Circles 1 (Eröffnung)
Genf - L‘île aux enfants
Fr, 01.09.2000 19:00 Uhr CEST
- Ort
- Kubus Subraum
Die Präsentation der fünf Genfer Künstler Alexandre Bianchini, Mourad Cheraït, Nicolás Fernández, Fabrice Gygi und Sidney Stucki ist nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sie die Ausstellungsserie »Circles« als erste Ausstellung eröffnet, sondern auch aufgrund ihrer thematischen Konzeption für die Reihe programmatisch, da sie Überlegungen zu den sozialen Rahmenbedingungen der persönlichen Beziehungen der Künstler untereinander im Ausstellungsprojekt selbst reflektiert. Die fünf Künstler haben gemeinsam auf der École Supérieure d‘Art Visuel in Genf studiert und stehen seither – auch wenn sich die Lebenswege und Wohnorte getrennt haben – in regem Kontakt miteinander. Alle fünf Künstler haben ihre künstlerische Karriere mit performativen Projekten und Aktionen in Genf begonnen, teilweise stehen gemeinsame Projekte – wie z.B. die Gründung des unabhängigen Ausstellungsraums »FORDE« von Fabrice Gygi und Alexandre Bianchini – am Anfang ihrer Biografien.
Wenn sich so etwas wie ein allen gemeinsamer Kunstbegriff ausmachen läßt, so ist dieser sicherlich eng mit dem lokalen Ausgangspunkt ihrer Kunst verbunden, der Stadt Genf. Die Schweizer Stadt am südlichen Zipfel des Lac Leman – seit jeher für ein charakteristisches Auseinanderdriften von Anspruch und Wirklichkeit bekannt – und ihre spezifischen Gegebenheiten wie ihre Position auf einer gedachten kulturellen Achse zwischen Paris und Zürich, sowie die Präsenz internationaler Organisationen, europäischer Institutionen und zahlreicher Juweliere und Grand Hotels, hat durch den Gegensatz von mondänem Leben und Provinzialität eine Atmosphäre hervorgebracht, die zumindest auf die Genfer Kunstszene äußerst fruchtbare Wirkungen ausübte. In diesem Umfeld haben sich die in der ersten »Circles«-Ausstellung vorgestellten Genfer Künstler vor allem für den „kulturellen Underground“ der sehr vitalen Genfer Subkultur interessiert und von dort aus spezifische Positionen entwickelt, denen ein starkes gesellschaftliches Interesse eigen ist. Schon die hauptsächlich verwendeten Materialien sprechen eine deutliche Sprache. Es handelt sich vor allem um einfache, povere Dinge des alltäglichen Lebens (Fernandez, Cheraït), die Symbolsprache der Techno-Szene (Stucki) oder die ästhetischen Formeln der Macht und deren exekutiver Organe (Gygi).
Der Umstand, dass alle fünf eingeladenen Künstler, die zusammen mit Sylvie Fleury vielleicht die wichtigste Genfer Künstlergeneration bilden, ihren künstlerischen Werdegang mit performativen Projekten in der ersten Hälfte der 90er Jahre begonnen haben, hat zu einer Ausstellungskonzeption für das »Circles«-Projekt geführt, die eine Performance als Auftakt nimmt. In einer Art „Soundclash“, einer DJ-Schlacht, die allerdings auch eine ganze Bandbreite künstlerischer Medien, wie Videosequenzen, theatralischen Momenten und malerischen und skulpturalen Elementen, in ihre Agenda integriert, wollen die fünf Künstler versuchen, ihre Beziehung untereinander öffentlich aufzuarbeiten, bisher Ungesagtes zur Sprache zu bringen und sich vor allem mit den „Differenzen“, den Unterschieden, der gegenseitigen Kritik und Abgrenzung zu beschäftigen. Die heile Welt der „Freundschaft“ soll hiermit gleich von vornherein entlarvt und in Frage gestellt werden.
Dieser „Clash“ wird von zwei Kamerateams aufgezeichnet und für einen Beitrag in einem TV-Kulturformat aufgearbeitet. Die Kooperation mit einem Fernsehsender stand schon bei der Konzeption des Projektes als notwendiges „Transportmittel“ von der intimen Sphäre des Genfer Zirkels an die Öffentlichkeit fest. Durch den Eingriff von TV-Profis soll ein objektiver Blick auf die stark subjektivierten Aussagen der Künstler bezüglich des eigenen Netzwerks erzielt werden.
Das mitgeschnittene Material wird in Form einer handelsüblichen Video-Kaufkassette wieder in die Ausstellung zurückgeführt. Jedoch wird der Mitschnitt in fünf verschiedene Verpackungen präsentiert. Auf diesem Weg soll das gemeinsam mit der kollektiven Performance begonnene Projekt wieder in Einzelwerke aufgeteilt werden, die die jeweils individuelle Sichtweise und Position widerspiegeln.
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