künstlerische Praxis zu verbinden? Wie kann die Kunst von der Forschung beeinflusst werden und umgekehrt?

Fabrizio Tamburini: Wissenschaft und Kunst teilen sich gemeinsame Forschungsmethoden. Unterschiedliche Sichtweisen können ihnen unterschiedliche Perspektiven auf scheinbar unlösbare Probleme geben. Ich konnte einige grundlegende Probleme im Zusammenhang mit verdrehten Wellen lösen, was mir in den letzten Jahren nicht möglich gewesen war.

»Ich brauchte neue Perspektiven und andere Denkweisen, die ich erst in meiner Zeit als Scientist in Resident im Austausch mit Peter Weibel erfahren konnte.«

Fabrizio Tamburini

Mein erster Mentor und Freund, Professor Dennis Sciama, Lehrer von Stephen Hawking und anderen Spitzenphysikern der Welt, war ein Querdenker. Er schlug den Mitarbeitern und Studenten immer vor, sich mit sehr schwierigen Problemen auseinanderzusetzen, indem er verschiedene Perspektiven einnahm. Genau das geschah während meiner Zusammenarbeit in Karlsruhe.

Eine Frau interagiert mit einem bunten Feld
Fabrizio Tamburini & Freddy Paul Grunert, »SoL – Symmetries of Light. A Contribution to the Future Use of Light«, 2016 in »dataspheres«, ZKM 2016.

Was bedeutet es für Sie, an der Universität Uppsala zu lehren?

Fabrizio Tamburini: Es ist ein großer Schritt in meiner Karriere. Es ist, als hätte man die Möglichkeit, das Formel-1-Auto eines Spitzenteams zu testen. Wenn alles gut geht, gewinnt man die Meisterschaft. Das ist auch deshalb eine große Verantwortung, weil ich alle meine Kollegen in diesem Bereich vertrete.

Sie »prognostizieren« eine radikale Veränderung der Informationsübertragung (durch Licht) – wie wird sich die moderne Telekommunikation verändern?

Fabrizio Tamburini: Die Anwendung verdrehter Wellen und ganz allgemein der noch ungenutzten Eigenschaften des Lichts in der Telekommunikation ist nur ein kleiner Teil meiner Forschung. Das Hauptaugenmerk meiner Forschung liegt auf der Anwendung in der Grundlagenphysik und Astrophysik, nämlich der Aufdeckung von Schwarzen Löchern oder der Physik von Plasmen.

Natürlich kann die Telekommunikation von den Ergebnissen dieser Forschung profitieren, indem sie in bestimmten Situationen die Datenübertragungsrate und die Sicherheit der Datenübertragung in der Telekommunikation erhöht. Aber es ist aus meiner Sicht noch zu früh, um einen globalen Wandel in der Welt des Informationsaustauschs zu sehen. Die Eigenschaften von strukturiertem Licht können heute in Telekommunikationsprotokollen umgesetzt werden und die Verwendung der noch ungenutzten, konservierten Größen des elektromagnetischen Feldes, wie z.B. des orbitalen Drehimpulses, sorgt für eine robustere und dichtere Informationsübertragung.

Kreise in Regenbogen-Farben
Der Bahndrehimpuls (Orbital Angular Momentum = OAM) eines Photons, die Darstellung der Helixstruktur eines Photonenstrahls (links) und Darstellungen farbcodierter Phasenwellen sind zu sehen.
Fabrizio Tamburini

Dr. Fabrizio Tamburini (Ph.D.) befasst sich mit elektromagnetischen Bahndrehimpulsen (»Orbital Angular Momentum«, OAM). Seine wissenschaftlichen und künstlerischen Beiträge thematisieren unter anderem die OAM-Telekommunikation, die SR-Technik (»Super-Resolution«), die OAM-Wirbelstärken rotierender schwarzer Löcher und das Axion als Vertreter der Dunklen Materie. Am ZKM war er nicht nur an der Ausstellung »Infosphäre« (2015) mit der künstlerisch-wissenschaftlichen Installation »Beyond Einstein’s Dream. Riding the Photons« beteiligt, sondern auch an Konferenzen wie »The Future of Light Art« (2018) zur Zukunft der Lichtkunst.

Kategorie: #zkmkarlsruhe