Welt der Spiele. Reloaded
So, 31.10.2004
Die Umsetzung von Algorithmen auf einem Computer geschieht mittels der Programmierung des Computers. Sobald eine formale Beschreibung eines Algorithmus, also eine genau definierte Verarbeitungsvorschrift, vorliegt, kann der Algorithmus implementiert werden.
Auch ein Computerspiel ist nichts anderes als ein Computerprogramm, das es den Benutzern durch im Programm implementierte Regeln ermöglicht, ein formalisiertes Spiel zu spielen. Ein Computerprogramm wiederum ist nichts anderes als die Umsetzung eines Algorithmus in eine Form, die von einem Computer verarbeitet werden kann. So läuft also in einem üblichen Computerspiel stets ein Algorithmus ab. Der Programmierer des Spiels hat jedes mögliche Ereignis, die Handlungen der benutzergeführten Figur einschließend, vorprogrammiert. Diese Simulation wäre ohne die Rechnerentwicklung und die mathematischen Verfahren, die Algorithmik, nicht möglich. Rechner und Algorithmen sind in den vergangenen zwanzig Jahren jeweils um den Faktor 104 schneller geworden. Eine Simulation, „für die man vor zwanzig Jahren mit den schnellsten Rechnern und mit herkömmlichen Algorithmen ein Jahr Rechenzeit gebraucht hätte, benötigt heute mit den schnellsten Rechnern und den schnellsten Algorithmen weniger als eine Sekunde.“1
Bis heute gilt das Spiel »Tennis for Two« aus dem Jahre 1958 als das erste seiner Art. William Higinbotham, der damalige Leiter der Abteilung Instrumentation Division am Brookhaven National Laboratory, entwickelte das Spiel für Besucher des Laboratoriums, als er feststellte, dass sich diese bei der Besichtigung der meist statischen Displays langweilten. Das aus einem Analogcomputer und einem Oszillografen bestehende Spiel steht am Anfang einer Entwicklung, die stark vom Fortschritt der Computertechnologie gekennzeichnet ist und daher zunächst an Universitäten vorangetrieben wurde. So entstand beispielsweise das Spiel »Spacewar« 1962 auf dem Großrechner des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Fernsehtechnologie der 1970er Jahre brachte die Entwicklung von münzbetriebenen Spielautomaten, für die die Bezeichnung »Videospiel« eingeführt wurde. Das Videospiel setzte sich zunehmend durch und wurde durch die Entwicklung von speziellen Spielkonsolen nicht nur für Spielhallen sondern auch für Heimanwender sehr attraktiv. Mit der Einführung der Home- und Personalcomputer entwickelten sich schließlich zwei technisch unterschiedliche Arten des Videospiels, das sogenannte »Tele-Spiel«, das auf speziellen Heimkonsolen basierte, sowie das »Computerspiel«.
Als Teil der Ausstellung Die Algorithmische Revolution präsentiert sich das Computerspiel dem Besucher in zweifacher Hinsicht unter dem Aspekt des Algorithmus: Jedes Spiel basiert auf einem Algorithmus und gleichzeitig ist jedes Spiel auch eine Handlungsanweisung mit programmierten Vorgaben. Der Spieler kann im Einzelspielermodus gegen das Programm selbst oder gegen reale Gegner spielen. Der Reiz des Mehrspielermodus liegt in gemeinsamen Spielerlebnissen, die einen größeren Umfang an Handlungsstrategien ermöglichen als die meisten Spiele im Einzelspielermodus. Je kreativer die Strategie, umso spannender das Spiel.
»Welt der Spiele: reloaded« ist eine Erweiterung der bisherigen Präsentation von »Klassikern« aus dem Bereich der Video- und Computerspiele im ZKM | Medienmuseum. Begleitet wird sie von der Präsentation älterer Computermodelle und Spielkonsolen des Sammlers Boris Jakubaschk (www.homecomputermuseum.de), einer Sammlung von Geräten, die zeigt, wie noch vor zwanzig Jahren gespielt wurde. Als eine Art künstlerischer Kommentar fungieren Installationen, wie beispielsweise »America’s Finest« von Lynn Hershman (1990-1994), »Fruit Machine« von Agnes Hegedues (1991) »Licence to Kill« von Frank den Oudsten und Friedemann Schindler (1997), oder »Ars Doom« von Orhan Kipcak (2004).
1 Prof. Dr. Ulrich Trottenberg, Leiter des GMD-Instituts für Algorithmen und wissenschaftliches Rechnen
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