Im Gedenken an Christoph Blase
4. April 1956 – 7. März 2022
Mit tiefer Trauer gibt das ZKM bekannt, dass ein langjähriger Mitarbeiter, Christoph Blase, am 7. März 2022 verstorben ist.
Christoph Blase, geboren 1956 in Bonn, studierte in den 1970er-Jahren Kommunikationswissenschaft, Politik und Soziologie an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München und absolvierte die 17. Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule. Er arbeitete jahrzehntelang als freier Kunstkritiker, u.a. für die Kunstmagazine art, artis und Wolkenkratzer, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und das Kunst-Bulletin aus der Schweiz. Er entwickelte eine der ersten Online-Kunstzeitschriften: die Blitz Review. Die Zeitschrift, die sich sowohl Erscheinungen der Bildenden Kunst, der Neuen Medien, der Werbung und der Architektur widmete, ging im Januar 1995 zunächst in dem Mailboxnetz The Thing online.
1993 schrieb Christoph Blase erstmals für eine Publikation des ZKM, das Mediagramm, und blieb der Institution in den darauffolgenden Jahren als Autor – geschätzt für seine pointiert formulierten Texte – verbunden. 2002 trat er mit der Ausstellung Die ‚Audiovisuelle Dokumentation‘ von Karl Oskar Blase als Kurator am ZKM in Erscheinung. Die Ausstellung präsentierte das Videoarchiv seines Vaters, dessen „Audiovisuelle Dokumentation“ zu den innovativen Informationsstrukturen der von Harald Szeemann kuratierten documenta 5 (1972) gehörte. 2003 wurde Blase Mitglied der Jury des Internationalen Medienkunstpreises des ZKM.
Auf Basis seiner umfangreichen Kenntnisse im Umgang mit historischem Videomaterial baute Christoph Blase 2004 am ZKM das Labor für antiquierte Videosysteme auf, das er bis 2010 leitete. Dank dieser Initiative konnte das ZKM in den vergangen Jahren tausende von Videobändern retten und durch Digitalisierung für die kommenden Generationen bewahren. In seiner Zeit als Leiter des Labors verantwortete Christoph Blase als Projektleiter auch ein Umfangreiches Restaurierungs- und Ausstellungsprojekt: RECORD > AGAIN! – 40jahrevideokunst.de – Teil 2. Es widmete sich der Geschichte der deutschen Videokunst von ihren Anfängen in den 1960er- und 1970er-Jahren bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Zusammen mit Peter Weibel gab er die gleichnamige Publikation und eine DVD-Studienedition heraus, die die Werke dieser Zeit nicht nur kunsthistorisch erschloss, sondern auch die Technikgeschichte des Mediums Video und die Herausforderungen der Restaurierung behandelte. Fasziniert von den Details der Videotechnologie publizierte Christoph Blase darüber hinaus ein Videorecorder-Quartett – vergleichbar einem Auto-Quartett – mit 32 frühen Videorecordern überwiegend aus der Frühzeit der Videotechnik.
Christoph Blases Interesse wurde oft von Phänomenen geweckt, die von Kultur- und Bildwissenschaften zum jeweiligen Zeitpunkt noch nicht erschlossen waren. In den vergangenen Jahren widmete er sich der Kultur der Campingbusse und traf damit einen Nerv – fast 15.000 Fans folgten seinem Instagram-Account. 2020 veröffentlichte er unter dem Titel Autobahnbilder eine Auswahl seiner besten Campingbus-Bilder. 2021 erschien unter dem Titel Oldtimer-Reisemobile der 1980er Jahre. Kompendium der kompakten Wohnmobile ein aufwändig recherchiertes Buch mit Daten zu Fabrikaten, Modellen und der technischen Entwicklung dieser Jahre.
Mit Christoph Blase verlieren wir einen weitsichtigen Kulturjournalisten, einen kritischen Beobachter und Begleiter der Kulturszene und einen kompetenten Medienfachmann von Rang. Sein Fachwissen und seine Leidenschaft für die Medien werden uns fehlen.