»Wer braucht denn schon Museen?«

Hershman Leesons künstlerische Praxis vollzieht sich jenseits des konventionellen Kunstbetriebs – fünf Jahrzehnte Schaffensgeschichte.
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Harald Völkl
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Am 18. März 2015 führte Lynn Hershman Leeson persönlich durch ihre Retrospektive »Lynn Hershman Leeson. Civic Radar«.

VON FRANZISKA SAUR

Circa 30 BesucherInnen folgen ihr an diesem Tag durch fünf Jahrzehnte Schaffensgeschichte – 60 Prozent der zu sehenden Werke waren noch nie zuvor ausgestellt. Zu ihren ersten Werken gehören die »Breathing Machines« (1966/1967): Hershman Leesons eigenes Gesicht, abgeformt in Wachs, welches sie nicht nur mit Perücken, sondern auch mit Tonbändern bestückt hat, die beim Näherkommen Atemgeräusche abspielen. Die Masken wirken bedrückend, sie liegen regungslos wie Leichen und zugleich schwer atmend in ihren Vitrinen.

Jenseits des konventionellen Kunstbetriebs

Hershman Leeson erzählt, wie die Wachsmasken damals ihren Weg in eine Ausstellung im University Art Museum Berkeley gefunden haben. Doch dort sollten die »Breathing Machines« nicht lange zu sehen und zu hören sein: das Museum schloss die Ausstellung mit der Begründung, Medien und Sound seien keine Kunst.

Gemeinsam mit ihrer Freundin Eleanor Coppola suchte Hershman Leeson nach einer Möglichkeit, die Werke dennoch auszustellen, denn »who needs museums anyway«. Sie mieteten Hotelzimmer an, die rund um die Uhr zugänglich für BesucherInnen waren. Hershman Leesons künstlerische Praxis vollzieht sich jenseits des konventionellen Kunstbetriebs.

New Yorker Kaufhaus Bonwit Teller

Sie führt die BesucherInnen weiter zu »25 Windows« (1976). Im New Yorker Kaufhaus Bonwit Teller standen ihr 25 Schaufenster für eine Kunstausstellung zur Verfügung. Berühmtheiten wie Andy Warhol hatten hier bereits als Dekorateure für das Kaufhaus gearbeitet, doch Hershmans reine Kunstausstellung war eine Premiere.

Sie nutzte die Schaufenster, um einige ihrer bisherigen Werke mittels Schauspielern, Filmen, Zeichnungen und Schaufensterpuppen wieder aufleben zu lassen. Eines der Fenster sollte als Dauerausstellung bestehen bleiben, musste jedoch nach einem Jahr geschlossen werden, da ein Passant eine ausgestellte Figur für eine Leiche hielt und die Polizei rief.

Museum in Bewegung

Zu dieser Zeit gab es auch bereits das von Hershman Leeson gegründete »Floating Museum« (1974-1978): ein mobiles Museum ohne festen Standort, das zahlreichen KünstlerInnen die Möglichkeit bot, ihre Kunst an alltäglichen Orten in den USA, Italien und Frankreich auszustellen. Wieder bewegt sich Hershman Leeson fern von etablierten Kunstinstitutionen.

Mit der Präsentation ihrer Werke im ZKM kehrt Hershman Leeson zurück ins Museum. Denn, das sagt sie selbst: Das ZKM sei der einzige Ort auf der Welt, der diese Schau realisieren konnte. Den Mut, die Kunst der jeweiligen Zeit abzubilden, bringen nur wenige Museen auf.

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