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Ausstellung

cITy – Daten zur Stadt unter den Bedingungen der Informationstechnologie

Sa, 11.11.2000 – So, 04.02.2001

© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Ort
Foyer
»cITy« ist eine Ausstellung, die aus künstlerischer Sicht die Veränderungen des urbanen Raumes im informationstechnologischen Zeitalter in den Blick rückt.
 
 Als ein vielschichtiger und umfassender Organismus reagiert die Stadt auf soziale, ökonomische und technische Veränderungen mit neuen Formen des Urbanen. Während sich im Zeitalter der Industrialisierung im 19. Jahrhundert die Stadt zu einem Ort der Produktion ausbildete und ihre architektonischen und stadtplanerischen Strukturen den gesellschaftlichen Veränderungen anpasste, leitet die Informationstechnologie einen Wandel im urbanen Raum ein, der den komplexen Organismus Stadt zu einem »Ort der Konsumption« (Peter Weibel) werden lässt.
 
 Operationen der Dienstleistung, Kommunikation aber auch der Transaktion, des Tausches und Vertriebs verlagern sich zunehmend in den virtuellen Informationsraum und führen zu einer radikalen Änderung des Stadtbildes. So werden die Städte architektonisch selbst zu gigantischen Büros, Shopping Malls, Einkaufszentren und »Recreation Areas«. Die am Konsum orientierte Erlebnisarchitektur dringt immer mehr von der Peripherie in die Zentren der Städte vor. Das globale Netz erzwingt neue Formen des Kaufs und des Tausches, was vor allem zu einer zunehmenden Entstehung von Plattformen für E-Commerce führt.
 
 Die Auswirkungen dieser globalen virtuellen Vernetzung, die immer mehr Lebensbereiche miteinander verknüpft, werden heute von Theoretikern verschiedener Bereiche, insbesondere der Soziologie untersucht. So beschreibt Manuel Castells bereits zu Beginn der 1990er Jahre die Entstehung einer Netzwerkgesellschaft (network society) mit der globalen sozioökonomischen Struktur der »informational city« und des »digital capitalism« (Dan Schiller), der durch die neuen Telekommunikationstechnologien zu einer Veränderung des Raumes führt. Während sich die Untersuchungen von Saskia Sassen auf die Strukturen der Stadt im Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung aus einer verstärkt wirtschaftsökonomischen Perspektive konzentrieren, beschreibt Richard Sennett die Folgen des neuen Urbanismus im Kontext der Globalisierung besonders im Hinblick auf einzelne Bevölkerungsgruppen.
 
 Doch auch zahlreiche Theoretiker anderer Fachbereiche, wie Florian Rötzer, Geert Lovink oder Volker Grassmuck äußern sich aus ihrer Perspektive zu diesem Thema. Die theoretischen Auseinandersetzungen bilden den Hintergrund für die Arbeit zahlreicher neuer Architekturbüros, die unter einem hohen Einsatz digitaler Techniken und netzorientiert an der Gestaltung des urbanen Raumes arbeiten. Die entstehenden Projekte dieser neuen Generation von Architekten, wie der Gruppen MVRDV, Mono Lab, Asymptote oder Lab AS zeigen die Gestaltung der historischen physischen öffentlichen Räume unter den neuen virtuellen Bedingungen der informationstechnologischen Revolution.
 
 Die Ausstellung im Foyer des ZKM, entworfen vom New Yorker Büro etekt (Bruce Fisher, Matthias Hollwich) in Zusammenarbeit mit Peter Weibel, Rudolf Frieling und Ika Szope vom ZKM, konzentriert sich auf die Darstellung der urbanen Veränderungen aus der Perspektive der Medienkunst. Die Preisträger sowie ausgewählte Arbeiten des \\internationalen\medien\kunst\preises 2000 zeigen hier in Form von Video-, CD Rom- und Internetprojekten eine Sicht auf die neuen Formen des Urbanen, die eine aktuelle, sehr interdisziplinäre Herangehensweise offenbaren.
 
 Neben der Ausstellungsarchitektur als visuellen Datenraum, der das Thema in Form von »wallpapers« auch thematisch inszeniert und in erster Linie die ausgezeichneten Arbeiten des Preises präsentiert, wird die Ausstellung durch Projekte erweitert, die direkt in den urbanen Raum eingreifen. Marko Peljhan bietet mit dem Projekt »TCEP 900« (Tactical City Exploration Pack) ein tragbares Gerät an, mit dem jeder Besucher Daten seiner Position übermitteln und persönliche Spuren der Stadt in akustischer und visueller Form sammeln kann, die im ZKM dann als Files in einer Datenbank gespeichert werden. So kartographieren im Laufe der Ausstellung aktive Besucher ihre subjektive Sicht der Stadt.
 
 Die italienischen Architekten von gruppo A12 thematisieren die Echtzeitüberwachung öffentlicher wie privater Räume durch Live-Webcams und holen Bilder der Stadt Karlsruhe über das Netz in das ZKM auf den von Jörg Höhn vom SWR gestalteten Medienturm, der den zentralen Eingangsbereich des ZKM okkupiert und einen neuen Eingang in die Ausstellung gestaltet.
 
 Die für »cITy« gedruckte Briefmarkenedition »HAMBURG ERSATZ MARKEN« von Dellbrügge & de Moll speist Motive ihrer Internetarbeit in das Netz der Empfänger des ZKM-Postverteilers über das klassische analoge Medium des Briefes.
 
 Mit den ausgestellten künstlerischen Arbeiten und Projekten wird deutlich, dass hier Urbanismus nicht als reine Städteplanung und Architektur verstanden wird, sondern als weitergehende künstlerische Fragestellung in Bezug auf alle denkbaren Beziehungen zwischen Mensch, Heimat, Polis und dem, was man pointiert als Elektropolis oder Telepolis bezeichnen könnte, also das Zusammenleben der Menschen im Zeitalter der elektronischen Telemedien. Die Stadt wird so erkennbar als eine zunehmend technisch bedingte Kommunikationsgemeinschaft. Diese Verbindung von Architektur, Medienkunst und Urbanismus stellt augenblicklich eines der zentralen Felder der gesellschaftlichen Auseinandersetzung dar.

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