Liquid Views
- Künstler:in / Künstlergruppe
- Monika Fleischmann, Wolfgang Strauss, Christian-A. Bohn
- Titel
- Liquid Views
- Jahr
- 1993
- Kategorie
- Computerbasiert
- Installation
- Material / Technik
interaktive Installation; Touchscreen, Computer: PC, Betriebssystem: Windows XP, Individualsoftware, Lautsprecher, Kamera, Projektionsfläche
- Maße / Dauer
- Installationsmaß variabel
- Sammlung
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
- Beschreibung
»Liquid Views« von Monika Fleischmann und Wolfgang Strauss, entstanden im Jahr 1992 unter Mitarbeit des Informatikers Christian A. Bohn, ist eine interaktive computerbasierte Installation. Sie verwendet einen großen Touchscreen sowie eine Kamera, um eine eine Wasseroberfläche zu simulieren, in der sich die Betrachter:innen spiegeln, wenn sie sich über den Monitor beugen. Bei Berührung des Touchscreens entstehen virtuelle Wasserwellen und -geräusche. Die Intensität der Berührung beeinflusst die Verzerrung des Spiegelbildes. Wird der Touchscreen nicht berührt, beruhigt sich die Wasseroberfläche und das Spiegelbild wird wieder klar erkennbar.
Die Installation greift den antiken Mythos von Narziss auf, der sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche einer Quelle erblickt und sich in sein eigenes Ebenbild verliebt. Anders als im Mythos verwandelt »Liquid Views« die intime Auseinandersetzung mit dem eigenen Abbild in ein öffentliches Ereignis: Die Spiegelung auf der Wasseroberfläche wird zusätzlich auf eine großformatige Projektionsfläche übertragen. Der persönliche Moment der Selbstreflexion wird so zu einer von anderen beobachtbaren Handlung.
»Liquid Views« thematisiert die zunehmende Verschmelzung von realem und virtuellem Raum sowie die sich wandelnde Grenze zwischen Privatheit und Öffentlichkeit. Das Werk macht auf die Bedingungen aufmerksam, unter denen das Selbst in digitalen Umgebungen erlebt wird und verdeutlicht die Auswirkungen dieser technologischen Transformation auf die Identitätsbildung.
Das Werk verweist auch auf die Ambivalenz zwischen menschlicher Kontrolle und der Autonomie natürlicher und technischer Systeme. Die Wasseroberfläche – ein Symbol für die Natur – kann manipuliert werden, bleibt aber letztlich unkontrollierbar. Übermäßige Eingriffe durch den/die Betrachter:in führen zu einem Zustand des Kontrollverlusts, der Zeit zur Stabilisierung benötigt. Diese Dynamik verdeutlicht das komplexe Verhältnis von Mensch und Umwelt.
Die technische Umsetzung beruht auf der damals innovativen Kombination eines Touchscreens, einer Videokamera und einer SGI Reality Engine – einer spezialisierten 3D-Grafikhardware. Diese frühe Nutzung von Echtzeit-Rendering und Texture-Mapping – das Bild der Videokamera wird in Echtzeit in die Simulation der Wasseroberfläche integriert – setzte vor über 30 Jahren Maßstäbe in der Entwicklung interaktiver Medienkunst.
»Liquid Views« entstand am Forschungsinstitut GMD (Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) in St. Augustin.