Frank Fietzek

Die Tafel

1993

Die Tafel
Künstler/in / Künstlergruppe
Frank Fietzek
Titel
Die Tafel
Jahr
1993
Kategorie
computerbasiert, Installation
Material / Technik
interaktive, computerbasierte Installation; grüne Kreidetafel mit beweglichen Monitor (Apple) auf einem Schienensystem (Stahl, Gegengewichte); Technik: Computer: Power Mac G3, Betriebssystem: OS9.2, Software: Individualsoftware, weitere Geräte: modifizierte Maus für Bewegungserfassung
Maße / Dauer
110 x 500 x 50 cm
Beschreibung

Die »Tafel« des deutschen Künstlers Frank Fietzek ist eine computerbasierte interaktive Skulptur, die am ZKM | Karlsruhe entwickelt wurde und sich mit dem Verhältnis von Gedächtnis, schriftlicher Bewahrung und digitaler Speicherung befasst.

Vor einer grünen Kreidetafel, wie sie früher im Schulunterricht verwendet wurde, ist ein Monitor auf einem Schienengerüst angebracht, der von Hand horizontal und vertikal verschoben werden kann. Die Wandtafel, deren Aufschriebe üblicherweise nicht wiederherstellbar sind, ist bis auf wenige Kreidespuren, die ein Schwamm beim Reinigen hinterlassen hat, leer. Schiebt man den Monitors entlang der Tafel, erscheinen verschiedene Wörter und Sätze aus den Themenkomplexen ,Erinnerung’, ,Text’ und ,Abbild’ auf dem Bildschirm. Diese wurden auf die Tafel geschrieben, abfotografiert, gefilmt und danach wieder weggewischt, sodass sie nur noch im ,virtuellen Gedächtnis’ beziehungsweise auf der Speicherplatte eines Computers existieren. Dieser Computer befindet sich unterhalb der Tafel und ist an den Monitor angeschlossen. Per Zufallsprinzip ordnet er den geschriebenen und abgespeicherten Begriffen immer wieder neue Positionen auf der Tafel zu. Auf diese Weise kann ein bereits entdecktes Wort an einer anderen Stelle wieder auftauchen.

Die bis in die Antike zurückgehende Nutzung der Schreibtafel wird mit zeitgenössischen technischen Neuerungen kontextualisiert, und veranschaulicht damit den veränderten Umgang mit der Verschriftlichung und der Speicherung von Information. Vergleichbar mit einem Palimpsest – eine Manuskriptseite, deren Inhalt abgeschabt oder abgewaschen und neu beschrieben wurde– enthält die Tafel Spuren von Übermalungen. Diese Informationen sind nicht unwiderruflich gelöscht, sondern können anders als in der digitalen Welt rückwirkend wieder hergestellt werden, sodass historische Überlagerungen entstehen können. Fietzeks »Tafel« kann zudem als Metapher für den menschlichen Erinnerungsprozess gesehen werden: Die gezielte Sichtbarmachung von Informationen, das Überschreiben dieser einzelnen Erinnerungen und die Kreidespuren als Hinweis auf bereits Vergessenes werden für die Besucher:innen visuell erfahrbar gemacht.

AutorIn: Katharina Oberle

Über den/die Künstler/in