Frank Gillette, Ira Schneider

Wipe Cycle

1969
© Frank Gillette, Ira Schneider ; Foto © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Foto: Franz J. Wamhof
Artist/s
Frank Gillette
Ira Schneider
Künstler:in / Künstlergruppe
Frank Gillette, Ira Schneider
Titel
Wipe Cycle
Jahr
1969
Kategorie
Installation
Video
Format
Videoinstallation
Material / Technik
6-Kanal-Videoinstallation (digitale Rekonstruktion); 9 Röhrenmmonitore, 1 Kamera, 2 digitalisierte Analog-Videos (schwarz-weiß, ohne Ton, 00:14:00), Computer: 6 Raspberry Pi 3B+, Betriebssystem: Raspian, Individualsoftware, Programmiersprache: C / GStreamer, speziell angefertigte Videoswitch-Platine; 1 digitale Tonaufzeichnung, 1 Media Player, Lautsprecher
Maße / Dauer
ca. 240 x 210x 75 cm
Mitwirkende
Programmierung/Hardware
wissenschaftliche Beratung
Sammlung
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
Beschreibung
Frank Gillette und Ira Schneider entwickelten die Videoinstallation »Wipe Cycle« [Wisch-Zyklus] für die Ausstellung »TV as a Creative Medium«, die im Mai 1969 in der New Yorker Howard Wise Gallery eröffnet wurde. Es war eine der ersten Ausstellungen weltweit, die TV- und Videokunst zeigte.
Als sich die Aufzugtüren zum Loft der Howard Wise Gallery öffneten, standen die BesucherInnen direkt vor einem Block aus neun Monitoren, über denen eine Kamera angebracht war. Auf den Bildschirmen sahen sie eine verwirrende Vielfalt von Videobildern: Sie erblickten sich selbst (in Echtzeit und mit Zeitverzögerung), eine Live-Fernsehübertragung und zwei vorher aufgezeichnete Videofilme. Außerdem zu sehen war ein graues Bild, das gegen Uhrzeigersinn über die Monitore wanderte – der „Wisch-Zyklus“. Vermutlich gab es auch einen Soundtrack zu diesem Bilderuniversum: Von Band wurden Tonsignale in Morse-Code abgespielt.
Sich selbst auf dem Bildschirm zu erblicken, war Ende der 1960er-Jahre ein verblüffendes Erlebnis. Denn bis zu diesem Zeitpunkt bestimmten die großen Fernsehsender, was auf Bildschirmen zu sehen war. Nur sie hatten Zugang zur Videotechnik. Das änderte sich 1965 mit der Markteinführung von bezahlbaren Videorekordern für den Privatgebrauch. Als im Jahr 1967 dann auch noch ein batteriebetriebener, tragbarer Videorekorder mit Kamera auf den Markt kam – das Portapak von Sony – konnte jede und jeder bewegte, elektronische Bilder erzeugen.
Die Installation »Wipe Cycle« ist ein Schlüsselwerk der Geschichte der Videokunst. Es war eine der ersten, öffentlich ausgestellten „Closed Circuit“-Installationen. Das heißt, es war eines der ersten Werke, auf dem das Publikum sich selbst in Echtzeit sehen konnte. Die Installation konfrontierte die BetrachterInnen mit den veränderten Lebensbedingungen des 20. Jahrhunderts: mit einer Umwelt, die seit der Einführung des Fernsehens zunehmend auch von elektronischen Medien bestimmt wurde. Sie erblickten sich selbst zwischen Live-Bildern und voraufgezeichneten Bildern, zwischen Aufnahmen der Erde aus dem Weltraum, Nachrichtensendungen und grasenden Kühen. Der Künstler Frank Gillette notierte dazu: „Es ist ein Versuch, die eigene zeitliche Erfahrung neu zu ordnen – das Gefühl für Zeit und Raum“ und ergänzte: „Es war ein Versuch zu zeigen, dass wir genauso Information sind wie die Frühnachrichten von morgen“. [1]
Anlässlich der Ausstellung »Radical Software. The Raindance Foundation, Media Ecology and Video Art« im Jahr 2017 wurde »Wipe Cycle« von Daniel Heiss in Zusammenarbeit mit Ira Schneider und Frank Gillette rekonstruiert.

[1] Vgl. Yud Yalkut, »Frank Gillette and Ira Schneider. Parts I and II of an interview«, in: »Radical Software«, Vol. 1, Nr. 1, 1970, S. 9–10, 10.

Autor

Margit
Rosen

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