Götter und Schriften rund ums Mittelmeer
Symposion in memoriam Friedrich Kittler
Fr, 19.10. – Sa, 20.10.2012
In seinem Lebenswerk hat Medientheoretiker Friedrich Kittler (1943−2011), die Geschichte der Dichtung, der Philosophie, ja der Kultur als solche vom Kopf auf die Füße ihrer technischen und vortechnischen Medien gestellt. Was Aufschreibesysteme für die Literatur, was Befehlssätze für programmierbare Maschinen, das ist den Göttern das elementarste Medium im lateinischen Wortsinn von elementa: Buchstaben. Das Symposion »Götter und Schriften rund ums Mittelmeer«, noch zu Lebzeiten von dem deutschen Medientheoretiker Friedrich Kittler selbst vorbereitet, widmet sich dieser Hypothese. Wie bestimmen die Kontakte, Konkurrenzen, Innovationen der verschiedenen Schriften und Alphabete seit der frühesten Antike rund ums Mittelmeer die zukünftigen Geschicke des Abendlands?
Seit dem Neolithikum gibt es im Mittelmeerraum Kulturen, deren Alphabete eng an Verwaltung und Handel, Befehlsflüsse und Gesetze gebunden sind, aber auch eine Kultur, die ihr Alphabet aus dem Schreiben von Musik und Gesangsvortrag, Vers und Götteranrufung schöpft. Einige Schriften des Mittelmeers − in Keilen, Bildschriftzeichen, Silbenschriften dargestellt − sind graphisch orientiert. Sie schreiben von den Worten der Sprache meist Konsonanten oder Konsonantengruppen. Andere, wie das griechische Alphabet, das als erstes der Welt auch Vokale schreibt, sind phonetisch orientiert und damit prinzipiell auf jede Sprache übertragbar. Mächtige Gesetzesgötter einerseits strafen und befehlen. Der Verkehr mit ihnen wird gesetzlich geregelt. Andererseits gibt es Götter, die an- und abwesend sind. Der Verkehr mit ihnen wird nicht verwaltet, sondern begangen. Wie sind diese verschiedenen Ausgestaltungen der Götterwelten in den Schriftsystemen widergespiegelt?
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Programm
Fr, 19.10.2012
10.00 Uhr:
Peter Weibel, Vorstand ZKM | Karlsruhe
Begrüßung
Anthony Moore, Kunsthochschule für Medien, Köln
»Translaneous Readings«, Soundscape
10.15 Uhr:
Peter Berz, Humboldt-Universität zu Berlin
Begrüßung und Einführung
11.00 Uhr:
Gerhard Scharbert, Humboldt-Universität zu Berlin
»Tell me true, tell me why was Jesus crucified?« Skizzen aus dem Nachlass Friedrich Kittlers
11.45 Uhr:
Ludwig Morenz, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
»Gottes-Worte und Götter-Zeichen. Von Figurativität und Ikonizität der frühen Hieroglyphenschrift«
12.30 Uhr:
Pause
14.00 Uhr:
Joachim Schaper, University of Aberdeen
»'... die beiden Tafeln des Gesetzes; die waren aus Stein und beschrieben von dem Finger Gottes': Schreiben, Schrift(en) und Ikonophobie im antiken Israel«
14.45 Uhr:
Oliver Primavesi, Ludwig-Maximilians-Universität, München
»Empedokles: göttliche Schriftlichkeit − menschliche Mündlichkeit.«
15.30 Uhr:
Kaffeepause
16.00 Uhr:
Beatrice Gruendler, Yale University
»Arabische Schrift als Chiffre und Spielfeld«
16.45 Uhr:
Barry Powell, University of Wisconsin–Madison
»Wie das Alphabet entstand«
Sa, 20.10.2012
11.00 Uhr:
Siegfried Zielinski, Universität der Künste, Berlin
»Mittel & Meere«
12.00 Uhr:
Lars Denicke, Kulturwissenschaftler, Berlin
»Land und Meer, Luft und Feuer. Die Vier-Elemente-Lehre der Geopolitik«
13.00 Uhr:
Pause
14.30 Uhr:
Jan-Peter Sonntag, Künstler, Komponist, Theoretiker, Berlin und Sebastian Döring Medienwissenschaftler, Berlin
»apparatus operandi1 :: anatomie // Der Synthesizer des Friedrich A. Kittler«
15.15 Uhr:
Tania Hron, Kulturwissenschaftlerin, Berlin
»Nicht nachlassen«
Paul Feigelfeld, Humboldt-Universität zu Berlin
»Quellcode als Quelle. Aus der Editions-Arbeit an Friedrich Kittlers Programmierwerk«
16.00 Uhr:
Joulia Strauss, Künstlerin, Berlin
Assamblea
Cari Machet, Künstlerin, Aktivistin, Berlin/New York
Assamblea
Impressum
- Konzeption
Team
Wissenschaftliche Beratung: Peter Berz, Tania Hron, Gerhard Scharbert, Joulia Strauss
Projektkoordination: Meta Maria Valiusaityte, ZKM Karlsruhe