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Ein neues Spiel, ein neues Glück? Das ZKM im IWKA-Hallenbau

1992

© Stadtarchiv Karlsruhe
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»Mediagramm« Nr. 9, September 1992, S. 4–5

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"Der Gemeinderat ist bereit, unter Berücksichtigung der neuen Kostenentwicklung und unter Inkaufnahme möglicher Risiken, die bei einem solchen Bauwerk nicht auszuschließen sind, einen Kostenrahmen von 222 Mio. DM bei Fertigstellung zuzüglich der Kosten für die Wandprojektion Ostfassade und Ausbau der Bahnhofspassage zu genehmigen, oder die Planung des bisherigen ZKM und des Erschließungsbauwerks im Bahnhofsbereich zu stoppen und die Verwaltung zu beauftragen, für den Hallenbau A ein Planungs- und Realisierungskonzept zu erarbeiten. Dabei ist insbesondere mit dem Land Baden-Württemberg über die Unterbringung der Hochschule für Gestaltung im Hallenbau zu verhandeln.“

– Auszug aus der Vorlage des Karlsruher Gemeinderats für die Sitzung am16.6.1992

Die Abstimmung im Karlsruher Gemeinderat fiel eindeutig für den Standort IWKA-Hallenbau aus.

Die Abstimmung im Karlsruher Gemeinderat am 16. Juni 1992 fiel mit 42 gegen 25 Stimmen gegen den Standort Hauptbahnhof-Süd mit dem sogenannten "Würfel" von Rem Koolhaas und damit für den Standort IWKA-Hallenbau eindeutig aus. Dieser Sitzung waren einige Wochen kontroverser Diskussionen vorausgegangen. Das Ergebnis der Kostenberechnung des Büros Drees & Sommer für den Entwurf von Rem Koolhaas hatte den Karlsruher Oberbürgermeister auf die Alternative "IWKA-Hallenbau" (ehemalige Produktionsstätte der Industriewerke Karlsruhe - Augsburg) zusteuern lassen. Eine Machbarkeitsstudie des Karlsruher Architekturbüros Schmitt und Kasimir mit einer Kostenschätzung von Drees & Sommer ließ ein finanziell günstigeres Ergebnis erwarten. Der zweite Vorteil für die Stadt Karlsruhe ist nicht minder gewichtig. Der als Kulturdenkmal besonderer Bedeutung bewertete Industriebau harrt schon seit 1985 auf eine Nutzung. Stadt, Land und Landesentwicklungsgesellschaft sind anteilige Eigentümer.

Die ZKM-Stiftung als künftiger Nutzer befand sich in einer schwierigen Entscheidungssituation: Der "Würfel" schien an den finanziellen Hürden zu scheitern; die Gesamtkosten von 222 Mio. DM waren bereits das Ergebnis der innerhalb von zwei Jahren erfolgten drei Reduzierungsrunden, weitere Flächen- bzw. Kostenreduzierungen konnten nicht mehr hingenommen werden, wollten alle Beteiligten die Aufgabenerfüllung der Stiftung nicht gefährden.

Das Gesamtprojekt ZKM war durch die "Baufrage" ins bedrohliche, existenzgefährdende Schlingern geraten und das zu einer Zeit, in der sich die ersten größeren Erfolge und internationale Reputation zeigten (MultiMediale, IDEAMA, Deutscher Videokunstpreis, Medienkunstpreis, Medienkunstausstellung in Barcelona, Veranstaltungsreihe, Workshops).

Die Stimmen mehrten sich, die die Finanzierbarkeit eines so ambitionierten Projekts durch eine Stadt von der Größenordnung Karlsruhes bezweifelten. Diese Gefahren, aber auch der wegen der Reduzierungen inzwischen zum Korsett gewordene “Würfel“ ließ uns den Vergleich zur Alternative IWKA machen, wohl wissend, daß der “Würfel“ inzwischen zu einem Identifikationsmerkmal des ZKM geworden war. Ich verschweige nicht meine immer stärker gewordenen Zweifel, ob ein vielleicht 1995 fertiggestelltes ZKM-Bauwerk südlich des Hauptbahnhofs nach den vergangenen und vielleicht noch drohenden Kürzungsrunden den Vorstellungen der am Wettbewerbsverfahren Beteiligten entsprochen hätte, als sie Ende 1989 den Koolhaas'schen Entwurf gekürt hatten.

