Giga-Hertz-Preis 2010 / Walter-Fink Preis
Sa, 04.12.2010 19:00 Uhr CET
- Ort
- Foyer
Zum vierten Mal verleiht das ZKM gemeinsam mit dem EXPERIMENTALSTUDIO des SWR die Giga-Hertz-Preise für elektronische und akusmatische Musik.
Der Hauptpreis zeichnet das künstlerische Schaffen renommierter Komponist:innen aus. Er wird nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern durch Vorschläge der Jurymitglieder ermittelt. Die vier Produktionspreise dienen der Initiierung und Förderung neuer Projekte und richten sich daher besonders an Nachwuchskomponist:innen.
Die Jury 2010 setzt sich zusammen aus: Peter Weibel (Vorstand ZKM | Karlsruhe), Ludger Brümmer (Leiter ZKM | Institut für Musik und Akustik), Detlef Heusinger (Leiter EXPERIMENTALSTUDIO des SWR), Daniel Teruggi (Komponist, Leiter Groupe de Recherches Musicales de l'Institut National de l’Audiovisuel, Paris) und Harry Vogt (Redakteur Neue Musik WDR, künstlerischer Leiter der Wittener Tage für neue Kammermusik).
Der Giga-Hertz-Preis ist dem weltberühmten Physiker Heinrich Hertz (1857–1894) gewidmet, der Ende des 19. Jahrhunderts an der Karlsruher Technischen Universität lehrte und dort die elektromagnetischen Wellen entdeckte. Dieser Preis für elektronische und akusmatische Komposition ist einzigartig in Deutschland und verdeutlicht die Wichtigkeit der elektronischen Musik insbesondere in Baden-Württemberg – wird er doch getragen von den wichtigsten deutschen Studios für elektronische Musik: dem Freiburger EXPERIMENTALSTUDIO des SWR und dem ZKM | Institut für Musik und Akustik in Karlsruhe.
Den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis des Giga-Hertz-Preis 2010 erhält Gottfried Michael Koenig (*1926 Deutschland). Koenig schrieb instrumentale Werke für Orchester und kammermusikalische Besetzungen und entwickelte Computerprogramme für instrumentale und elektronische Musik. Er gilt als Pionier der algorithmischen Komposition und verfasste ein umfangreiches musiktheoretisches Werk. Er lehrte unter anderem am Institut für Sonologie der Universität Utrecht, an der Kölner Musikhochschule für elektronische Musik und bei den Darmstädter Ferienkursen.
Die vier mit je 8.000 Euro dotierten Giga-Hertz-Produktionspreise gehen an Dániel Péter Biró (*1969 in Ungarn, lebt in Kanada), José Miguel Fernandez (*1973 in Chile, lebt in Frankreich), Orestis Karamanlis (*1978 Griechenland) und Robert Normandeau (*1955 Kanada). Die Produktionspreise sind Realisationsstipendien, mit denen die Künstler:innen ihre eingereichten Projekte am ZKM Institut für Musik und Akustik und am EXPERIMENTALSTUDIO des SWR in Freiburg verwirklichen können.
Den erstmals verliehenen Sonderpreis für technische Innovation erhält Jaime E. Oliver La Rosa (*1979 Peru). Er entwickelte ein System, bei dem die Bewegungen der Hände über einer Fläche unmittelbar in Töne umgewandelt werden, ohne dass diese eine Tastatur oder Instrumente bedienen.
Der Walter-Fink-Preis des ZKM
2010 wird zum zweiten Mal der Walter-Fink-Preis des ZKM für Tanz, elektroakustische Musik und Medien vergeben. Der Produktionspreis für die technisch innovative Verbindung von Choreografie und Klang richtet sich an Teams, bestehend aus Komponist:innen, Choreograf:innen, Tänzer:innen und Bühnenbildner:innen. Wie kann das Verhältnis von Tanz und zeitgenössischer Musik angesichts interaktiver Medien im 21. Jahrhundert neu definiert werden? Der Musikmäzen Walter Fink sucht mit dem von ihm für das ZKM | Institut für Musik und Akustik gestifteten Walter-Fink-Preis des ZKM für Tanz, elektroakustische Musik und Medien darauf Antworten zu finden.
Die Jury 2010 setzt sich zusammen aus: Ludger Brümmer (Leitung ZKM | Institut für Musik und Akustik), Walter Fink (Musikmäzen), Achim Heidenreich (ZKM | Institut für Musik und Akustik, Leitung musiktheater intégrale | Hochschule für Gestaltung Karlsruhe) und VA Wölfl (Fotograf, Choreograph, Leiter Kompanie NEUER TANZ, Schloss Benrath).
Der Walter-Fink-Preis des ZKM für Tanz, elektroakustische Musik und Medien wird 2010 an Daniel Berwanger und Pipo Tafel für ein interaktives Konzertkonzept verliehen.
