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YOU:R:CODE

Interaktives Medienkunstwerk von Bernd Lintermann und Peter Weibel

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© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Jonas Zilius
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YOU:R:CODE

YOU ARE CODE: YOUR CODE

Der Mensch ist eine Menge von Codes: dies ist die Kernthese der von Peter Weibel am ZKM entworfenen Ausstellung OpenCodes, Leben in Digitalen Welten, 2017, in deren Rahmen die Arbeit YOU:R:CODE von Bernd Lintermann nach der Idee von Peter Weibel konzipiert und entwickelt wurde.

An sieben nebeneinander befindlichen Panelen entlanglaufend, erfährt man in unterschiedlichen digitalen Transformationen Reflektionen des eigenen Selbst: Lichtspiegelung, 3D-Scans, Spuren sozialer Medien, Schatten/Strichcode und synthetisches Genom zur Selbstschöpfung. Die Form der Darstellungen ist nicht zufällig, sondern reflektiert insbesondere in den digitalen Darstellungen technisch-wissenschaftliche Entwicklungen, die in unsere Zukunft bestimmen.

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Panel 1

Der Spiegel

Das Wasser war das erste Medium, eine Art flüssiger Spiegel, mit und in dem der Mensch sich sehen konnte. Die Wasserwellen wurden zu Lichtwellen, die Reflektion im Wasser zur Reflektion im Spiegel. Das Spiegelbild ist ein reines Lichtphänomen, welches den Gesetzen der Geometrie und Optik, dem Code der Physik, gehorcht. Das Spiegelbild ist, metaphorisch gesprochen, eine Art optischer Code. Der Spiegel liefert ein virtuelles zweidimensionales Abbild des Menschen, das sehr realistisch erscheint, weil es eine perfekte analoge Kopie ist.

Der Mythos des Narziss, der selbstverliebt von seinem Spiegelbild angezogen wird und im Wasser ertrinkt, erinnert ebenso wie viele Märchen und auch die psychoanalytische Theorie vom Spiegelstadium von Jacques Lacan (1936) an die Bedeutsamkeit des Spiegels bei der Formation des Selbst bzw. Subjekts.

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Panel 2

Der Digitale Spiegel

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© Bernd Lintermann und Peter Weibel
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Der digitale Spiegel erfasst die dreidimensionale Oberfläche des Menschen mittels Sensoren und einer Kamera. Die Daten der Sensoren werden an einen Rechner geschickt, der die Funktionsweise eines analogen Spiegels simuliert. Der Rechner erstellt das Bild und nicht der Spiegel. Der Rechner generiert ein digitales Bild, das sich wie ein analoges Bild verhält. Die BetrachterIn sieht ein errechnetes Bild von sich – spiegelt sich im errechneten Bild. Der reale Körper vor der Spiegelfolie wird in einen Datenkörper transformiert. Die BetrachterIn sieht ihre digitale Kopie. Der Mensch schafft sich sein digitales Ebenbild durch Datenverarbeitung. Hier beginnt der Schritt vom Selbstbildnis zur synthetischen Selbstschöpfung.

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Panel 3

Der Scan

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© Bernd Lintermann und Peter Weibel
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Beim klassischen Fernsehbild tastet ein Strahl aus der Kathodenröhre den Bildschirm horizontal und linear ab. Diese Scan-Lines erzeugen das Bild. Der Körper der BetrachterIn wird in der Installation dreidimensional gescannt. Die dabei gewonnenen Daten werden zu einem unabhängig verwendbaren Datensatz. Daher löst sich der Körper von der BetrachterIn und führt ein Eigenleben in einer Parallelwelt ähnlich wie in Lewis Carrolls Geschichte Alice hinter den Spiegeln (1871). Der Scan ist eine Erweiterung des Spiegels, weil er Daten ermittelt und anzeigt, die in einem klassischen Spiegel nicht sichtbar sind.

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Panel 4

Die Spuren sozialer Medien

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© Bernd Lintermann und Peter Weibel
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Mit dem Webbrowser und dem Smartphone hinterlassen wir permanent elektronische Spuren im Netz. Diese und Sensordaten aus der Umwelt, in der wir uns bewegen, werden kontinuierlich in Clouds gespeichert und mit Hilfe von Big Data-Algorithmen und künstlicher Intelligenz in eine digitale Identität gewandelt. Daten werden aus unterschiedlichen Quellen miteinander verknüpft und erzeugen ein immer genaueres Modell unseres Verhaltens. Social Media-Portale bieten uns Dienste an, um immer unterschiedlichere und privatere Daten zu schürfen. In der Installation wird die BetrachterIn als Collage von Social Media-Icons und Programmcodes repräsentiert, die für ihre aus Algorithmen berechnete Netzidentität stehen. Eigenschaften wie Körpergröße, Alter, Geschlecht, Haarfarbe etc. werden mit Hilfe von Techniken der künstlichen Intelligenz aus der Cloud ermittelt. Ähnlich wie der Fußabdruck am Strand, an dem der Mensch erkennt, wer vor ihm den Weg gegangen ist, hinterlässt der Benutzer im Netz eine breite Datenspur an vielen Orten. Der Algorithmus folgt dem Menschen, er analysiert auf Schritt und Tritt seine Abdrücke und Spuren und baut ein immer klareres, schärferes und tieferes Bildnis der BetrachterIn.

