Brion Gysin, Ian Sommerville

Dreamachine

1960

Dreamachine
Künstler/in / Künstlergruppe
Brion Gysin, Ian Sommerville
Titel
Dreamachine
Jahr
1960
Kategorie
Skulptur
Material / Technik
Lichtobjekt ; Metall, Leuchtmittel, Motor
Maße / Dauer
64,5 x Ø 18 cm
Sammlung
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Beschreibung

„Hatte heute im Bus nach Marseille einen transzendentalen Sturm farbiger Visionen. Wir fuhren durch eine lange Allee mit Bäumen, und ich hatte meine Augen gegen das Licht der untergehenden Sonne geschlossen. Eine überwältigende Flut intensiver leuchtender Farben explodierte hinter meinen Augenlidern: ein multidimensionales Kaleidoskop wirbelte durch den Raum. Ich war der Zeit entrückt. Ich war in einer Welt unendlicher Größe. Die Vision endete abrupt, als wir die Bäume verließen. War das eine Vision? Was geschah mit mir?" [1] (Gysin, 1958)

Inspiriert von den wahrgenommenen Lichteffekten in Südfrankreich entwickelt Brion Gysin zusammen mit dem Mathematiker Ian Sommerwille die »Dreamachine«. Dabei handelt es sich um eine Leuchte, die mittels Stroboskopeffekts eine optische Stimulierung des Gehirns bewirkt. Die Apparatur ist simpel in der Herstellung. Sie besteht aus einem Zylinder, dessen Oberfläche mit senkrechten Schlitzen versehen ist und einer Glühbirne, die sich in der Mitte befindet. Der Leuchtkörper ist auf einem Plattenspieler platziert, der mit 78 Umdrehungen pro Minute rotiert.

Die Besucher:innen können die Traummaschine mit geschlossenen Augen wahrnehmen: Das pulsierende Licht stimuliert mit einer konstanten Frequenz von acht bis dreizehn Impulsen pro Sekunde den Sehnerv und entspricht damit den Alpha-Wellen des Gehirns. Bei dem dadurch entstehenden ‚flicker' [Flimmer]-Effekt können die ‚gesehenen' Lichtreflexe zu Farben, Mustern, Symbolen oder dreidimensionalen Landschaften werden. Dieser bewusstseinsverändernde Zustand steht für Gysin im Zentrum der Arbeit. Obwohl er als oftmals als Außenseiter der Kunstszene gilt, war Gysin sowohl in den Kreisen der Pariser Surrealisten aktiv als auch später ein Mitglied der US-amerikanischen Beat Generation in den 1950er bis Mitte der 1960er Jahren. Bis heute prägt er junge Generationen von Künstler:innen.



[1] Brion Gysin, Tagebucheintrag, 21. Dezember 1958, zit. n. Brion Gysin, Terry Wilson, »Brion Gysin: Here To Go« (London: Solar Books, 2012), S. 141. Übersetzt aus dem Englischen.

AutorIn: Hannh-Maria Winters

Über den/die Künstler/in