Hans Belting – ein Nachruf
7. Juli 1935 – 9. Januar 2023
Am 9. Januar 2023 verstarb der Kunsthistoriker Hans Belting im Alter von 87 Jahren. Sein Name bleibt mit einer Revolution der modernen Bildwissenschaft verbunden.
Als Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung (1992–2002) in Karlsruhe hatte Hans Belting durch seine Vorlesungen und Publikationen eine weltweite Wirkung. Seine enzyklopädische Befragung des Bildes, von »Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst« (1990) bis »Faces: Eine Geschichte des Gesichts« (2013), seine kunstwissenschaftlichen Studien vom Mittelalter bis zur Medienkunst, seine Begründung einer Bild-Anthropologie haben ein grundlegend neues Fundament für die Kunst der Moderne errichtet. Durch seine innovativen Forschungen, die stets um die Frage nach dem Bild- und Kunstbegriff kreisten, gewann er höchste internationale akademische Anerkennung, Positionen und Preise.
Er war ein Leuchtturm der zeitgenössischen Kunstgeschichte. Hans Belting war neben Bruno Latour der wichtigste intellektuelle Partner des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien. Für das ZKM entwickelte er in den Jahren 2006 bis 2016 das Projekt »GAM. Global Art and the Museum«, das sich auf die globale Herausforderung des europäischen Kunstbegriffs nach 1989 zentrierte.
In zahlreichen Podiumsdiskussionen, 8 Symposien und 5 Büchern (u.a. »Contemporary Art and the Museum. A Global Perspective, 2007, »The Global Art World. Audiences, Markets and Museums«, 2009, »Global Studies. Mapping Contemporary Art and Culture«, 2011, »The Global Contemporary and the Rise of New Art Worlds, 2013) und in zwei Ausstellungen (»The Global Contemporary. Kunstwelten nach 1989« (2011/2012), »Nothing to declare?« (2013)) hat er – wie immer gegen den Mainstream – gemeinsam mit seiner Frau Andrea Buddensieg und Peter Weibel die Transformationen der Kunst im globalen Zeitalter, besonders deren Expansionen in andere Felder, Techniken, Medien und Kulturen, analysiert.
Mit diesen "Global Studies" hat er gezeigt, dass die Modellierung des Bildes und der Kunst in der Moderne anhand der Geschichte der europäischen Malerei eine Verengung von Blick, Bild und Kunst darstellt, deren Überwindung erst ermöglicht, die Kunst der Gegenwart und die visuellen Medien zu verstehen. Als Herausgeber hat Peter Weibel eine Sammlung von Beltings Essays publiziert: »Szenarien der Moderne. Kunst und ihre offenen Grenzen«, Philo & Philo Fine Arts, Berlin, 2005.