Nils Röller: Towards Cuzco 08

View of a house wall and a wall: On there that painting of a green leaf and the word "Coca"
__________________________________________________________________________________________
(S)chelm,

wie nun Sonarmatrose, und was soll ich zügig machen? Matrosen ordne ich dem Wasser zu, Sonar Klang und Elektronik, zügig, damit verbinde ich Eisenbahnen. Wenn ich das laut lese „zügig Sonarmatrose“, dann weiss ich auch nichts mehr, was schreibst Du mir da nur? Soll ich das Attachemt, die dreissig Seiten engbeschriebenen Text nun lesen? Was bringt mir das? Hilf mir lieber weiter mit den Wölfen und Schafen, ich würde gerne wissen, ob sich Deine neu erworbenen Kenntnisse auch auf Kunst und Mode anwenden lassen. Ich habe gestern Eindrücke gesammelt. Auf dem Weg zum Bäcker ging eine Frau vor mir, die hatte hennagefärbte Haare, sie trug ein froschgrünes T-Shirt, braune Leggings und - ich glaube - weisse Schuhe. Ich habe sie gesehen und mir gedacht, dass ist ein guter Eindruck. An dem kann ich weiterarbeiten und fragen, wie der Eindruck entsteht? Warum fällt mir die Frau auf? Sie war nicht schön, aber sie hat mein Interesse geweckt. Steckt hinter meinem Interesse ein sinnlicher Mechanismus oder ist es die Sammelgier, nämlich etwas auf der Strasse zu finden, worüber ich Dir eine Mitteilung machen kann? Komisch, dass ich nicht mehr weiss, wie ihre Schuhe aussahen. Ich muss auch gestehen, dass ich während des Schreibens gezögert habe, ob sie überhaupt diese Farben getragen hat. Ich habe die Erinnerung einfach zügig zusammengeschrieben. Hast Du gemerkt, dass ich gerade zügig geschrieben habe, Sonarmatrose?
Och, jetzt noch weitere Eindrücke, und zwar an einer Kreuzung habe ich in einem schwarzen Golf eine Frau auf dem Beifahrersitz gesehen, sie trug ein anthratzit glitzerndes Oberteil, das aus dem Chassis heraus blinkte. Der Ausschnitt war spitz. Nebem ihr am Steuer, zwischen ihr im Auto und mir ausserhalb des Autos an der Ampel, sass ein kräftiger Mann, der schnell beschleunigte, ich war beruhigt zu sehen, dass sie in einem Golf sass, den ich erst im Fortfahren als solchen erkannte. Ich dachte, dass der Ausschnitt zum Auto passt. Mir ging es heute gut,ich bin abends noch alleine in einer Discothek gewesen. Vor mir an der Bar stand ein Mädchen im langen Sommerkleid aus einem Stoff, der blinzelte mit den Hautaugen einer Schlange. Das schreibe ich jetzt zu schnell, zuerst habe ich ihre Träger betrachtet, die sich fein auf den zarten Schultern doppelten, dann habe ich ihr Kleid näher betrachtet, dann die spitzen Schuhe, dachte dabei an ein Burgfräulein. Sie hat mir später, weiss aber nicht, ob sie mich meinte, angesehen und in dem Moment durch ihr Haar gestrichen... Diese Eindrücke sind nicht eingebrannt, sondern fliessen. Sie fliessen oder besser plätschern mit den Bewegungen meiner Finger auf den Tasten.
In dieser mail ist noch mehr los, als Du denkst. Ich werde nun anders technisch unterstützt. Du wirst es kaum glauben, aber hoffentlich merken, der Zeichenfischer war nämlich da. Er hat mich nicht wie versprochen zum Essen eingeladen, sondern sich entschuldigt. Dringende Aufträge an der Küste hatte er zu erledigen. Er arbeitet dort mit zwei Freunden zusammen. Sie wollen die Wirtschaft dort im Randgebiet in Gang bringen. Bevor er gefahren ist, hat er mir einen alten Laptop dagelassen, nun kann ich im Geschäft sitzen und schreiben und dann mit einer Diskette ins Internetcafe gehen und dir meinen Text senden. Denn es wird ein Text werden. Ich habe den Ehrgeiz und auch den Druck. Der ist mir auch durch den Zeichenfischer entstanden. Er fragte mit so einem merkwürdigen Grinsen, ob die beiden Schönen mal wieder bei mir gewesen wären. Du erinnerst Dich an die Grazienmusen, die ich Kunst und Mode nenne, der Vater der einen war Delphinforscher, ihre Tante ist reich, engagiert bei den Kölner Haien... Er hat etwas mit ihnen zu tun... Jetzt höre ich erst einmal auf...

Gruss K.