Wiegt die Alternative 'IWKA-Hallenbau' den Verlust eines Neuprojektes mit einer den neuartigen Inhalten eines ZKM adäquaten Architektur auf ?

Die Vorteile liegen auf anderen Ebenen und sind eher pragmatischer Natur. Denn die „Ellbogenfreiheit" für die im Zentrum arbeitenden Personen wird nun größer. So stehen dem ZKM künftig über 14.700 qm Hauptnutzfläche einschließlich der 2700 qm Depot- und Lagerflächen zur Verfügung (gegenüber 11.700 qm am Hauptbahnhof). Reserveflächen von 4.000 qm bieten für die Zukunft zudem Erweiterungsmöglichkeiten. Das Raumprogramm wird mit einer Wechselausstellungsfläche von 1.800 qm und 300 qm Depotfläche ergänzt. Eine besondere Chance aber birgt der Hallenbau in sich, nämlich die der unmittelbaren Nachbarschaft zur neu gegründeten Hochschule für Gestaltung. Das angestrebte Raumprogramm von 7.500 qm für die HfG kann im derzeitigen Provisorium in der Durmersheimer Straße 55 nicht realisiert werden. Denn diese Chance ist höher zu bewerten, als ein Neubauprojekt neben einem ZKM am Hauptbahnhof. Das in Finanznöte geratene Land Baden-Württemberg benötigt für ihren Eigentumsanteil am Hallenbau eine ökonomisch und inhaltlich vertretbare Nutzung.

Der als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ eingestufte Hallenbau selbst, zwischen 1915 und 1918 als Waffen-und Munitionsfabrik errichtet, bietet als eines der größten Industriedenkmäler Deutschlands (312 m lang, 54 m tief, 25 m hoch; Architekt Phillip Jakob Manz/ Stuttgart) ein besonderes Gebäude für Nutzungen, die weitgehend auf die konstruktiven Vorgaben ausgerichtet werden können.

Die zehn mit Glasdächern versehenen Hallen mit dem umgebenden 6x6 m Rastersystem aus Stahl- und Stahlbetonstützen und den großen Fensterflächen bedürfen bei der Umnutzung einer besonderen Berücksichtigung. Um den Abbruch von Zwischenspangen zu vermeiden, hat die Stiftung bereits auf eine Reduzierung des Medientheaters auf die Größe eines Lichthofs gedrängt.

Um den Hallenbau nach der bald beginnenden Bebauung des davorliegenden Geländes (Arbeitsamt, Generalbundesanwaltschaft) von Osten gesehen erleb bar zu erhalten, muß die städtebauliche Ausformung zur Brauerstraße hin modifiziert werden. Der Vorschlag, auf die vollständige Bebauung eines Quartiers zu verzichten, wird von der Stadtverwaltung akzeptiert.

Vier ausgewählte Architekturbüros (Renzo Piano/ Genua, Schmitt und Kasimir/ Karlsruhe, Jourdan und Müller/ Frankfurt, Schweger und Partner/ Hamburg) werden nun aufgefordert innerhalb von drei Monaten Vorentwürfe für die Unterbringung des ZKM in fünf der zehn Lichthöfe des Hallenbaus zu liefern. Rem Koolhaas, OMA / Rotterdam, wurde seitens der Stadt Karlsruhe die angebotene Beteiligung letztlich verwehrt, da er den neuen Planungsauftrag für sich allein beansprucht. Im Februar 1993 kann das dann ausgewählte Büro mit der Entwurfsarbeit beginnen. Der Eröffnung des Hauses im Jahre 1996 sollte dann hoffentlich nichts mehr im Wege stehen.

Harald Ringler

 

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