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Bronaċ Ferran: Ein konstruiertes Werden

Das Frühwerk von Hansjörg Mayer

© ZKM | Karlsruhe, Foto: Hansjörg Mayer, Dieter Roth
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Max Bense

»Die Welt, die nur als ästhetisches Phänomen zu rechtfertigen ist – und wenn es eine ästhetische Konzeption gibt, dann ist es eine artistische –, das ist seit Nietzsche geläufig. Vieles in der modernen Kunst demonstriert diese Sätze, vor allem die materielle Auffassung der Poesie, die weniger Dichtung einer Welt als Gestaltung sprachlicher Mittel ist. Design in Wörtern. Textdesign.«

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Während seiner Kindheit in Stuttgart war Hansjörg Mayer, Sohn eines Typographen und Enkel eines Druckers, fasziniert von den Prozessen des Druckens. Die Gerüche, Geräusche und die Textur der Tätigkeit in der familieneigenen Druckerei in der Hausmannstraße in Stuttgart hinterließen in seiner Erinnerung unauslöschliche Spuren.[2] Schon in seiner Kindheit sammelte er weggeworfene Blätter vom Boden der Druckerei auf, die er später »Druckprozessbilder« nennen würde. Es handelte sich um Vorlaufbögen, die durch Walzen gelaufen waren und unterschiedlich dicke Farbschichten aufwiesen. Sie zeigten Farbanordnungen, die unbeabsichtigt entstanden waren: durch Rückstände auf dem Papier oder der Maschine und in Abhängigkeit von der spezifischen Qualität und Quantität der verwendeten Farbe und der Druckintensität während des Druckprozesses.

Mayers erstaunliches Talent für Typographie wurde früh erkannt. Mit 16 Jahren erhielt er die Erlaubnis, die Schule zu verlassen und eine Lehre in der Druckerei Stähle & Friedel in Stuttgart zu machen. Gleichzeitig wurde er dazu ermutigt, Vorlesungen in Philosophie, Ästhetik und anderen Fachgebieten des Studiums Generale der Technischen Hochschule in Stuttgart zu folgen, wo der Philosoph Max Bense unterrichtete, der Vater von Mayers Fußball- und Schulfreund Georg Bense. Der Philosoph beeinflusste Mayer in seinen Jugendjahren stark. Mit ihm reiste Mayer zu den Darmstäder Ferienkursen und den Donaueschinger Musiktagen, wo ihn die Werke führender experimenteller Komponisten –  Pierre Boulez, John Cage und Karlheinz Stockhausen – tief beeindruckten. An der Stuttgarter Musikhochschule folgte er zudem dem Kompositionsunterricht des Komponisten Erhard Karkoschka. Mayer interessierte sich von Beginn an für avantgardistische, intermediale und kollaborative Ansätze.

Während seiner Typographenlehre suchte er nach neuen Wegen, die Eigenschaften der Druckmaschinen, der Farbe und anderer Materialien zu nutzen. Diese Untersuchungen und Experimente flossen in »19 typographien« (1961–62) ein, seine erste gedruckte Grafikserie. Für diese frühen Arbeit, die er im Alter von 18 Jahren realisierte, überlagerte er Buchstaben und Fragmente von Buchstaben und ließ die Bögen mit weiteren Farbschichten durch die Walzen laufen. Als er die Blätter unlängst wieder betrachtete, bemerkte Mayer: ”Ich hatte vergessen, wie unterschiedlich jeder einzelne dieser Drucke ist [...] Mir war damals völlig klar, dass ich mit diesen Kombinationen einen Schritt weg von konventionellen Konstellationen machen wollte.”

Mit der Serie »Yunnan«, die 1962 entstand, erkundete Mayer weitere Bereiche. Bei diesen Arbeiten dominieren Farbformen, sie enthalten weder Buchstaben oder irgendeine andere Textkomponente. Sie scheinen keinen semantischen Inhalt und keinerlei Absicht zu enthalten. Die Titel, die ihnen der damals neunzehnjährige Mayer gab, waren oft rätselhaft. Die »Yunnan«-Bilder ähneln Landschaftsformationen wie sie in klassischen chinesischen Gemälden zu finden sind, die wiederum eine enge Verbindung zur Dichtung haben.