Vorwort
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von Ludger Brümmer
Der Giga-Hertz-Preis wird in diesem Jahr zum vierten Mal vergeben. Zu den Preisträgern der letzten Jahre – Jonathan Harvey, Trevor Wishart, und Jean-Claude Risset – gesellt sich in diesem Jahr ein Komponist, der sich um die elektronische Musik, aber auch um die Computermusik verdient gemacht hat. Seine Zusammenarbeit mit Stockhausen ist legendär. Sein eigenes Schaffen als Komponist nicht minder. Als einer der ersten europäischen Komponisten erarbeitete er die Grundlagen der algorithmischen Komposition und mit seinen Funktionsstücken betrat er ästhetisches Neuland, auf das sich junge Komponisten heute wieder berufen – die Noise Art: Gottfried Michael Koenig. Neben ihm wurden in diesem Jahr fünf Komponisten aus 132 Einreichungen für die Produktionspreise ausgewählt. Der fünfte Komponist kam aus besonderem Grund hinzu. Seine Entwicklung bestach durch den innovativen Charakter. Genau dieser Aspekt wird in der Zukunft des Giga-Hertz-Preises eine größere Rolle spielen. Wie Gottfried Michael Koenig seinerzeit die Grundlagen für eine zukünftige Generation schuf, will der Giga-Hertz-Preis hier auch in Zukunft Markierungen setzen.
Hauptpreisträger 2010 | Gottfried Michael Koenig (Deutschland)
Der Name Gottfried Michael Koenig fiel bereits in früheren Diskussionen um den Hauptpreisträger. In jeder dieser Sitzungen wird von den Juroren erneut ermittelt, welche Schwerpunkte und welche kompositorischen Leistungen bewertet werden sollen, welche Generation beachtet und in welche Richtung der Preis überhaupt gehen könnte. Soll er die akzeptierten Wertemuster widerspiegeln und nur die weithin anerkannten Komponisten herausgegeben oder soll er selbst aktiv den Fokus auf besondere Leistungen setzen, um eine Neubewertung zu initiieren. Letztendlich stellten sich einige technische, aber auch musikalische Kriterien als besonders wichtig heraus: Innovation, Virtuosität, nachhaltiger Einfluss und internationales Renommee. Gottfried Michael Koenig repräsentiert diese Aspekte in jeglicher Hinsicht. Seine technische Virtuosität wurde bei der Arbeit mit Stockhausen bei der Realisation mehrerer Werke deutlich. Daraufhin stellte er mit seinen Werken für Tonband neue kompositorische Paradigmen auf. Er entwickelte seine klanglichen Strukturen mit Hilfe der Spannungssteuerung und schuf neue Ansätze der Formgestaltung und Klangästhetik. Diese Ästhetik des geräuschhaften Klanges entwickelte sich zu einer der Grundlagen der gegenwärtigen Musikkultur, obwohl sie seinerzeit auch auf Unverständnis stieß. Gleichzeitig stellte sie aber auch eine Umsetzung der Forderungen der frühen Avantgarde mit der Befreiung des Klanges dar. Und so setzte er eine der wesentlichen Forderungen der Futuristen um Luigi Russolo um. Parallel zu den elektronischen Werken entwickelte er Ideen zu seriellen Verwendung des Zufalls mit Hilfe von Computerprogrammen. So entstand bereits 1968 das legendäre Programm »Projekt 1« und später »Projekt 2«. Mit diesen Kompositionsprogrammen betrat er Neuland in Europa, 12 Jahre nach der ersten Computerkomposition in den USA und zehn Jahre vor der Gründung des IRCAM. Als Leiter des Studios Sonologie in Utrecht zwischen 1964 und 1986 war er lange Zeit in der Forschung und Ausbildung tätig und blickt auf ein einflussreiches Oeuvre zurück.
– Autor: Ludger Brümmer
Programm
Preisverleihung Walter-Fink-Preis 2010 und Preisverleihung Giga-Hertz-Preis 2010 mit performativen Interventionen
ZKM_Foyer
Moderation: Peter Weibel, Vorstand des ZKM | Karlsruhe
Preisträger interpretieren elektronische Kompositionen auf dem Akusmonium
ZKM_Medientheater
Preisträgerkonzert
ZKM_Kubus
Ein Werk des Hauptpreisträgers 2010 und Auftragswerke der Produktionspreisträger 2009
- Valerio Murat: »Habeas Corpus – anatomia dell’ imaginazione e visioni dell’assoluto« (UA)
- Francisco Colasanto: »Zero KiloMetro« für Klavier und Elektronik (UA)
- Panayiotis Kokoras: »Magic« für Tonband (UA)
Programmheft
Programmheft
- ghp_ph_2010_imatronic_mit_cover.pdf (1.54 MB)
Jury
Ludger Brümmer (Komponist, Leiter des ZKM | Hertz-Labor)
Detlef Heusinger (künstlerischer Leiter des SWR EXPERIMENTALSTUDIO)
Daniel Teruggi (Komponist, künstlerischer Leiter der GRM Paris)
Harry Vogt (Redakteur für Neue Musik beim WDR, künstlerischer Leiter der Wittener Tage für neue Kammermusik)
Peter Weibel (künstlerischer Leiter des ZKM | Karlsruhe)