Stephan von Huene

Blaue Bücher

1997

Künstler/in / Künstlergruppe
Stephan von Huene
Titel
Blaue Bücher
Jahr
1997
Kategorie
Installation, computerbasiert
Material / Technik
2 Trommeln, Lautsprecher, 1 Computer, 2 Diaprojektoren, Diapositive
Maße / Dauer
Installationsmaß variabel
Sammlung
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Beschreibung

Im April 1970 hält der Kunsthistoriker Martin Warnke auf dem 12. Deutschen Kunsthistorikertag in Köln einen Vortrag über »Weltanschauliche Motive in der kunstgeschichtlichen Populärliteratur«. Darin kritisiert er autoritäre und totalitäre Vorstellungen, die in den Reclam-Heften und den sogenannten »Blauen Büchern« von bekannten Kunsthistorikern der Nachkriegszeit zum Vorschein kommen. Warnke zitiert aus den Heften zahlreiche Werkbeschreibungen, die unverkennbar an den Stil und das Vokabular der nationalsozialistischen Propaganda angelehnt sind.

Stephan von Huene, der selbst in den 1960er-Jahren Kunstgeschichte in Los Angeles studiert hat, kennt Warnkes sprachanalytische Untersuchung. Im Jahr 1997, anlässlich Warnkes 60. Geburtstags, führt von Huene den kritischen Kommentar zur Entwicklung der deutschsprachigen Kunstgeschichte in seiner Klangskulptur »Blaue Bücher« fort.

In einem abgedunkelten Raum werden Gemälde von Peter Paul Rubens und Eugène Delacroix sowie Abbildungen vom Königsportal von Chartres und vom Naumburger Dom mit Diaprojektoren auf die Rückseite zweier Trommelfelle projiziert. Eine männliche Stimme (Achatz von Müller) kommentiert die Bilder aus dem Off mit Textpassagen aus Reclam-Heften und Blauen Büchern. Wörter und Bilder verhalten sich dabei teilweise asymmetrisch zueinander, was durch Paukenschläge verstärkt wird: Ein großer Schlägel am unteren Trommelrand eröffnet, betont oder unterbricht die Textzitate mit einem lauten Schlag. Drei kleine Schlägel am oberen Rand dienen der zusätzlichen Rhythmisierung. Gemeinsam mit der Doppelprojektion, den zitierten Werkbeschreibungen und dem Rattern der Projektoren fordern die Trommelschläge die gesamte Aufmerksamkeit des Publikums im Ausstellungsraum.

AutorIn: Theresa Rößler

Über den/die Künstler/in