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© Hansjörg Mayer; Foto © ZKM | Karlsruhe
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Mayer erinnerte sich, dass sein Mentor Bense seine »Druckprozessbilder« damals für zu “chaotisch” hielt, ein Begriff, der vielleicht den Unterschied zwischen Mayers und Max Benses Poetik enthüllt. Beide waren auf Sprache fokussiert, vertraten jedoch unterschiedliche Generationen. Es war ein Kontrast, der eine produktive Wirkung auf die Entwicklung bestimmter Aspekte in der Arbeit des jungen Mannes ausübte. Mayer übernahm auf brillante Weise zahlreiche Überlegungen aus Benses Theorien zur Informationsästhetik und generativen Ästhetik. Er setzte sie in die Praxis um und verwandelte sie dadurch.

Während Bense Theorien über das Zerlegen der Sprache in seine Elemente entwickelte,[4] arbeitete der Philosoph in seinen eigenen Werken der Konkreten Poesie mit Worten als primäres Material. Währenddessen nahm Mayer – mit seiner außergewöhnlichen Fähigkeit, die Produktionsmittel zu nutzen – die Worte selbst auseinander. Er zerlegte sie in Buchstaben, dann in Buchstabenteile, reduzierte sie weiter auf Fragmente, Linien und Punkte, um ihnen schließlich durch Drucktechniken wie des Überdruckens jede Verbindung zur alltäglichen Bedeutung zu nehmen. In diesem Sinne war er (anders als Bense und Eugen Gomringer, ein weiterer Wegbereiter der Visuellen Poesie) ein neo-konkreter Künstler, der sich der Formation und Konstruktion sprachlicher Montagen verschrieben hatte und zugleich daran interessiert war, Dinge durch Dekonstruktion und Demontage auseinander zu nehmen.

Ein von Anfang an wiederkehrendes Thema war das intensive Experimentieren mit dem Alphabet, sowohl durch das Vergrößern als auch das Zerlegen in seine Grundbestandteile: die Gesamtheit der 26 Buchstaben. 1962 produzierte Mayer eine Serie bestehend aus 26 Drucken bekannt als das »alphabet«, das die Grundlage für viele spätere Variationen bildete. In dieser Serie stärkte Mayer die einzelnen Buchstaben und ihre Bestandteile, indem er Ideen anwandte, die sich aus der Konkreten Kunst sowie der Informationsästhetik Max Benses ableiteten. Dies beinhaltete einerseits das Verdichten von Sprache (oder ihrer Bestandteile) auf reduzierte Formen und andererseits das Erzeugen von Zeichen und Super-Zeichen durch additive und kumulative Prozesse.

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© Hansjörg Mayer, Foto © ZKM | Karlsruhe
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Mayer nutzte zudem die Wiederholung und verkoppelte die zentralen Bestandteile von Schreibsystemen mit dem Seriellen und Numerischen. Dies alles erweiterte er durch “neue typographische” Methoden, um auf diese Weise die Wahrnehmung des graphischen Raumes und der Linien zu intensivieren. Es war eine konstruktive Verquickung des Mathematischen mit dem Alphabetischen, durch die er – zusammen mit dem Einsatz experimenteller Drucktechniken – die Hauptelemente des westlichen Lese- und Schreibsystems verwandelte.

Während der 1960er-Jahre setzte Mayer seine Experimente mit dem Alphabet fort. Reinhard Döhl, ein Dichter und Professor für neuere deutsche Literatur an der Technischen Hochschule Stuttgart, schrieb 1967 die Einführung zu Mayers »typoaktionen« – eines von Mayers Meisterwerken. Er erläuterte, wie Mayer damit auf der ersten »alphabet«-Serie von 1962 durch das Verwenden der Originalkonfigurationen aufbaute. Mayer übertrug sie auf photographische Negative, um diese dann, unter Nutzung eines Starsettographen auf einer Oberfläche neu anzuordnen.[5]

Döhl beschreibt wie Mayer anfangs auf die Kontrolle der Positionierung der Buchstaben verzichtete. Er setzte “mit hilfe des starsettograph jede dieser buchstabenkonfigurationen auf einer vorgegebenen fläche […] in einer zeitlich auf 13 minuten begrenzten aktion zufällig im blindsatz möglichst schnell immer wieder”, wobei er die Ergebnisse “erst nach der entwicklung der filme” sah. Die Positionierung sei “in keiner weise durch den optischen eindruck bedingte entscheidungen gesteuert”.[5] Döhl präsentierte »typoaktionen« als Beispiel für die bewusste Kombinationen von Ordnung und Unordnung. Die Arbeit wurde von Mayer als zweiseitiges Leporello hergestellt.

