Real Time

Im Internet zu surfen bedeutet, den Planenten Erde Stück für Stück zusammenzutragen: Scrollende Fingerspitzen sammeln Code, über riesige Entfernungen hinweg in unsere Browserfenster herbeigeholt mittels interkontinentaler Glasfaserkabel. In der globalen Ökonomie des Codesammelns verschleiert die Ästhetik der Echtzeit uns bei unserem Erleben des Surfens, dass es sich eigentlich um eine räumlich verteilte Arbeitsleistung handelt. Die riesigen Entfernungen, die zwischen Fingerspitzen und Content liegen, werden durch die »Massage« unserer Sinne durch die Ästhetik des Interfaces in die Unsichtbarkeit verdrängt.

Bei der Arbeit »Real Time« handelt es sich um ein digitales Livestream-Video, das sich mit den geopolitischen Implikationen des Throbbers auseinandersetzt. Bei dem umgangssprachlich als »Pufferersymbol« bezeichneten Throbber handelt es sich um das allgegenwärtige sich drehende GIF, das sich zwischen die Bewegungen unserer Finger beim Surfen und die Bereitstellung von Inhalten von einem weit entfernten Server schaltet. Der Throbber ist ein Bruch in der globalen Ökonomie der Contentzusammenstellung. Er ist der letzte Schatten der räumlichen Ausdehnung des Internets, ein kurzer Einbruch der physischen Größe des Planeten Erde in den sonst so reibungslosen Fluss unserer Echtzeit-Online-Erfahrungen.

Der Code, aus dem sich das Video speist, wurde auf fünfzehn Server auf fünf verschiedenen Kontinenten verteilt. Bei jeder Präsentation wird dieser Content neu und in Echtzeit zusammengestellt. Die fast unmerklichen Schwankungen in der Bildauflösung liefern eine Momentaufnahme des uneinheitlichen Gefüges des Planeten Erde. Jede Präsentation des Videos ist ein einzigartiger Index der ungleichartigen Beschaffenheit der Echtzeit.