Digitaler Salon
Florian Rötzer im Gespräch mit Raúl Rojas
Fr, 11.06.2021 18:00 Uhr CEST
Mit Raúl Rojas, Professor für Mathematik und CS (Universität von Nevada, Reno) wollen wir darüber sprechen, wie sich mit Künstlicher Intelligenz und autonomen Robotern unsere Arbeits- und Lebenswelt verändern wird, wo es gefährlich wird und wie Menschen sich an die neuen Mitbewohner anpassen können.
Wie persönlich können autonome Fahrzeuge, Smart Homes, Pflege-, Spiel- oder Sexroboter werden? Sollten der Entwicklung Grenzen gesetzt werden? Werden wir eventuell zu Sklav:innen der von uns geschaffenen intelligenten Wesen? Wir befinden uns gerade am Übergang von der Schriftkultur zur Binärkultur der Algorithmen. Werden die Intellektuellen und Gelehrten der Schriftkultur, die Aufklärung, Wissenschaft und gesellschaftliche Veränderungen vorangetrieben haben, von den Code- und Algorithmen-Virtuosen der Binärkultur abgelöst? In einer zunehmend digitalisierten Welt ist die Wirklichkeit mehr und mehr bestimmt durch Codes und Algorithmen. Wer diese nicht versteht, droht zur neuen Schicht der Analphabet:innen zu werden.
Gast im Digitalen Salon ist Prof. Dr. Dr. Raúl Rojas, einer der bekanntesten deutschen Wissenschaftler für Künstliche Intelligenz, Robotik und neuronale Netze. Er hat bis 2019 an der FU Berlin am Institut für Informatik gelehrt und geforscht. Rojas ist in Mexico City geboren und hat an der FU Berlin bei Prof. Dr. Ernst Altvater mit seiner Forschung über das Kapital von Karl Marx erlangt (Zur Entstehungsgeschichte der Kritik der Politischen Ökonomie). Parallel dazu studierte er Mathematik und Informatik und lehrte seit 1994 Künstliche Intelligenz.
Raúl Rojas ist bekannt geworden mit der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen (Spirit of Berlin) und der Entwicklung von autonomen Robotern. Sein Team gewann mit den FU Fighters u.a. bei der RoboCup Weltmeisterschaft 2005 und 2004 den ersten Platz. Der RoboCup wurde mit dem ehrgeizigen Ziel geschaffen, bis 2050 den menschlichen Weltmeister mit einer Robotermannschaft zu besiegen. Fußball ist deswegen interessant, weil verkörperte Roboter in einer dynamischen Umwelt in Echtzeit wahrnehmen und kollektiv handeln müssen. Rojas hat sich überdies intensiv mit der Geschichte des Computers beschäftigt (Die Rechenmaschinen von Konrad Zuse, 1998, The First Computers, 2000, Encyclopedia of Computers and Computer History, 2001). Nebenbei hat er sich mit Kosmologie (Kosmologie: Vergangenheit und Zukunft des Universums, 2018) und Fußballtheorie (Die Tiefe des Raumes, 2018) beschäftigt und schreibt derzeit eine Kolumne in der großen mexikanischen Zeitung El Universal über die 100 Bücher, die die Welt verändert haben.
Der Digitale Salon
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Im 18. Jahrhundert trafen sich die Intellektuellen in den von Frauen veranstalteten Salons, um ihre Ideen vorzutragen, ihren Esprit aufscheinen zu lassen, sich mit anderen Intellektuellen ungeachtet der Schranken von Klasse und Geschlecht auseinanderzusetzen und eine gelehrte Geselligkeit zu pflegen. Salons waren teilöffentliche Veranstaltungen in privaten Räumen, zu denen die auf der Bühne agierenden »Prominenten« – aus Literatur, Philosophie, Naturwissenschaften und Politik – mit den Zuschauer:innen eingeladen wurden. Ihre Fortsetzung fanden die Salons der Aufklärung im Format der TV-Talkshows, mit ihren von den medialen Aufmerksamkeitszwängen gehetzten Disputen.
Im Digitalen Salon wollen wir hingegen wieder eine ruhige Gesprächskultur pflegen, die sich Zeit lässt, kein bestimmtes Ziel verfolgt und mit dem jeweiligen Gast diskursiv flaniert. Zu den Themen zählen beispielsweise die Rolle und Selbstbeschreibung als Intellektuelle, die Gedanken, die an der Zeit sind, die Veränderung von Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit durch die digitale Lebenswelt, politische Zukunftsvorstellungen und »Was zu tun ist«.