Peter Weibel: You: Das Museum und Web 2.0
Vom Betrachter zum Benutzer
- Erstellungsdatum
Beschreibung
Prof. Peter Weibel, Vorstand des ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe
Die Kunst hat seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die Partizipation des Beobachters von Kunstwerken praktiziert. Von kinetischer Kunst bis Op-Art war die Aktivität und Bewegung des Betrachters eingefordert. Franz Erhard Walther hat bereits 1966 „Objekte zu benutzen" produziert. Die Medienkunst hat durch spezifische Schnittstellen die Teilnahme des Betrachters direkt notwendig gemacht. Die Beobachterrelativität wurde zur Interaktivität zwischen Mensch und Maschine gesteigert. So hat also die interaktive Medienkunst die Kultur der Teilhabe im Netz antizipiert.
Die Web 2.0 Revolution geht allerdings weiter als die bisherige künstlerische Interaktivität, weil in den neuen Plattformen der Inhalt selbst von den Benutzern stammt. User generated content ist das Schlagwort mit dem alle jene Aktivitäten verzeichnet werden, in denen der Benutzer seine eigenen Werk in das Netz stellen und mit anderen Menschen kommunizieren kann, sei es nun real, wie auf YouTube oder MySpace, oder mit Hilfe eines Avatars, wie bei Second Life. Beim Umgang mit diesen neuen, virtuellen und immersiven dreidimensionalen Modellwelten, die als Multi-Player-Medium online von vielen Menschen der Welt gleichzeitig betreten werden können, erlernt der Benutzer ein neues Verhalten. Er wird zum Produzenten und Rezipienten, zum Sender und Empfänger, zum Erzeuger und Verteiler von Botschaften gleichzeitig.
Wollen die Museen im 21. Jahrhundert nicht zu Inseln einer vergangenen Zeit werden, wird es angebracht sein, die neuen Verhaltensweisen, die durch Web 2.0 erworben werden, auch für das Museum der Zukunft zu empfehlen.