Nils Röller: Towards Cuzco 35

View of a house wall and a wall: On there that painting of a green leaf and the word "Coca"
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Lieber Kerzenhändler,

geniess den Rosenapfel verlockender Frauen? Waren Sie mit ihrem Glamour im Land des Raums von Deinem heute ? Nimm es nicht als GAU Grösster (n) anzunehmender (n) Unfall, wenn sie nicht täglich erscheinen.

Schelm

P.S. Glaube, dass die grosse Chance der zukünftigen Akademie in der Musik liegt. Habe heute einen Typen kennengelernt: José-Xavier, ein Peruaner mit einem spanischen Adelsnamen. Er ist verantwortlich für den Bau eines grossen Staudamms, aber eigentlich Musiker. Seine Musik publiziert er unter EL AIRE. Er ist gut informiert über die Musik-Szene in Köln. José-Xavier sprach davon, dass die künftige Weltmusik modular angelegt sein müsste. Durch die Verarbeitung von Mikro-Sound-Stücken könne man die Rhythmen der westlichen Welt aufbrechen. Er selbst macht merkwürdigerweise eine Musik, die an gängige Rhythmus appelliert und das kommt mir so vor, als bastelt er an einer Weltuniform. Er stellte mir übrigens eine Videokünstlerin vor, die zu den Knotenstricken der Inkas gearbeitet hat: Michelsen Castanon. Sie sagte, dass in die Stricke Knoten geflochten waren, die den sogenannten „Quipucamayoqcunas“ Auskunft über Getreidevorräte, Waffenlager und Wasserstände in den Städten gaben. Ich habe sie so verstanden, dass die Knotenzeichen nur von diesen Männern gelesen werden konnten. Sie waren die einzigen, die die Bedeutung der Knoten abrufen konnten. Ihre Gehirne waren die Festplatten und die Prozessoren, die Knotenstricke der Input oder Output. Du merkst, dass ich die Sprache der Computertechnik benutze, um eine historische Speichertechnik zu beschreiben. Ich nehme die historischen Artefakte durch die „begrifflichen Brillen“ Speicherung, Übertragung, Input und Output wahr. Das ist ein Problem. Dennoch versuche ich mir entlang dieser Begriffe vorzustellen, dass die Musik, insbesondere die elektronisch - digitale Bewusstseinzustände anspricht. Doch das Wort Zustand ist schon problematisch. Im Gehirn sind vermutlich nicht stationär Datenpakete abgespeichert, aber was sonst? Können wir uns das anders als in Form von Greifbarkeiten vorstellen? Das sind Fragen, die sich der Dichter stellt, den Du in der letzten Mail gesprochen hast. Noch einmal zurück zu den Zahlen. Habe in der Datei von Hans einen Hinweis auf Ifrah: „Geschichte der Zahl“ gefunden. Er unterscheidet Phasen der Zahlentwicklung. Zunächst stellen die Menschen Beziehungen zwischen ihren Körperteilen und einer Menge von Gegenständen fest. Man vergleicht die gesichteten Kokosnüsse oder Lamas mit den Fingern und Zehen. Ein Lama wird dem Daumen zugeordnet, ein anderes dem Zeigefinger usw. Das sei eine kardinale, paarweise Zuordnung. Dann beginnt in der zweiten Phase ein Ordnungsystem zu greifen. Die Folge der Finger (Daumen, Zeigefinger, usw.) wird ersetzt durch eine abstrakte Ordnung (1, 2, ...). Das ist die ordinale Phase. Bei Ifrah findet sich folgendes Zitat: „Die paarweise Zuordnung allein reicht nicht aus... Unser Zahlsystem beruht auf den beiden Prinzipien der Zuordnung und Rangfolge, die das Gewebe der Mathematik und aller Bereiche der exakten Wissenschaften bilden“. Die Vorstellung, dass etwas im Gehirn abgelegt ist, das durch eine Zahl oder Zeichen aufgerufen wird, rührt vom so rekonstruierten Ursprung der Zahlzeichen her. Statt der Daumen, Zeigefinger, die den Gegenständen paarweise zugeordnet werden, ordnet diese Theorie mentale Stücke den zu zählenden Gegenständen zu. Zu klären wäre wie die Fähigkeiten, Rangfolgen aufzubauen gelagert ist. Aber das Wort Lagerung impliziert schon wieder etwas Materielles. Aber das kann es doch sein: Häufig verwendete Techniken (Rangfolgen aufzubauen) werden verdichtet, werden mechanisch, werden speicher- und abrufbar wie Gegenstände. Musik und Kunst können diese Mechaniken aufbrechen, Musik vermutlich leichter, weil sie feiner moduliert, oh da muss ich mehr wissen... weitere Fragen, die ich hier stellen werde, sobald sich eine Gelegenheit bietet. Habe schon mit José-Xavier darüber gesprochen, bin dann aber müde geworden...
Schreib mir, warum lieber Händler als Sender?