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Panel 5

Das Genom

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© Bernd Lintermann und Peter Weibel
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Wir selber tragen den Source Code unseres Körpers mit uns herum: das Genom. Es besteht aus dem Erbmolekül Desoxyribonukleinsäure, kurz DNA, das in jedem unserer Zellkerne steckt. Zellen sterben und entstehen laufend. Der Mensch trägt den Befehlscode, die Definition seiner selbst, immer bei sich: den DNA-Code. Code alleine macht noch keinen Menschen: Enzyme lesen den Code aus, transkribieren ihn für die weitere Verwendung im Körper. Sie sind die Datenverarbeitungsalgorithmen, die uns formen. Der Code ist komplex und reich an Informationen und fehleranfällig: Kleinste Änderungen führen zu enormen Auswirkungen wie Krankheiten. Das Besondere an der DNA ist ihr universeller Code – er ist bei allen Lebewesen auf der Erde gleich. Die äußerst stabile Grundstruktur der DNA nennt sich Doppelhelix. Zwei Stränge aus Zucker und Phosphat formen eine in sich verdrehte Strickleiter mit den vier Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin. Das Genom bildet den Algorithmus des Lebens und bestimmt nicht nur äußere Attribute unseres Körpers, sondern auch Prädispositionen für Krankheiten bis hin zu Charaktereigenschaften, welche in der Vergangenheit eher unserem Phänotyp, also dem durch die Umwelt geformten Menschen zugesprochen wurden. Es wurden beispielsweise Gene bestimmt, die für die Ausprägung des Humors einer Person, ihres Altruismus und ihrer Empathie verantwortlich gemacht werden.

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Panel 6

Das Menom

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© Bernd Lintermann und Peter Weibel
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Mit der DNA entwickelte die Evolution über Milliarden Jahre eine perfekte Maschine, den Source Code jedes irdischen Lebewesens. Mit den Erforschungen des Codes der DNA wie dem CRISPR-Verfahren, dem Zerschneiden von Telomeren (die Ende linearer Chromosomen), geht der Mensch über die natürliche Evolution hinaus. In der vom Menschen selbst gesteuerten Exo-Evolution übergibt er mittels DNA-Synthese seine Algorithmen und ihren Inhalt an die Technologie. Gott schuf angeblich den Menschen als sein Abbild. Nun schafft der Mensch in einem zweiten Schöpfungsakt ein perfektes Abbild seiner selbst. In aktuellen Forschungsprojekten werden der biologische und der digitale Code zusammengeführt. Im Europäischen Bioinformatik Institut in Cambridge wird die DNA als extrem kompakter und lang lagerbarer Informationsspeicher für Archivzwecke untersucht. Durch maschinelle DNA-Synthese entsteht ein langer Informationsfaden, der durch DNA-Analyse wieder entschlüsselt wird. Eine speziell entwickelte Codierung bildet die digitalen Daten auf die vier Basen ab. Diese Ver- und Entschlüsselung wurde erfolgreich mit einem 400 seitigen Sachbuch sowie mit einem Bild und einer Sounddatei der Rede von Martin Luther King „I Have a Dream“ getestet. Die Kulturschöpfungen des Menschen – Richard Dawkins „Meme“ – könnten in Zukunft digitalisiert in einem „Menom“ gespeichert werden. Aber auch Objekte des Alltags werden jetzt schon zur eindeutigen Identifizierung mit synthetischer DNA markiert. So versieht die Deutsche Telekom Kupferkabel mit flüssiger künstlicher DNA, die aus mehreren Basen besteht, um bei Diebstahl deren Herkunft nachzuweisen: Die DNA ist der Barcode der Zukunft.

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Panel 7

Der Schatten / der Strichcode

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© Bernd Lintermann und Peter Weibel
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Vom römischen Gelehrten Plinius dem Älteren wird die Legende überliefert, dass die Malerei entstand, als eine junge korinthische Frau das Profil ihres zur Seefahrt aufbrechenden Geliebten im Kerzenschein nach dessen Schattenriss bzw. Umriss an der Wand festhielt. Jahrzehntelang bestimmten – mit Fernsehern, Monitoren und Projektoren – aus Licht zusammengesetzte Bilder die Kommunikation mit digitalen Rechnern. Seit dem Aufkommen des Internet der Dinge löst sich das digitale Bild vom Licht und die Objekte selbst werden zu Displays. Beleuchtet man ein analoges Objekt, so wirft es einen Schatten. Die Installation zeichnet und beleuchtet das digitale Bild eines Objekts und stellt mit dem verbauten Flip-Dot Display auch seinen digitalen Schatten dar. Die Tafel besteht aus tausenden kleiner Plättchen bzw. drehbaren Scheiben, die sich wie Daten verhalten. Sie drehen und wenden sich je nach Objekt und zeigen eine weiße Fläche für den Inhalt oder eine schwarze Fläche für die Leere und die Abwesenheit von Daten. Das virtuelle Bild wird wieder materiell. Der Schatten der BetrachterIn wird als Umriss wie von Plinius beschrieben dargestellt. Innerhalb des Schattens bzw. des Schattenumrisses wird der Mensch als Barcode (vertikale Striche) und dieser durch die Position der Plättchen dargestellt. Der Mensch wird zum Strichcode. Seine Identität, sein Selbst, sein Spiegelbild werden durch Strichcode markiert wie Waren. Der Strichcode wird zum Medium der Identifizierung. Der Mensch wird am Ende der Evolution zum Datenträger und Datenjäger. Der Transhumanismus beginnt.

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Credits

YOU:R:CODE 2017
Interaktive Installation

Idee: Peter Weibel
Konzept, Realisierung: Bernd Lintermann
Texte: Bernd Lintermann, Peter Weibel
Audiodesign: Ludger Brümmer, Yannick Hofmann
Flip-Dot-Display Realisierung: Christian Lölkes
Technische Unterstützung: Manfred Hauffen, Jan Gerigk
Aufbau, Planung: Thomas Schwab
Produktion: ZKM | Hertz-Labor

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