Rafaël Rozendaal: Neo Geo City
20.06.–31.07.2014
Browser-Programme lassen sich mit Bühnen vergleichen. Eine Kennzeichnung, die den Arbeiten von Rafaël Rozendaal, Jahrgang 1980, vollkommen gerecht wird und auf die er selbst gern anspielt. Einen Werkblock des niederländisch-brasilianischen Künstlers bilden Webseiten, die einen jeweils eigenen, assoziativen Domainnamen tragen und nur ein einziges Werk zeigen. Bis auf den Link auf die Künstler-Homepage finden sich keine weiteren Inhalte neben dem Werk.
Für AOYS fliegt man mit Hilfe von Rozendaal über eine riesige bunte Metropole namens »Neo Geo City« (2014), die aus einfarbigen, verschieden großen Quadern besteht. Diese extrem abstrahierten »Gebäude« sind verschieden farbig. Sie docken mit zeitgenössischen Mitteln an den malerischen Trend des »Neo Geo« aus den 1980er-Jahren an, wie er etwa durch Peter Halleys Gemälde verkörpert wurde. Der Besucher kann die Quader mit der Maus greifen und so in jede Richtung manövrieren. Klickt man auf einen, wird der Plan schwarz, und man sieht lediglich die Drahtgittermodelle. Diese Stadt ist unendlich in ihrer Ausdehnung, ganz gleich, welche Richtung man wählt.
Mit dieser Arbeit reiht sich Rafaël Rozendaal in eine der ältesten Netzkunsttraditionen, die Browserkunst, ein. Allerdings sind die heutigen Möglichkeiten erheblich größer als etwa Mitte der 1990er-Jahre, als Protagonisten wie Jodi (Joan Heemskerk, Dirk Paesmans) oder Alexej Shulgin auf den Plan traten. Dennoch spricht aus Rozendaals Arbeit der Geist der Beschränkung und Konzentration von damals. Heute erlaubt es die Programmiertechnik, die auch in Rozendaals Arbeit verwendet wird, weitgehend auf statische Bilder, etwa für Steuerelemente, zu verzichten. Stattdessen errechnet der Browser diese und stellt sie in seinem Fenster dar. Selbst Bewegungen können programmiert werden. Jpegs oder andere Dateien brauchen nicht mehr nachgeladen zu werden. HTML 5 und Javascript gestatten eine außerordentliche Dynamisierung der Fläche. Dennoch ist die Darstellung von Gerät zu Gerät verschieden. Rozendaal schätzt diese Beschränkung positiv ein, weil mit jedem Gerät eine einmalige Erfahrung angeboten werde. Alles sei beweglich, veränderbar, inkonsistent. Außerdem sei der User im Bildraum anwesend. Da Computer zudem leicht Zufallszahlen generieren können, sei es möglich, die Kunstwerke für jeden Nutzer erneut zu verändern.
Autor: | Matthias Kampann |