Vortrag/Gespräch

Götter und Schriften rund ums Mittelmeer (Eröffnung: Peter Weibel)

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Datum
Dauer
7:58

Beschreibung

Die Schrift ist das erste Medium. Das ist der Sinn der Behauptung: Am Anfang war das Wort. Mit der Schrift begann jene Kette von Medienrevolutionen, die uns von Runen und Piktogrammen über musikalische und mathematische Notationen bis zu den Symbolen auf den grafischen Benutzeroberflächen von Computermenüs führte. Die Schrift ist das Medium der Absenz und gemäß Freud (Das Unbehagen der Kultur, 1930) setzt die Technik die Arbeit der Schrift fort. Technik ist also ebenfalls ein Medium der Absenz. Deswegen lautet meine These: Alle Technologie ist Teletechnologie (Telefax, Telefon, Television etc.) und alle Teletechnologie ist Theotechnologie. Jede Medienrevolution ist daher nicht nur eine technische, sondern auch eine soziale, erkenntnistheoretische und sogar religiöse. Die Religion ist gewissermaßen ein Effekt der Medien. Die Schrift ist noch immer ein zentrales Medium und wegen ihrer Abhängigkeit von der Schrift, von der Bibel zum Koran, ist Religion selbst ein Medium (s. Boris Groys, Peter Weibel, Das Medium Religion, 2011).
Die symbolische Ordnung aller Schrift- und Bildzeichen ist offensichtlich deswegen so wichtig, weil sie die soziale Ordnung nicht nur spiegelt, sondern auch mitkonstruiert. Daher war ich sofort fasziniert, als mir Kittler in Gesprächen andeutete, er hätte eine neue Theorie, wieso Jesus von Nazareth ermordet wurde. Als Ergebnis neuer Reflexionen zur Entstehung der Schriftkultur als Beginn aller Medientheorie hat Kittler mir seine Theorie über die Rolle Jesus’ von Nazareth als Medienrebell skizziert.

Peter Weibel, 1944 in Odessa geboren, studierte Literatur, Medizin, Logik, Philosophie und Film in Paris und Wien. Durch seine vielfältigen Aktivitäten wurde er eine zentrale Figur in der europäischen Medienkunst. Seit 1984 ist er Professor an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, 1984-1989 war er Professor für Video und Digitale Kunst am Center for Media Study an der State University of New York in Buffalo. 1989 gründete er das Institut für Neue Medien an der Städelschule in Frankfurt, das er bis 1995 leitete. Von 1986 bis 1995 war er künstlerischer Leiter der Ars Electronica in Linz und von 1993 bis 1999 Österreichs Kommissär der Biennale von Venedig. Von 1993 bis 2011 Chefkurator der Neuen Galerie in Graz, seit 1999 ist er Vorstand des ZKM | Karlsruhe. 2008 leitete er die Biennale von Sevilla (Biacs3). 2007 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der University of Art and Design Helsinki verliehen, 2008 das französische Ehrenzeichen „Officier dans l'Ordre des Arts et des Lettres“. 2011 war er künstlerischer Direktor der 4. Moskau Biennale für zeitgenössische Kunst.

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