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Reinhard Döhl

“wenn man es nach rechts durchblättert […] man könnte im falle dieser abbildungen von typographischer zufallsgestaltung von flächen, von zufallsstrukturen sprechen, deren ästhetischer reiz nicht zuletzt in den zufälligen nachbarschaften, in der jeweiligen spannung zwischen zufälliger dichte und leerstelle, zwischen ungeordneter weisser fläche und zufälliger buchstabenanordnung liegt. dann würde man, wenn man das buch nach links durchblättert […] von einem prozess zunehmender dichte bzw verdichtung, von einem prozess der auffüllung sprechen können. diese auffüllung geschieht, indem die beschriebenen zufallsstrukturen in einer zunehmenden folge […] übereinandergedruckt werden.”

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Obwohl Mayer die Möglichkeit hatte, mit beispielhafter Präzision zu drucken, gab er dem Zufall Raum: durch performative Interaktion mit den Abläufen der Maschine. In solchen Arbeiten zeigte er, wie ihm (auf möglicherweise einzigartige Weise) die Überwindung der Kluft gelang, die zwischen der puristischen Haltung der Konkreten Kunst und einem eher an Fluxus und Intermedia orientierten Ansatz lag, indem er Techniken aus dem Happening übernahm und mit Emergenz arbeitete sowie (häufig) auch kollaborative und performative Prozesse initiierte.

Er war zudem eine die Generationen verbindende Figur. In seiner editorischen Arbeit mit Künstlern und Autoren wie Richard Hamilton, John Latham, Tom Phillips, Dieter Roth, André Thomkins und Emmett Williams während der nächsten Jahrzehnte griff er häufig auf subtile Weise auf ein Wissen zurück, das in der grundlegenden Auseinandersetzung mit der konkreten Poesie entstanden war. Zwischen den frühen und späten 1960er-Jahren trug die Arbeit seiner Edition effektiv dazu bei, die experimentelle Poesie in experimentelle Künstlerpublikationen zu verwandeln. Sicherlich entwickelte sich für Mayer das eine aus dem anderen, sowohl durch seine Serie »futura« (1965–1968) als auch durch seine enge Verbindung mit Dichtern, insbesondere Emmett Williams, die ihre Poesie langfristig in die Buchform ausweiteten.

Nach seiner Ausbildung in Stuttgart, ging Mayer von 1961 bis 1962 für ein Jahr nach Zürich, um für die hochspezialisierte Druckerei Orell Füssli zu arbeiten und so seine Kenntnisse zu vertiefen. Dort druckte er in seiner freien Zeit die Serie »alphabet«, wobei ihn das Unternehmen wohlwollend unterstützte.

Während seines Aufenthalts kehrte er regelmäßig nach Stuttgart zurück und begann, mit Georg Bense und ihrem gemeinsamen Freund Rainer Wössner Filme zu drehen.

Durch Ausstellungen und Veranstaltungen im Zusammenhang mit Benses Studiengalerie an der Technischen Hochschule Stuttgart traf er während dieser Zeit führende Persönlichkeiten der gerade entstehenden Bewegung der Konkreten Poesie, nicht zuletzt Eugen Gomringer (der der Ansicht war, dass Mayers Arbeit vordergründig pikto-typographisch sei) sowie Mitglieder der brasilianischen Gruppe Noigandres, zu auch Haroldo de Campos angehörte. De Campos und er wurden Freunde, der Dichter lud ihn nach São Paolo ein.

Ende 1964 fuhr Mayer nach Südamerika. Zuvor war er kreuz und quer durch die USA und durch Kanada gereist, hatte einige Monate in New York gelebt und war nach Mexiko geflogen, wo er einige Zeit mit Mathias Goeritz verbrachte. Der in Deutschland geborene Architekt, Maler und Dichter wurde ungefähr ein Jahr später von Mayer eingeladen, den ersten Beitrag für »futura« Serie zu entwerfen.  Goeritz schickte „die goldene botschaft“, die 1965 erschien.

