Wieman (Frans de Waard + Roel Meelkop) live. John Kannenberg live. Kalle Laar: Vinyl and Art
Von Schallplatten, Künstlern, Covern und rotierenden Objekten
Do, 11.10.2012 18:00 Uhr CEST
Das ZKM begrüßt das Elektronik-Duo Wieman (Frans de Waard und Roel Meelkop), John Kannenberg sowie Kalle Laar (mit dem Vortrag »Vinyl & Kunst. Von Schallplatten, Künstlern, Covern und rotierenden Objekten«) am 11. Oktober live in Karlsruhe.
Der Anlass für das Konzert ist ein besonderer: Das ZKM erhält am 11. Oktober 2012 das Archiv des Earational Festivals, das in den Jahren 1998 bis 2006 in der holländischen Stadt 's-Hertogenbosch stattfand. Earational war ein mehrtägiges Festival mit Konzerten elektronischer Musik und Klanginstallationen. Über die Jahre traten dort viele namhafte KünstlerInnen auf, u. a. Alva Noto, Fennesz, Freiband, Main, sowie Roland Kayn und Charlemagne Palestine. Zudem gaben The Hafler Trio (2003) und Nurse With Wound/Colin Potter (2004) nach vielen Jahren ihre ersten Konzerte im Rahmen des Festivals, welche das Interesse an beiden Gruppen neu aufkeimen ließen. Das Archiv beinhaltet viele Live-Aufnahmen, Bilddokumentationen, Presseausschnitte, Plakate und Hefte und wird auf Weisung des Festivalkurators Anton Viergever (1958-2012) dem ZKM übergeben.
Wieman ist ein Elektronisches Duo bestehend aus Frans de Waard und Roel Meelkop. Frans de Waard (*1965) produziert seit 1984 experimentelle elektronische Musik. Zunächst mit der von ihm gegründeten Formation Kapotte Muziek, die mittlerweile zu den wichtigsten Projekten der Geräuschmusik zählt. Später dann in weiteren, stilistisch sehr verschiedenen Projekten wie z.B. Beequeen (mit Freek Kinkelaar; Kunst-Songs und filmischer Ambient), Goem (mit Roel Meelkop & Peter Duimelinks, ultra-minimaler post-Techno), Zebra (mit Roel Meelkop, chaotische Beats), The Tobacconists (mit Scott Foust, Raucher-Pop) und in diversen Soloprojekten wie Freiband, Shifts oder einfach nur Frans de Waard. Er war von 1992 bis 2003 beim legendären niederländischen Label Staalplaat beschäftigt und gibt seit 1986 sein eigenes wöchentliches Musikmagazin heraus: Vital Weekly (seit 1995 als Online-Magazin). Seine Konzertreisen führten ihn in verschiedene Länder, wie z.B. USA, Russland, Japan oder England, wo er oft mit weiteren MusikerInnen gemeinsam auftritt (u.a. mit Pan Sonic). Frans de Waard hat bereits mit zahlreichen internationalen MusikerInnen und KlangkünstlerInnen zusammengearbeitet, u.a. mit Guiseppe Ielasi, Jaap Blonk, Howard Stelzer, Roel Meelkop, Andrew Liles, Radboud Mens und mit dem Bürgermeister seiner niederländischen Heimatstadt Nijmegen. 2008 drehte Filmemacher Harrie Timmermans eine Dokumentation zum 25-jährigen Bestehen der Gruppe Kapotte Muziek mit dem Titel »What You See Is What You Hear«. Frans de Waard gibt regelmäßig Workshops und Lectures und ist als Kurator und Veranstalter aktiv.
Roel Meelkop (*1963) studierte Bildende Kunst und Kunstwissenschaft an der Willem de Kooning Academie in Rotterdam. Während eines Postgraduiertenkurses beschloss er, seine Arbeit auf Sound und Musik zu fokussieren. Seine musikalischen Aktivitäten reichen zurück bis zum Anfang der 1980er Jahre, als er zusammen mit Jac van Bussel, Peter Duimelinks, Jos Smolders und Guido Doesborg das Projekt THU20 startete. THU20 veröffentlichten viele Kassetten und CDs und traten regelmäßig in Europa auf. Ihre Arbeitsweise beinhaltete Diskussionen über das ›Wie‹ und ›Warum‹ des Komponierens. Diese Zeit war entscheidend für Meelkops Soundkonzepte. Es dauerte aber bis Mitte der 1990er Jahre, dass er diese Ideen auch umsetzen konnte. Die Anschaffung eines Samplers, und später eines Computers, veränderten seine Möglichkeiten mit Sounds zu arbeiten radikal und bot zugleich größtmögliche Kontrolle und Freiheit. Seitdem arbeitet er beständig an neuen Werken, von denen viele mit Begeisterung in der kleinen, aber passionierten Szene der Sound Art wahrgenommen werden. Meelkop arbeitet zusammen mit Kapotte Muziek und organisiert Sound Events, hauptsächlich in Rotterdam. Neben seinen Veröffentlichungen konzentriert sich seine Arbeit auf raumbezogene Klanginstallationen und Performance-Stücke in Kollaboration mit anderen MusikerInnen und (bildenden) KünstlerInnen. Eine besondere Zusammenarbeit mit Frans De Waard, bekannt von Kapotte Muziek und Goem, trägt den Namen Wieman – ein Projekt, dass all ihre musikalischen Interessen, von Noise zu Klassik, von Pop zu Avantgarde, von Improvisation zu Komposition, vereint.
John Kannenbergs Kunst beschäftigt sich mit dem Akt des genauen Zuhörens, der Disziplin des Sammelns, der Wahrnehmung von Zeit, den Klängen von Räumen und Orten und den Metaprozessen des Schaffens und Erlebens von Kunst. Seine leise und reflektierte Arbeit verwischt die Grenzen zwischen Intention und Zufall und gestaltet Zufallsprozesse im Rahmen von persönlichen Regeln, die mal mehr, mal weniger streng angewandt werden. Sein multidisziplinärer Ansatz bewegt sich frei zwischen Zeichnungen, Feldaufnahmen, grafischer Notation, digitalem Video und improvisiertem Klang. Seit 2002 ist John Gründer, Designer und Kurator von stasisfield.com, einem interdisziplinären, digitalen Kunstraum, der Werke einer weltweiten Auswahl von KünstlerInnen präsentiert.
Der Musiker Kalle Laar kultiviert in den Performances seines Temporären Klangmuseums eine ganz eigene Sound-Kultur. Wenn Erik Satie mit seiner Musique d’Ameublement einen Raum möblieren wollte, dann bringt Kalle Laar eine anhaltende imaginäre Bewegung in den Raum, die so wirkt, dass man sich beständig der Musik vergewissern muss. Denn was er am Mischpult mit LPs, CDs, und Elektronik zaubert, sind nichts anderes als Klänge und Strukturen, die sich beständig auflösen. Jeder Moment wird zu einem Moment des Übergangs. Nie darf man sich sicher fühlen.
Am 11. Oktober wird Kalle Laar seine Arbeit »You Are Invited. A Landscape for John Cage & Dick Higgins« (2012), bestehend aus ca. 60 historischen Plattenspielern, Schallplatten, Schallplatten-Covers, Regalen und einem Tisch mit drei frei bedienbaren Plattespielern, vorstellen. Diese ist bis zum 06.01.2013 als neues Werk im Rahmen der Ausstellung »Sound Art. Klang als Medium der Kunst« zu sehen.