In diesem Jahr geht der Giga-Hertz-Lebenswerkpreis an Laetitia Sonami, deren visionäre Beiträge über mehrere Jahrzehnte hinweg die Grenzen zwischen Klang und Technologie radikal erweitert haben. Seit den späten 1980er-Jahren erforscht Sonami intensiv gestenbasierte Performances, Echtzeit-Klangsynthese, interaktive Systeme und verkörperte Interfaces. Sie gilt als zentrale Pionierin sensorbasierter Musikperformance und experimenteller elektroakustischer Komposition. Ihre Arbeiten schaffen ein dehierarchisiertes, nicht-lineares Verhältnis zwischen Performer:in, Interface und Publikum und oszillieren zwischen poetischer Technologie und spielerischen Verkörperungen von unheimlichen Zwischenräumen.
Besonders hervorzuheben ist ihr ikonisches Instrument, The Lady’s Glove – ein wegweisender tragbarer Controller, der feinste Finger- und Handbewegungen in live prozessierten Klang übersetzt. Entwickelt am STEIM-Institut, wurde dieses Interface zum Ausgangspunkt eines jahrzehntelangen künstlerischen Forschungsprozesses. Werke wie What Happened, Spring Spyre oder Peripheral Vision dokumentieren diese Praxis und wurden u. a. bei der Ars Electronica, in The Kitchen New York oder in Hertz Hall in Berkeley uraufgeführt.
Sonamis Arbeit überschreitet und hinterfragt die konventionellen Grenzen zwischen Performerin, Komponistin und Instrumentenbauerin und definiert den Begriff der Virtuosität im Bereich der elektronischen Musik neu. Ihre Praxis artikuliert einen kritischen Umgang mit Technologie – sie lehnt dominante Paradigmen von Kontrolle und Beherrschung ab und bevorzugt stattdessen verkörpertes Wissen, Kontingenz und Unvorhersehbarkeit.
Neben ihrer künstlerischen Produktion ist Sonami eine engagierte Mentorin. Ihre Lehrtätigkeit an renommierten Institutionen wie dem Mills College, der Harvard University oder am CCRMA der Stanford University sowie ihre kontinuierliche Präsenz in der internationalen Szene für experimentelle Musik und Medienkunst inspirieren seit Jahrzehnten junge Generationen von Künstler:innen, Klang und Technologie als Räume kritischer und poetischer Erkundung zu begreifen.