Als Mayer im Dezember 1964 nach São Paolo kam, hatte er bereits Gedichte der Noigandres Gruppe veröffentlicht: in der Mappe »13 visuelle texte«, die Anfang 1964 erschienen war. Es war die erste Publikation der „edition hansjörg mayer“. Die Mappe zeigte die internationale Ausrichtung des Verlegers Hansjörg Mayer, ein Merkmal, das seine Edition auch nach 333 Publikationen charakterisiert. Diese erste Mappe enthielt eine Einleitung von Reinhard Döhl und Beiträge der Brasilianischen Dichter Edgard Braga, Augusto de Campos, Haroldo de Campos, Décio Pignatari und Pedro Xisto.

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© Hansjörg Mayer; Foto © ZKM | Karlsruhe
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Es ist kaum überraschend, dass Mayer eine enge berufliche und persönliche Verbindung mit den Mitgliedern der Noigandres-Gruppe aufbaute, die von den de Campos Brüdern und Pignatari gegründet worden war. Ihr Gründungsmanifest »plano-piloto da poesia concreta« [Pilotplan der konkreten Poesie] erschien 1958. Es enthielt zahlreiche Zeilen, in denen Aspekte von Mayers früherer Arbeit anklingen, nicht zuletzt die Identifizierung des „des graphischen raums als strukturelles agens.“

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Noigandres

„Mit dem konkreten Gedicht tritt das Phänomen der Metakommunikation auf: Zufall und Gleichzeitigkeit der verbalen und nonverbalen Kommunikation, mit dem Hinweis,  dass es sich dabei um eine Kommunikation von Formen, von Struktur-Inhalt handelt, nicht um übliche Kommunikation von Nachrichten.

Konkrete Poesie zielt auf das geringste gemeinsame Vielfachen der Sprache ab [...]  Daher ihre Affinität zu den so genannten ‚isolierenden Sprachen’ (chinesisch): ‚Je weniger äußere Grammatik die chinesische Sprache besitzt, desto mehr innere Grammatik ist ihr inhärent’ (Humboldt via Cassirer). Das Chinesische bietet uns ein Beispiel rein relationaler Syntax, das ausschließlich auf der Ordnung der Wörter beruht.“

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Mayer sagt, es sei Haroldo de Campos gewesen, der seine Arbeiten als erster gänzlich verstanden habe. De Campos prägte für ihn den Begriff – „typoet“ – eine Bezeichnung, die perfekt passte. Obwohl es Bense scheinbar schwer fiel zu akzeptieren, dass das, was Mayer machte Dichtung war, kuratierte er Mayers erste Einzelausstellung, die unter dem Titel »typoems« Ende 1965 in der Studiengalerie der Technischen Hochschule Stuttgart eröffnete. De Campos zollte seinem „typoeten“ in zwei Briefen Tribut: Er sei ein Mann “der die Realität mit Typen frisst”.[8]

Mayers tiefes Verständnis des Druckens verband sich mit seinem Talent für Typographie und einer poetischen Intuition, durch die er offen und entgegenkommend auf jeden reagierte, mit dem er arbeitete. Er hielt die Balance zwischen Konstruktivismus und Offenheit und verfügte über ein feines Gespür dafür, wann es Zeit ist aufzuhören, eine Sache zu beenden und die nächste zu beginnen. Auf diese Weise produzierte er über sechs Jahrzehnte ein verblüffendes Œuvre, wobei viele Werke in Zusammenarbeit mit Künstlern entstanden, die eine viel größere Anerkennung erfahren haben als er selbst.

Für sein visionäres Engagement für die gerade entstehende Computerkunst wurde Mayer erst in letzter Zeit Aufmerksamkeit zuteil:[9] 1967 erarbeite er mit Frieder Nake »matrizenmultiplikationen«, eine Mappe, die eine durch Buchdruck erstellte Typographie, computergenerierte Plotterzeichnungen sowie einen Computerausdruck  enthielt.

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© Frieder Nake, Hansjörg Mayer; Foto © ZKM | Karlsruhe
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Während seine frühen Arbeiten in den 1960er-Jahren im Kreise der Liebhaber der Konkreten und Visuellen Poesie zwar weitestgehend anerkannt waren, wurde das Ausmaß seines Beitrags kaum wirklich verstanden. Einer derjenigen, die seinen Beitrag zu schätzen wussten war Stephen Bann, der über Mayer in der Einleitung zu »concrete poetry. an international anthology« (1967) schrieb:

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Stephen Bann

“Auf eine Art begründen Mayers Alphabete eine Grammatik der Konkreten Poesie, da sie klar die Elemente herausarbeiten, mit denen der Dichter arbeiten muss.”

