»Das Unsichtbare sichtbar machen«
Aufzeichnungen eines Gesprächs mit dem Künstler Armin Linke über Digitalisierung und Globalisierung
VON STEFANIE STRIGL
Armin Linke, Fotograf und Filmemacher, hält seit mehr als zwanzig Jahren die Auswirkungen der Globalisierung und die neuen Vernetzungsmöglichkeiten durch den digitalen Fortschritt fest. Seine Bilder zeigen die ökonomischen, ökologischen und geologischen Veränderungen der hochtechnologisierten Welt durch Menschenhand.
Im Rahmen der GLOBALE werden Aufnahmen aus seinem über 20.000 Bilder umfassenden Archiv in den Ausstellungen »Infosphäre« und »Reset Modernity!« zu sehen sein. Wir haben den Künstler gefragt, wie die beiden wesentlichen Tendenzen des 21. Jahrhunderts, Globalisierung und Digitalisierung, seine Arbeit beeinflussen.
Das künstlerische Schaffen und die Distribution von Bildern habe sich im Zuge der Digitalisierung stark gewandelt. Die durch den digitalen Fortschritt radikal veränderte Distributionslogik solle in die Produktion eingebunden werden. Für die KünstlerInnen müsse die zentrale Frage lauten: Wie kann ich mit diesen neuen Möglichkeiten umgehen und wie kann ich sie in die eigene Arbeit einbinden?
Massenhafte Distribution von Bildern
Mit der interaktiven Installation »Phenotypes/Limited Forms«, die 2007 im ZKM gezeigt wurde, schuf Armin Linke einen Ort der Reflexion: Das Publikum konnte bei der Ausstellung eigenständig 1.000 Fotografien aus einem Online-Fotoarchiv zusammenstellen. Linkes Online-Archiv enthielt fotografische Aufnahmen von Orten in Nigeria, China, Zypern, vom G8-Gipfel in Genua, einem NASA-Stützpunkt in Kalifornien oder der documenta.
Die Arbeit bestand aus zwei Displays und einem Wandregal: Mithilfe von RFID-Chips wurden diese selektierten Bilder eingelesen und betitelt und erschienen dann als Teil der Installation im Ausstellungsraum. Phenotypes/Limited Forms trat aus der Virtualität des Internets heraus, indem das räumliche Ausstellungsdesign zugleich den Prozess einer aktiven Auseinandersetzung mit Bildwissen in den physischen Raum transportierte.
Armin Linkes Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle von digitaler und physischer Welt: Mittlerweile umfasst Linkes Bildarchiv 20.000 Aufnahmen: Die Module, »The Appearance of That Which Cannot be Seen«, die Armin Linke für die GLOBALE schafft, sind eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes, fotografische Archive auf immer andere Weise lesbar zu machen.
Auswirkungen der Globalisierung
Seit mehr als 20 Jahren dokumentiert Armin Linke in seinen Fotografien die Auswirkungen der Globalisierung. Einen Wendepunkt in seiner Wahrnehmung von Globalisierung habe eine Zeitungsankündigung des Baus der Drei-Schluchten-Talsperre nahe Yichang in China markiert – das Projekt wurde von internationalen Firmen gemeinsam finanziert und verwirklicht.
Armin Linke betrachtete diese komplexen internationalen Finanzierungen, Vernetzungen und Strukturen näher: Wie funktioniert bei globalen Großprojekten die Infrastruktur? Wie kann das Riesenbauwerk technisch umgesetzt werden? Wie gestaltet sich die internationale Verknüpfung? Für die Flutung mussten Menschen umgesiedelt und neue Industrien aufgebaut werden. Aber nicht nur die technischen, sondern auch die sozialen Infrastrukturen galt es zu bedenken.
Bildung von politischem Bewusstsein
In seinen Bildern wirft Armin Linke Fragen zu den Auswirkungen der Globalisierung auf. Wie können Prozesse wie die Zersiedlung der Landschaft oder die Wandlung von Städten in Mega-Metropolen bildlich festgehalten werden?
Er selbst sagt, dass ein Bild Gespräche und Reflexionen über Vergangenheit und Gegenwart auslösen und ein politisches Bewusstsein bilden solle. Die Module, die Armin Linke im Rahmen der GLOBALE präsentiert, zeigen internationale Netzwerke und Strukturen auf - sie machen das sichtbar, was ursprünglich unsichtbar ist.
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