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Ulrich Bernhardt. JETZT: Es war, wird und ist

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Ulrich Bernhardt, Der Fluss, 1978, Interaktive Videoinstallation, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025 © Ulrich Bernhardt, Foto: Ellen Bailly

Pressemitteilung

Stuttgarter Pionier der Medienkunst: Ulrich Bernhardt im ZKM

Mit der Ausstellung „JETZT: Es war, wird und ist“ würdigt das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe das Werk des in Stuttgart lebenden Künstlers Ulrich Bernhardt (*1942 in Tübingen), der zu den wichtigsten Pionieren der Medienkunst in Baden-Württemberg zählt. Bernhardts Schaffen erstreckt sich über sechs Jahrzehnte und umfasst Malerei, Fotografie, Grafik, Installation, Objekte, Film- und Videokunst sowie Kunst am Bau, künstlerische Forschung und Projekte im öffentlichen Raum. In seinen Arbeiten reflektiert Bernhardt aktuelle Technologien und den gesellschaftlichen Wandel in Zusammenhang mit der griechischen Mythologie und erforscht, wie technologische Entwicklungen unser Bewusstsein und Selbstverständnis beeinflussen.

Der Mensch und die Dimensionen der Zeit
Im Zentrum der Ausstellung stehen die beiden Installationen „Der Fluss“ (1978) und „Der Sarkophag“ (1996/2025) aus der Sammlung des ZKM, die für die Präsentation aufwendig restauriert wurden und die sich beide mit verschiedenen Aspekten der Zeit, Vergänglichkeit und Dauer auseinandersetzen. Bereits ab 1974 arbeitete Bernhardt mit Video, 1978 entstand mit „Der Fluss“ die erste Videoinstallation des Künstlers. Sie thematisiert die Flüchtigkeit der Zeit und den stetigen Wandel unseres Kommunikationsverhaltens. Die Installation „Der Sarkophag“ bezieht sich in der für die Ausstellung aktualisierten Version auf das sich im nächsten Jahr zum vierzigsten Mal jährende Reaktorunglück von Tschernobyl, das Bernhardt als Ausgangspunkt für eine neue Vorstellung von Zeit interpretiert: Im Fokus steht die unvorstellbare Dauer von existentieller Gefährdung durch Strahlung – Zeit in grenzenloser Ausdehnung. Insbesondere mit Blick auf aktuelle Debatten über die Rückkehr zur Atomkraft erinnert das Werk an die Gefahren, die von dieser Technologie ausgehen.

Der Titel der Ausstellung „JETZT: Es war, wird und ist“ knüpft sowohl an diese Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aspekten der Dimension Zeit an als auch an die Arbeitsweise des Künstlers: Bernhardt begreift Kunst als offenen, sich wandelnden Prozess. Immer wieder greift er in seiner Praxis auf bereits Geschaffenes zurück und überträgt es in neue Kontexte. „Ich bin kein Verfechter des originalen Kunstwerks. Die Bestandteile meiner Werke sehe ich als Kulissen an, als Material für Neues“, so Ulrich Bernhardt.

Von Anfang an politisch
Die Überzeugung, dass Kunst in unser Leben und in die Gesellschaft hineinwirken und Veränderung hervorrufen kann, ist seit den Studienjahren des Künstlers in den 1960er-Jahren ein wichtiger Aspekt seines Kunstverständnisses. Von Anfang an war Bernhardts künstlerisches Schaffen politisch geprägt, das zeigt zum Beispiel die Arbeit „Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“ (1967). Das von Bernhardt und Jürgen Holftreter für den Stuttgarter Sozialistischen Deutschen Studentenbundes entworfene Plakat wurde eines der berühmtesten Motive der 68er-Bewegung und ist in zahlreichen Abwandlungen auch heute noch weithin bekannt. Für seine ebenfalls in der Ausstellung gezeigte Serie „Liquidationen“ (1966-69) verwendete Bernhardt Bilder des Vietnamkriegs, die er aus dem Time Life Magazine ausschnitt und mit Lösungsmittel behandelte. Teile der Serie wurden während ihrer ersten Präsentation 1967 im Stuttgarter Club Voltaire von Vertretern der amerikanischen Militärpolizei zerstört.

Zu weiteren wichtigen Werken und Werkgruppen, die Bernhardts Interesse an Kommunikation und Interaktion veranschaulichen, zählt die Mail-Art-Aktion „Dein TV” (1981). Dafür lud er befreundete Künstler:innen ein, ihm auf einer Postkarte mit einem aufgedruckten Fernsehbildschirm ihren künstlerischen Kommentar zum damaligen Leitmedium Fernsehen zuzusenden. Für seine in den 1970er-Jahren entstandenen Copy-Art-Werke experimentierte der Künstler mit den damals neu aufkommenden Kopierern. Die Fotografie „Wiebke und das Industriezeitalter“ (1989), eine Überblendung von Aufnahmen der Schäden des Sturms Wiebke und von Innenansichten einer Motorenfabrik von Mercedes, thematisierte bereits früh den Zusammenhang von industriellem Fortschritt und der Klimakatastrophe.

Der Künstler als Kurator 
Ulrich Bernhardt ist nicht nur ein äußerst vielseitiger Künstler, seit den 1970er-Jahren ist er auch kuratorisch aktiv: 1978 gehörte er zu den Initiator:innen des Künstlerhauses Stuttgart, dessen erster künstlerischer Leiter er von 1978 bis 1986 war. In dieser Zeit realisierte er zahlreiche Ausstellungen, Symposien, Publikationen und partizipative Diskursformate, die den interdisziplinären Austausch und die internationale Vernetzung in der Medienkunst förderten. 1981 prägte er hier den Begriff der „künstlerischen Forschung“ – lange bevor dieses interdisziplinäre Feld sich in der Bildenden Kunst etablierte. Ungewöhnliche, mitunter auch absurde Methoden sollen hier mit persönlichem Erleben verbunden werden, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. 
Nicht nur als Künstler, sondern auch als Kurator trug Bernhardt so wesentlich zur Etablierung einer kritischen Gegenöffentlichkeit in der baden-württembergischen Landeshauptstadt bei.

Ulrich Bernhard und das ZKM
Seit 2019 befindet sich das umfangreiche audiovisuelle Archiv von Ulrich Bernhardt im ZKM. Die im Projektraum der aktuellen Sammlungspräsentation „The Story That Never Ends” gezeigte Ausstellung des Künstlers gibt mit ausgewählten Arbeiten erstmals einen Überblick über das Werk des Künstlers. „JETZT: Es war, wird und ist“ ist Teil einer Reihe an Ausstellungen im ZKM, mit der eine Pioniergeneration von bisher in der breiten Öffentlichkeit nur wenig bekannten Medienkünstler:innen gewürdigt wird.

Das Restaurierungsprojekt „Der Fluss“ (1978) konnte dank der großzügigen Unterstützung der Wüstenrot Stiftung, Projektpartner der Ausstellung „The Story That Never Ends“, realisiert werden.

 

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