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Ausstellung

Foucault und Künste

Fr, 20.09. – So, 03.11.2002

© ZKM | Karlsruhe

Michel Foucault, der am 15. Oktober 2001 fünfundsiebzig Jahre alt geworden wäre, gilt als einer der großen Denker des 20. Jahrhunderts. Er praktizierte ein Denken, das ebenso einzigartig wie vielfältig und fern aller Schulen, Ismen und Ideologien ist. Seine großen Monographien zu Psychiatrie, Medizin, Gefängnis und Sexualität greifen historisch weit zurück, sind aber aus einer Perspektive des Heute geschrieben. Es geht ihm nicht darum, Verhaltensweisen und Ideen zu analysieren, nicht die Gesellschaften und ihre »Ideologien«, sondern darum, die »Problematisierungen« hervorzuheben. „Eine Problematisierung ist immer etwas Schöpferisches; aber in dem Sinn, dass Sie bei einer gegebenen Situation nicht folgern können, dass diese Art von Problematisierung folgen wird.“ (Michel Foucault)
In einem Gespräch mit Paolo Caruso sagte Foucault 1969: „Wenn meine Erinnerungen exakt sind, bekam ich den großen kulturellen Schock durch französische Vertreter der seriellen Musik und der Zwölftonmusik – durch Boulez und Barraqué, mit denen ich freundschaftlich verbunden war. Sie haben mich zum ersten Mal aus dem dialektischen Universum herausgerissen, in dem ich gelebt hatte.“ Von der Mitte der fünfziger Jahre bis zu den letzten Arbeiten Foucaults spannt sich ein Bogen zur »techné tou biou« der Antike, zur Lebenskunst. Seine Bücher zum Wahnsinn, zur Klinik, zu den Humanwissenschaften, zum Gefängnis und zur Sexualität sind begleitet von Büchern zu Raymond Roussel und René Magritte, von Artikeln zur Geschichte der Literatur, zur Gegenwartsliteratur, zur Malerei, zur Architektur. Er hat den Kontakt zu den Künstlern gesucht und sie den Kontakt zu ihm.
 
Die Frage der Technologie hat in den Künsten selber auch zur neuen Konzeption von Kunsthochschulen, Akademien und multimedialen Zentren à la Beaubourg oder dem ZKM geführt. Die gute alte Frage – was ist Kunst? – hat wieder Konjunktur. Es geht um Klassifikationen und Definitionen von Fächern und Disziplinen, es geht um das Verhältnis von Kunst und Technologie, seit sie vor 200 Jahren in der »Querelle des Anciens et des Modernes« auseinandergetreten sind. Es geht um das weite Feld der Lebenskunst und der Ethik. Foucaults Ausgangspunkt ist immer das Heute gewesen und dieses Heute war immer bestimmt durch ästhetische Erfahrungen. Eben darin trifft er sich mit Adorno. Nach dessen Tod 1969 ist jedoch dieses Band zwischen ästhetischer Erfahrung und theoretischer Arbeit im deutschen Sprachraum mehr und mehr zerrissen. Vielleicht lässt es sich – mit Foucault – neu, aber freilich auch anders, verknüpfen.
 
Nicht ein ideologisches Für und Wider oder ein akademisches »Über«, nämlich Foucault, soll im Zentrum des internationalen Treffens stehen, als vielmehr die Technik, wie man ausgehend von oder mit Foucault auf Praktiken und Poetiken stößt, die anderswo ihren Bezugsrahmen haben: in der Literatur, der Malerei, im Film, in der Musik, der Architektur und in der Philosophie. Da, wo sich ein wissenschaftliches Kolloquium und ein Kunstfestival treffen würden, an den Peripherien ihrer Wirkungskreise, ist der Ort für dieses Treffen. Künstler, Philosophen und Wissenschaftler begegnen sich, Freunde sehen sich wieder. Interessierte, Neugierige und Kritiker treffen auf Michel Foucault. Dieses Treffen soll ein Fest sein, eine Feier und zugleich ein multimediales Spektakel, ein informelles Forum. Filme, Vorträge, Lesung, Konzert, Ausstellung, Installationen und Gespräche sollen den Charakter der Begegnung sowohl akademisch als auch spielerisch, verhalten und leise, ironisch und ausgelassen, gestalten.

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