The Post-Communist Condition

Auch mehr als zehn Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges ist die kulturelle Kluft zwischen Ost und West nicht vollständig überwunden. Dies liegt vor allem an den unterschiedlichen Voraussetzungen, unter denen sich der kulturelle Diskurs in Ost und West entwickelt hat, was auch heute noch zu unzähligen Missverständnissen auf beiden Seiten führt. Im Westen stand das Verhältnis zwischen Kultur und Markt seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der kritischen Selbstreflexion sowohl der Intellektuellen wie auch der Künstler, wobei ihre theoretischen und künstlerischen Entwürfe meistens auf die Entmachtung des Marktes und auf die Etablierung des Primats der Politik zielten. Im kommunistischen Osten war der Markt dagegen immer schon abgeschafft und das Primat der Politik allgegenwärtig. Für den Osten galt also gerade der Markt als Utopie. So haben die östlichen Intellektuellen und Künstler ihre Hoffnungen auf den Markt westlicher Prägung gesetzt – und zwar auch und vor allem dann, wenn ihre Diskurse und Kunstwerke vom gleichen emanzipatorischen Impuls getragen wurden, wie diejenigen ihrer westlichen Kollegen. Zugespitzt kann man sagen: Als oppositioneller, kritischer Intellektueller oder Künstler setzte man im Westen auf Marx und im Osten auf Reagan.

Inzwischen hat der Wechsel der Modernisierungsmodelle in Osteuropa stattgefunden, und so stellt sich die Frage, wie die Realität des Marktes dort theoretisch und künstlerisch reflektiert wird. Im Rahmen des von der Kulturstiftung des Bundes geförderten Projekts „The Post-Communist Condition“ werden osteuropäische Wissenschaftler und Künstler versuchen, auf diese Frage eine Antwort zu geben. Das Forschungsprojekt, das unter Leitung von Boris Groys am ZKM Karlsruhe stattfindet, schließt eine Publikationsreihe ein, in der zentrale kultur- und kunsttheoretische Texte aus Osteuropa übersetzt und erstmalig einer deutschsprachigen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Am Ende des Projekts werden in Berlin ein großer internationaler Kongress und eine Ausstellung von Film- und Videoarbeiten stattfinden.

Projektleitung
Prof. Dr. Boris Groys

Wissenschaftliche Geschäftsführung
Dr. Anne von der Heiden

Stipendiaten und Forschungsthemen

Boris Buden Zagreb (Kroatien)
„Wider die Moderne. Postkommunismus in Südosteuropa“

Ekaterina Degot Moskau (Russland)
„Nach der kommunistischen Vision. Künstlerische Positionen im Post-Kommunismus“

Branislav Dimitrijević Belgrad (Serbien)
„Postcommunist Desire“

Prof. Dr. Ivaylo Ditchev Sofia (Bulgarien)
„The City as Stage of New Life in Eastern Europe“

Prof. Dr. AleŠ Erjavec Ljubljana (Slowenien)
„Political and Market Ideology in Postcommunism“

Andrey Fomenko St. Petersburg (Russland)
„Kunst zwischen Alltag und Avantgarde. Gegenwärtige Tendenzen der postkommunistischen Kunst in Russland“

Mischa Gabowitsch Moskau (Russland)
„Political Grammars of Anti-Liberalism in Contemporary Russia“

Valeria Ibraeva Almaty (Kasachstan)
„Nostalgia? Contemporary Film in Kazakhstan“

Prof. Dr. Augustin Ioan Bukarest (Rumänien)
„Post-Communist Environments. The Privatization of Public Space“

Iva Petrova Kuyumdzhieva Sofia (Bulgarien)
„The Artist in Postcommunist Society (1990-2004). A Sociological Inquiry“

Dr. Boyan Manchev
„The Total Body of Pleasure. Post-Communist Hedonsim“

Pavel Pepperštejn (Pivovarov) Moskau (Russland)
„Künstlerischen Utopien heute“

Prof. Dr. Michail Ryklin Moskau (Russland)
„Kunst und Philosophie im Post-Kommunismus. Untersuchungen zu den intellektuellen Debatten zwischen Russland und dem Westen 1988-2003“

Oksana E. Sarkisova Budapest (Ungarn) | Moskau (Russland)
„Mythodology of Liberation: Creation and Collapse of the Soviet Union through the Analysis of the Visual Culture“

Igor Zabel Ljubljana (Slowenien)
„Postcommunist Positions. Art in East-Central Europe“

Gastwissenschaftler | Mitarbeiter

• Mikhail Berg
• Nada Beros
• Prof. Dr. Svetlana Boym
• Gesine Drews-Sylla
• Prof. Dr. