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Ausstellung

Weather Station 2030

Mi, 01.12.2010 – Mo, 28.02.2011

Die Wetterstation ist eine performative Installation, die die Möglichkeit eröffnet, verbal und gestisch eine Prognose der Wetterereignisse fernerer Zukunft zu artikulieren. Mittels einer minimalistisch ausgestatteten »Bühne«, die zwischen offenem »Speaker’s Corner« und geschlossenem TV-Wetterredaktions-Studio changiert. Der Zugang ist frei, den Hintergrund bildet ein Bluebox-Setup, die Aufnahme erfolgt durch eine Videokamera. Die BesucherInnen sind dazu eingeladen als »WettermoderatorInnen« ihre eigene spontane Vorhersage zum Wetter in zwanzig Jahren zu entwickeln und zu moderieren.
 
Täglich mit den Nachrichten hören wir die Wettervorhersage.
 
Das Wetter und Klima nimmt nicht nur Einfluss auf unsere Befindlichkeit, es hat vor allem eine soziale und wirtschaftliche Dimension. Die in der Folge von Trockenheit, Überschwemmung, Hagel, Unwetter etc. ausgebliebenen Ernten führen immer wieder zu Hungersnöten und sind stets Anlass großer politisch-sozial-ökonomischer Umwälzungen.
 
Wir alle kennen die verschiedensten Wetterphänomene und verknüpfen persönliche Erinnerungen damit. Den Himmel am Abend vor Beginn des Ersten Weltkrieges beispielsweise beschrieben manche als flammend rot.
 
Das Wetter ist wie jedes nicht-lineare System physikalisch unvorhersagbar und mathematisch unberechenbar. Wetterbeschreibungen bzw. -prognosen illustrieren in der Science-Fiction-Literatur den Grad des jeweils erreichten Fortschritts in wissenschaftlicher und technischer Hinsicht. In der Graphic Novel, »V for Vendetta« schreibt Alan Moore gleich zu Beginn: „Wir schreiben den 5. November 1997 (…) Das Wetter wird bis sieben Minuten nach Mitternacht schön bleiben. Dann beginnt ein Schauer, der bis ein Uhr dreißig anhält (…) Die Temperatur wird in der Nacht zwischen 13 und 14 Grad Celsius schwanken.“
 
Die Daten, die wissenschaftlichen Teilerkenntnisse über diese komplexen Zusammenhänge werden uns via Medien zugespielt und massenmedial aufbereitet.
Die global thematisierten Szenarien geben einander schlagwortartig die Hand. Das Setup der Bluebox lässt Raum für Kollektivängste: waren es in den 1960er- und 70er-Jahren der Kalte Krieg, später der Terrorismus; der saure Regen, das Waldsterben der 1980er-Jahre, das Ozonloch, Frigen-Treibgas aus Spraydosen der 1990er, so verunsichert in den letzten Jahren wesentlich die Veränderung des Weltklimas.
 
Wie werden diese Informationen aufgenommen?
Welche Überlegungen resultieren bzw. welche Vorstellungen entwickeln wir daraus?
 
Dazu die Künstlerin Gabriele Sturm:
„Um Antworten und Statements auf die Fragen zu erhalten, wie diese Informationen »verdaut« werden, wie der/die Einzelne sie für sich begreift, habe ich ein Setting entwickelt, das »Ohren« hat: In diesem »Science-Fiction-Plot« erzeugen die fiktiven Vorhersagen die »vorüber gehenden« WettermoderatorenInnen, welche die medienvermittelten Wetterdaten mit einer spontanen Improvisation in eine Moderation über das Wetter der Zukunft transformieren. Der Abstand von 20 Jahren ist fern genug, um Fiktion zu sein und greifbar genug, um zu dieser Zukunft einen Bezug herstellen zu können. Es verweist auch auf Klimavorhersagen, die größere Zeiträume berücksichtigen. Die aufgenommenen Beiträge zeigen ein kaleidoskopartiges Spektrum an Projektionsflächen.“
 
„Bisher erwies sich die Wetterstation als interaktives und – insbesondere im Beisein der Künstlerin, effizientes Setting, das nicht allein eine rege Partizipation – und mit ihr ein breites Spektrum an »Antworten« ermöglichte, sondern zugleich ein womöglich neuartiger Hybrid aus statischer Installation und interaktiver Performance vereint. Sobald sich »performance art« per definitionem in der Aufführung und in den Aktivitäten und dynamischen Prozessen zwischen PerformerIn und ZuschauerInnen realisiert, ist die Wetterstation – soweit sich Gabriele Sturm selbst persönlich als »Performerin« einbringt performance art. Dabei ist aber nicht sie die eigentlich agierende »Performerin«, sondern die Performance leistet das Publikum selbst, als dessen »Publikum« – indem sie zuschauend und dokumentierend »agiert« – Gabriele Sturm selbst fungiert. Dabei liefert sie nichts als das präzis gesetzte Setting und – wenn sie persönlich anwesend ist – die Kommunikation mit den BesucherInnen, die dann als eigentliche PerformerInnen auftreten und dabei die Künstlerin als ihr »Publikum« sehen, das die jeweilige »Sendung« zugleich über das imaginierte Medium TV an eine breite, visuell wie auch physisch nicht wahrnehmbare Öffentlichkeit vermittelt. Indem sich dadurch das »Publikum«, die dann eigentlich Performierenden nicht auf eine zwanghafte Weise herausgefordert fühlt, an der Performance teilnehmen zu müssen, übernimmt es diese wie von selbst – allein der Lust folgend, sich selbst ohne Druck in Szene setzen zu können.“
 
Lucas Gehrmann

Team

Hartmut Jörg (Projektleitung)

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