Im Gedenken an Hiroshi Kawano (1925–2012)

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VON MARGIT ROSEN

„Es war nicht künstlerisches, sondern wissenschaftliches Interesse, das mich zu meinen Computerkunstexperimenten führte. Ich wollte die Logik des kreativen Prozesses in der Kunst verstehen“, schrieb der japanische Philosoph Hiroshi Kawano im Frühjahr 2011. Die Hoffnung, mit der Computertechnologie ein Verfahren zu finden, das es erlaubte, Thesen der Ästhetik experimentell zu überprüfen, hatte ihn Anfang der 1960er-Jahre vom Schreibtisch weg in das Rechenzentrum der Universität Tokio gelockt. Hiroshi Kawano, einer der Wegbereiter der Verwendung des Computers in Kunst und Ästhetik, ist am 18. Dezember 2012 im Alter von 87 Jahren in Kobe, Japan verstorben.

Hiroshi Kawano, 1925 in Fushun, China, als Sohn japanischer Eltern geboren, zog 1935 nach Japan. 1948 begann er an der Universität Tokio Philosophie mit Schwerpunkt Ästhetik zu studieren. Kawano, der in der Schule Deutsch gelernt hatte, widmete sich während seines Studiums zunächst dem Neukantianismus, dann der Semiotik und schließlich der aus der Nachrichtentechnik stammenden Informationstheorie. In den Schriften des in Stuttgart lehrenden Physikers und Philosophen Max Bense entdeckte er Spuren existenzialistischer und pragmatischer Philosophie, vor allem jedoch die Möglichkeit, Semiotik, Informationstheorie und Ästhetik zu verbinden. Benses Programmierung des Schönen (1960) vor Augen, brachte sich Kawano im Herbst 1963 das Programmieren bei. Bereits im September 1964 veröffentlichte er in der japanischen IBM Review die ersten Computergrafiken, die er mithilfe des OKITAC 5090A errechnet hatte. Weitere Experimente im Bereich der computergenerierten Poesie und Musik sollten folgen.

Hiroshi Kawano lehrte an zahlreichen Hochschulen, unter anderem an der Nihon-Universität in Tokio, der Hochschule für Luftfahrttechnik Tokio, der Technischen Hochschule Tokio, der Universität Nagano und der Kunsthochschule Tama. 1986 promovierte er an der Universität Osaka. Neben der Lehre brachte er seine Überlegungen kontinuierlich zu Papier und an die Öffentlichkeit: Seit 1954 erschienen vierzehn Monografien und fast dreihundert Artikel.

Im Jahr 2010 übergab Hiroshi Kawano dem ZKM | Karlsruhe sein gesamtes Archiv und alle Werke, die in seinem Besitz waren. Daher ist unsere Institution ihm und seinem Werk in besonderer Weise verpflichtet. Der Philosoph schenkte dem ZKM jedoch nicht nur wertvolle Objekte. Bei seinen Besuchen 2010 und 2011 schenkte er uns die Möglichkeit, ihn kennenzulernen. Seine Unabhängigkeit im Denken, seine Neugierde und sein gefühlvolles Wesen beeindruckten und berührten uns und unsere Besucherinnen und Besucher.

Die Reden bei Ausstellungseröffnungen werden gewöhnlich von nervösem Gemurmel begleitet. Als Hiroshi Kawano 2011 im Foyer des ZKM ans Mikrofon trat, um über sein Leben und Werk zu sprechen, verstummte das Publikum. Die Stille hielt bis zum letzten seiner Worte.  

 

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