Notation. Prozess. Musik.

2024
© Patrick Borgeat, Foto: Daniel Bollinger
Artist/s
Patrick Borgeat
Titel
Notation. Prozess. Musik.
Jahr
2024
Exemplarnummer
006
Medium / Material / Technik
Videopräsentation
Admin Title
D7 Paragraph: r17_text / GPC_ID: 12102
Layout
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»Normalerweise sind Noten Punkte und Linien auf der zweidimensionalen Fläche eines Papiers. Die Notation der Tonfolgen besteht aus Zeichen auf einer Fläche. Dennoch werden diese Noten als eine zeitliche Sequenz, eine zeitliche Reihenfolge interpretiert. Deswegen gilt Musik als Mutter aller zeitbasierten Künste.«[1]

Bei der algorithmischen Komposition verfassen die Komponierenden nicht direkt eine Partitur, sondern beschreiben einen Prozess, dessen Ergebnis unmittelbar hörbar gemacht werden kann. Dabei kann auch eine musikalische Notation als Zwischenstufe entstehen, die dann wiederum von MusikerInnen interpretiert wird. Das klangliche Resultat einer algorithmischen Komposition kann jedes Mal identisch oder aber auch völlig unterschiedlich ausfallen, wird es durch zufällige Entscheidungen oder Eingriffe der KünstlerInnen in den laufenden Prozess oder durch sich ändernde externe Faktoren beeinflusst. Zudem kann sich die Musik durch Wiederholungen oder Sprünge in der Prozessbeschreibung zeitlich bis ins Unendliche ausdehnen. Das geeignete Instrument zum Umsetzen der Algorithmen ist der Computer. Als Schritt-für-Schritt-Anleitung verstanden, können die Befehlsfolgen jedoch auch von Menschen wie Kochrezepte abgearbeitet werden. Durch geschicktes Gestalten der Algorithmen können schon durch wenige Anweisungen klanglich hochkomplexe Strukturen entstehen, die beim Erdenken der algorithmischen Komposition oftmals noch gar nicht abzusehen gewesen wären.

Diese Idee wird beim Live-Coding konsequent weitergeführt, wobei hier der Kompositionsprozess auf die Bühne gebracht wird. Die Algorithmen werden in Form von Quelltext live und häufig improvisatorisch geschrieben und ausgeführt. Die live Programmierenden treten dabei in einen Dialog sowohl mit dem Publikum als auch mit dem laufenden Prozess. Live-Coding darf nicht als musikalisches Genre, sondern muss als musikalische Aufführungspraxis verstanden werden. Das musikalische Resultat bestimmen die Programmierenden. Es kann die verschiedensten Genres touchieren, von abstrakter Noisemusik über Jazz bis hin zu elektronischer Tanzmusik, die vertrieben durch das Label Algorave derzeit großen Anklang findet. Die Grundidee des Live-Codings ist jedoch nicht nur auf das rein Auditive beschränkt – auch Visuals sind ein beliebtes Medium für Live-Coding.

Für »Notation. Prozess. Musik.« wird in der Ausstellung »Open Codes« an zwei einander gegenüberliegenden Wänden mittels mehrkanaliger Videopräsentation ein konzeptueller Bogen gespannt von der klassischen Notation über die algorithmische Komposition hin zum prozesshaften Live-Coding vier internationaler KünstlerInnen. Außerdem können die AusstellungsbesucherInnen an einer interaktiven Station selbst erste Versuche im Live-Coding unternehmen.

 

[1] Peter Weibel, »Zellulare und molekulare Musik – Zur Kluft zwischen zwei Tönen«, in: ders., »Enzyklopädie der Medien, Band 2, Musik und Medien«, Universität für angewandte Kunst, Berlin, ZKM | Karlsruhe, Hatje Cantz, Berlin, 2016, S. 383.

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