Lebenswerk-Echo für YELLO
Echo für Yello: Die Deutsche Phono-Akademie ehrt das Schweizer Duo als eine der international einflussreichsten Formationen des Elekto-Pop, die mit ihren Kombinationen von Musik und Video das Genre geprägt haben.
VON ZKM REDAKTION
Mit Titeln wie "The Race" schrieben Yello Musikgeschichte. Als Pioniere der Sampling-Technik inspirierten Dieter Meier (links), dem das ZKM Karlsruhe 2012 eine Einzelausstellung seiner Kunstwerke widmete, und Boris Blank Musiker unterschliedlichster Genres von Hip-Hop und Funk bis hin zu Elektro-Pop und Techno. Die Echo-Verleihung ist am 27. März. Das ZKM gratuliert dem Schweizer Musikerduo Dieter Meier & Boris Blank
Gerne erinnern wir uns an die Ausstellung Dieter Meier. Works 1969–2011 and the YELLO Years von 2012 im Medienmuseum, zu deren Eröffnung der mittlerweile in Argentinien lebende Künstler Dieter Meier eigens nach Karlsruhe reiste. In den 1980er-Jahren wurde Dieter Meier einem großen Publikum als Teil des Musikduos YELLO bekannt, das heute zu den einflussreichsten Elektro-Pop-Acts überhaupt zählt. Weit weniger bekannt ist das Werk Dieter Meiers als Konzept- und Performancekünstler, dessen Ursprung bis in die späten 1960er-Jahre zurückreicht.
Bereits Meiers künstlerische Anfänge sind von einem radikalen und absurd-humorvollen Situationismus geprägt, der ihn immer wieder zu Aktionen auf öffentlichen Plätzen und unmittelbaren Auseinandersetzungen mit Passanten inspirierte: 1970 ging er für eine Ausstellung in München zwölf Stunden lang durch die Stadt und markierte mit gestempelten Uhren-Aufklebern jede Minute, wo er gegangen, gestanden oder ausgeruht hatte; im Kunstmuseum Luzern stempelten BesucherInnen an einer Stechuhr die Zeit ab, die sie in einem leeren Raum verbracht hatten. Der Sinn sei gewesen, „[...] dass sie mir ein oder zwei Minuten ihres Lebens gewidmet haben“, sagt Meier.
Im ICA London zeigte Meier einen Film mit der Anweisung, die BesucherInnen mögen sich das weiße, große Blatt Papier, das sie an der Kasse bekommen hatten, jetzt bitte zehn Minuten lang vor die Augen halten. „Das war dann der Film", sagt Meier. 1976 formte er für ein Fotoprojekt Figuren aus Puderzucker und Knete, um sie kurz darauf zu zerstören. Im selben Jahr stellte er 48 imaginäre Biografien im Kunsthaus Zürich aus.
Dieter Meiers Arbeiten waren vom Phänomen der Zeit geprägt, seine Aktionen zumeist bürokratisch genau angekündigt und terminiert. Der scheinbaren Banalität und Unsinnigkeit vieler seiner Aktionen stand schließlich eine gesteigerte Erwartungshaltung des Publikums gegenüber. Doch Meier erschuf bewusst Unbedeutendes, der krampfhaften Suche nach Sinnhaftigkeit und künstlerischen Bedeutungsmustern setzte er eine rasende und radikale „Unbedeutung“ entgegen.
Ende der 1970er-Jahre hatte Meier genug vom „Kunstrennen“ und gründete gemeinsam mit Boris Blank das Duo YELLO. Mit Stücken wie „The Race“ oder „Oh Yeah“ feierten YELLO Erfolge in den internationalen Charts; viele Stücke des Duos wurden in den 1980er-Jahren für TV-Sendungen und Spielfilme verwendet. In den Musikvideos von YELLO zeigt sich deutlich der Einfluss von Dieter Meiers frühen Arbeiten: So tauchen die Knetfiguren, von Meier „Lost sculptures“ genannt, im Video zu „Pinball Cha Cha“ (1982) wieder auf.
2010 öffnete Dieter Meier erstmals sein künstlerisches Archiv für die Ausstellung „En passant“ im Berliner Projektraum der Galerie Grieder Contemporary. Die teilweise verschollen geglaubten Fundstücke wurden 2012 in der Ausstellung Dieter Meier. Works 1969–2011 and the YELLO Years, die 2011 in der Sammlung Falckenberg in den Deichtorhallen Hamburg zu sehen war, im ZKM | Medienmuseum präsentiert.
Quelle: Badische Neueste Nachrichten | Karlsruhe | KULTUR | 07.03.2014
Kurzbiografie
Dieter Meier wurde 1945 in Zürich geboren. Neben seiner Arbeit als Musiker und Künstler ist Dieter Meier Schriftsteller (Hermes Baby, Ammann Verlag, Zürich, 2006; Die Maske des Erzählers, 2012), Kinderbuchautor (Windjo, Limmat Verlag, Zürich, 1983; Oskar Tiger, Kein & Aber, Zürich, 2011) und Filmemacher (81'000 Einheiten, Jetzt und Alles, Lightmaker). Er war professioneller Pokerspieler, entwarf Uhren und betreibt in Argentinien biologische Landwirtschaft, Rinderzucht und Weinbau. Seine Produkte verkauft er in Deutschland, USA, der Schweiz und in seinem Laden für argentinische Produkte „Ojo de Agua“ in Zürich.
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