Zorah Mari Bauer: Ortsbasierte Informationsräume

Beispiele kollaborativer Social Tools

Dauer
12:56
Kategorie
Vortrag/Gespräch
Erstellungsdatum
10.05.2007
Beschreibung
Zorah Mari Bauer, Universität Duisburg-Essen

ortsbasierte informationsräume
die erfindung der maus war eine revolution, weil man erstmals intuitiv (und nicht über eine mühsam zu erlernende kommando-sprache) mit digitalen informationswelten interagieren konnte – wenn auch nur auf einer kleinen zweidimensionalen spielwiese, dem mauspad. ortsbezogene informationsräume machen aus der ganzen welt eine dreidimensionale interaktionsfläche, in die nicht der aktuelle aufenthaltsort einer maus, sondern der aktuelle aufenthaltsort des interagierenden nutzers eingeht.
die welt wird nicht mehr als virtuelle parallelwelt ("virtual reality") in den computer gebracht, sondern die computer werden in die welt gebracht ("embodied virtuality"): komplexe informationswelten lassen sich so direkt in die reale objekt- und erfahrungswelt eines nutzers integrieren und mobil aus dem erlebniskontext abrufen.
communities und ihre ortsbasierten social tools
nutzer gleicher interessen organisieren sich bottom up und entwerfen für ihre zwecke maßgeschneiderte ortsbasierte dienste, die nach dem mutualitätsprinzip des gebens und nehmens von information gestellt (und nicht über bezahlfunktionen auf märkten reguliert) werden. je mehr mitglieder partizipieren, desto umfassender ist das informationsangebot und desto effizienter ist dieser dienst für die interessensgemeinschaft. erfüllte mutualitätserwartungen bauen vertrauen auf, mit dem sich dienste generell auf dauer stellen lassen. die neuen ortsbezogenen dienste geben diesem vertrauen eine räumliche basis, da es grundsätzlich neben dem dienst auch den nahbereich sozialen handelns und verhaltens gibt.

beispiele ortsbasierter informationskulturen
vor dem hintergrund dieses szenarios von "ubiquitous computing" und ortsbezogenen informationsräumen werden anhand eigener projekte aus kunst und informationdesign beispiele alternativen wissensmanagements vorgestellt, von kollaborativem storytelling bis hin zu neuen möglichkeiten der wissenstradierung (siehe nachfolgende beispiele).
neue formen von erinnerungskulturen...
"virtuelles nachbarschaftsalbum"
stellen sie sich vor, sie ziehen in eine neue gegend und fühlen sich gleich heimisch. keine anonymen nachbarn, kein mühsames eingewöhnen, keine langwierigen informationsdefizite. "virtuelles nachbarschaftsalbum" ist ein location based service, der genau das bieten kann. die bewohner eines hauses, eines häuserblocks, einer strasse hinterlegen wie in einem virtuellen fotoalbum vor ort dokumente ihres alltags. die nach und nach sedimentierten zeitschichten machen dieses mediale album zum "gedächtnis" einer straße.
"schnappschüsse"
wer hat sie nicht im eigenen familienalbum: die typischen schnappschüsse von den erinnerungsorten einer stadt, wechselnde darsteller vor ewiggleichen motiven. ein onlineforum bietet die möglichkeit, diese schnappschüsse zu kartografieren und zu kommentieren. auf diese weise entwickelt die online-community ein gemeinsames kommunikatives gedächtnis.
"backexpertinnen"
szenario am beispiel der wiener cafehaus tradition: frau holoubek ist eine leidenschaftliche liebhaberin der wiener backkunst. regelmäßig trifft sie sich im cafe sperl mit den fans von strudel & co, um alte rezepte nicht nur untereinander auszutauschen, sondern sie auch als zeitungebundene virtuelle information für alle interessierten gäste des cafes vor ort zu hinterlegen und damit zu tradieren, so wie früher großmütter dieses wissen an die mütter und diese an ihre töchter weitergegeben haben.