 

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Zudem enthalten einige der selten zu findenden Beschreibungen über ihn oder seine Prozesse Fehler oder Missverständnisse. Eines davon ist die oft wiederholte Ansicht, er sei ein Mitglied der sogenannten „Stuttgarter Gruppe“ gewesen. Mayer hatte sich immer dagegen gewehrt durch diese Bewegung definiert zu werden, und begann Stuttgart ab 1963 zunächst durch zahlreiche Reisen zu verlassen, bis er schließlich 1966 nach London umsiedelte. Ein anderes, häufig wiederholtes Missverständnis ist, er habe die Publikationsreihe »rot« zusammen mit Max Bense und seiner Partnerin Elisabeth Walther herausgegeben. Tatsächlich setzte er für einige Ausgaben einfach nur die Schrift.

Nichtsdestoweniger scheint es, als würde es durch die Ausstellung und das Buch »The Smell of Ink« nun erstmals möglich, Überblick über Mayers unterschiedliche Talente und Aktivitäten zu gewinnen. Die Breite von seiner Arbeit als Dichter, Designer, Typograph, Publizist – und Lehrer – wird nun ersichtlich. Wenn man seine lebenslange Produktion betrachtet, wird eines deutlich: er hat die Hand eines Meisters und eine feine Nase.

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Fußnoten

[1] Max Bense, “konkrete poesie”, in: »konkrete poesie international«, Edition Hansjörg Mayer, 1965, o. S.

[2] Vgl. Hansjörg Mayer, Stefan Ripplinger: »Typo«, Walther König, Köln. 2014 und Hansjörg Mayer, Bronaċ Ferran, »The Smell of Ink and Soil. The Story of [Edition] Hansjörg Mayer«, Walther König, Köln, 2017. siehe: http://www.buchhandlung-walther-koenig.de/koenig2/index.php?mode=detail…

[3] Hansjörg Mayer in einer Unterhaltung mit Bronaċ Ferran, London. 2016.

[4] Vgl. Max Bense, “projekte generativer ästhetik”, in: Max Bense and Elisabeth Walther (Hg.), »rot 19. computer-grafik«, E. Walther, Stuttgart, 1965 und Max Bense, Nachwort, in: Max Bense and Elisabeth Walther (Hg.), »rot 21. konkrete poesie international«, E. Walther, Stuttgart, 1965.

[5] Reinhard Döhl, Einleitung, »hansjörg mayer. typoaktionen«, Typosverlag, Frankfurt, 1967. 

[6] ibid.

[7] Augusto de Campos, Décio Pignatari, Haroldo de Campos, »Pilot Plan for Concrete Poetry« (1958), hier zitiert nach: http://www.stuttgarter-schule.de/pilotplan.htm

[8] Haroldo de Campos, Brief an Hansjörg Mayer, Oktober 1965, Archiv Hansjörg Mayer.

[9] Bronaċ Ferran “Re verse engineering: poems on the turn” in I. Papadimitriou, A. Prescott, J. Rogers (Hg.), »Engineering the Future as part of the V&A Digital Design Weekend 2016«, Uniform Communications Limited, Liverpool, 22–29, https://lguariento.github.io/Engineering-the-Future/04.html.

[10] Stephen Bann, “Introduction”, in: ders. (Hg.), »concrete poetry. an international anthology«; London Magazine editions, London, 1967, 11.

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Die Autorin und Kuratorin Bronac Ferran forscht am Birkbeck, einem College der University of London über Hansjörg Mayers „Typoetische Revolution" und Sprachbewegungen der 1960er-Jahre. Sie ist Autorin des Buches »The Smell of Ink and Soil. The Story of [Edition] Hansjörg Mayer« (Walther König, Köln, 2017).

Sie ist Mitherausgeberin der Frühjahrsausgabe 2017 der Zeitschrift »Interdisciplinary Science Reviews«, die den interdisziplinären Einflüssen auf die Nachkriegskultur in Großbritannien gewidmet ist. Zu ihren jüngsten Ausstellungsprojekten zählen »Design & the Concrete Poem« (2016), a »token of concrete affection« (2015) und »Graphic Constellations: Visual Poetry & the Properties of Space« (2014). Ferran ist außerdem die Herausgeberin von »Art that Makes Itself: Brown & Son, Purveyors of Digital Images from 1968« (2015) sowie »Visualise: Making Art in Context« (2014). Darüber hinaus macht sie Programme für den nichtkommerziellen Radiosender Resonance 104.4 FM in London.

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