Beschreibung
Im Jahr 1785 machte sich der britische Philosoph Jeremy Bentham (1748-1832), der Begründer des ethischen Utilitarismus, an den Entwurf eines Gefängnismodells, das er Panopticon nannte. Das Neue an diesem Bau war, dass sich von einem zentralem Turm aus alle Insassen beobachten ließen, diese jedoch nicht in den Turm hinein sehen konnten. Da die Gefangenen deswegen nie mit Sicherheit wissen konnten, ob sie tatsächlich überwacht werden, wurde hier die tatsächliche Überwachung durch die Möglichkeit des Überwachtwerdens ersetzt. Als Rationalist hoffte Bentham, dass die Delinquenten deswegen den Kontrollblick verinnerlichen und so vor Straftaten zurückschrecken würden. Er verstand das panoptische Prinzip, in dem Macht sich selbst durch räumliche Struktur ausdrückt, als Beitrag zur Erziehung der Menschheit im Sinne der Aufklärung.
Das Panopticon galt lange als umstrittenes Thema theoretischer wie politischer Debatten. 1975 führte der französische Philosoph Michel Foucault es wieder in die zeitgenössische kultursoziologische Diskussion ein. In seinen Untersuchungen zur »Disziplinargesellschaft« diente ihm das Panopticon als exemplarisches Modell, um die Wirkung von Macht zu veranschaulichen und seitdem ist es zum Synonym für das Arsenal an Überwachungskulturen und -praktiken geworden, die unser heutiges Leben bestimmen. Wenn wir zögern eine rote Ampel zu überfahren, weil auf der anderen Seite der Kreuzung ein schwarzer Kasten steht, und wir nicht wissen, ob er eine Radaranlage enthält, aber die Möglichkeit dessen annehmen müssen, dann verhalten wir uns genau entsprechend der eben geschilderten panoptischen Logik.
Videodokumentation:
ZKM | Institut für Bildmedien
Kamera/Schnitt: Yvonne Mohr