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DIE GROSSE DEBATTE HAT KEINE BESCHREIBUNG

Ein Beitrag von Rachel Libeskind

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D7 Paragraph: r17_text / GPC_ID: 10118
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Um eine Untersuchung mit einem Mitmenschen zu beginnen, die ihre oder seine Position auf dem neuen Territorium (diesem zunehmend unbekannten Land) erkundet, müssen wir alle mit der Frage »Wovon lebe ich?« beginnen.

Ohne ein ernsthaftes Nachdenken über die Ressourcen, Systeme und unsichtbaren Architekturen, die die tiefgreifendsten und banalsten Auswirkungen auf unsere Existenz haben, können wir nicht einmal ansatzweise verstehen, wie wir unsere Beziehung zum neuen Terrain neu formulieren können. Wir leben nicht alle auf demselben Planeten; die verschiedenen Planeten, die wir bewohnen, bestehen nicht nur aus unterschiedlichen Visionen von der Welt, sondern aus konkret unterschiedlichen Systemen von Gerechtigkeit und Ethik.

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INHABIT INHERIT

© Rachel Libeskind
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Die Erde – etwas, das wir einmal kannten, wenn auch fälschlicherweise (danke, Gottheiten der Globalisierung) – verschiebt sich unter unseren Füßen, ein ständiger Aufruhr von Erdfällen und Erdbeben. Der Boden, den unsere Vorfahren einst für Nährstoffe bearbeiteten und für Kalorien ernteten, hat sich von uns abgewandt. Nicht wir haben uns verändert, sondern der Boden. Und so finden wir uns schiffbrüchig auf dem Land wieder, das wir einst kannten, das uns einst eine vergoldete Vertrautheit verschafft hatte und das uns nun unheimlich fremd ist. Wie ein böser Hochstapler betrügt uns dieses neue, aber alte Land um all die Ur- und all die urzeitlichen und überlieferten Erinnerungen, die wir auf der Bank unserer geistigen Irrtümer begraben hatten. Wir sind seekrank. Das Land sollte so und so aussehen, der Boden sollte dies und das tun, die Ernte sollte eigentlich gut sein, das Wetter sollte erträglich sein, der Boden sollte fest sein, all diese langweiligen und wesentlichen Grundlagen sind die Schwellen zu unserem grundlegenden Missverständnis von »unserem« Land. Die Natur ist ein Fremder – die Natur schuldet Ihnen nichts. Die Natur ist nur eine Erfindung, damit wir uns besser fühlen, wenn wir Land plündern, das uns nie gehört hat, und die Menschen zerstören, die zu einem bestimmten Zeitpunkt diese offensichtlichen Wahrheiten kannten – Sie sind nicht auf der Erde, Sie sind »in der Erde«.

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THE TERROR OF TERRITORY

© Rachel Libeskind
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D7 Paragraph: r17_text / GPC_ID: 10122
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Dieses neue Territorium – ein Territorium, das sich plötzlich offenbart hat wie ein Flaschengeist, den wir verzweifelt versuchen, zurück in eine kleine goldene Flasche zu stopfen – ist ein absoluter Schrecken für uns. Wir können nicht länger auf einer soliden Grundlage von Land leben, das wir vorhersagen können; unsere Fähigkeit, dieses neue Land zu beherrschen, wird nur mit einer erschreckenden Erwiderung von Beherrschung beantwortet – wir sind es nun, die von diesem Monster beherrscht werden, einem Golem, den wir Natur genannt haben (und der die ganze Zeit über in uns war, um uns herum war, uns war, uns ist). Der Terror des Territoriums – wessen Land, wessen Regeln, wessen Boden, wessen Mikroben, wessen Viren – sollten uns nicht Grenzen und Abtrennungen davor bewahren, das Terrestrische betrachten zu müssen? 

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D7 Paragraph: r17_image / GPC_ID: 10123
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© Rachel Libeskind
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D7 Paragraph: r17_text / GPC_ID: 10124
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Was bleibt uns in diesem neuen Terrestrischen zu bewohnen? Welchen Trost können wir auf der Erde finden, einen Trost, den die Dichter unserer Vorfahren einst in den vertrauten Zeichen der Welt um sie herum fanden, die die Systeme widerspiegelten, welche sie in ihren eigenen Körpern sahen? Bewohnen heißt im Grunde erben – wir bewohnen, was wir geerbt haben – vielleicht nicht von einer familiären Linie, aber von einer kulturellen oder stammesartigen. Der Schrecken des Territoriums, der Schrecken, unbewohnbares Land zu vererben, der Schrecken, nichts zu erben – nach vielen Lebenszeiten, die auf der Voraussetzung dieses Geburtsrechts und dieser Existenz aufgebaut waren. Wo werden wir landen? 

Ein Beitrag von Rachel Libeskind
Berlin, 2021

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