The Cat and the Coup
Peter Brinson und Kurosh ValeNejad – 2011
Ein Fall zurück durch die Zeit: ln »The Cat and the Coup« werden die Spielenden zum Schoßtier der Politik und erleben Weltgeschichte aus der Perspektive eines Vierbeiners.
Als Katze lösen sie verschiedene Puzzles, die nach und nach in einer rückwärts erzählten Geschichte erst den Tod von Dr. Mohammad Mossadegh, dann seinen Hausarrest und seine Gefängnisstrafe, den Putsch gegen ihn sowie schließlich seine Zeit als Premierminister dokumentieren. Der bis heute umstrittene Premier regierte den Iran von 1951 bis 1953 und wurde durch Nachrichtendienste der USA und Großbritanniens aus seinem Amt geputscht. Auf seiner Lebensgeschichte basiert das »Documentary Game« »The Cat and the Coup«. Das Genre des dokumentarischen Spiels stellt für EntwicklerInnen immer wieder eine große Herausforderung dar. Denn eine auf Selbstwirksamkeit beruhende interaktive Erfahrung ist schwerlich mit historisch gesicherten und nicht mehr beeinflussbaren Fakten zu kombinieren. Die Entwickler von »The Cat and the Coup« fanden für dieses Dilemma eine außergewöhnliche Lösung, indem sie sich dafür entschieden, dass die Spielenden lediglich als Haustier von Mossadegh agieren und als dieses den Politiker durch verschiedene Lebensstationen begleiten können.
[...] Die einzelnen Abschnitte des Spiels muten poetisch und geheimnisvoll an und weisen teilweise surrealistischen Charakter auf, wobei auffällig ist, dass die meisten der britischen und US-amerikanischen Figuren im Spiel Tierköpfe haben, Mossadegh hingegen als normaler Mensch auftritt. [...] Zwei Jahre vor der Veröffentlichung des Spiels wiederum hatte Slavoj Žižek in einem Aufsatz den Iran und die aktuelle politische Situation des Landes mit einer Katze über dem Abgrund verglichen, die nur dann nach unten fällt, wenn sie nach unten schaut und die Tiefe bemerkt. Das Spiel »The Cat and the Coup« verleiht genau diesem Gefühl des Fallens einen besonderen Ausdruck, eines Fallens zurück durch die Zeit.
Text von Jeannette Neustadt und Stephan Schwingeler, erschienen in »Games and Politics. Eine interaktive Ausstellung des Goethe-Institut in Kooperation mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe«, Ausst.-Kat., Goethe-Institut, München 2016.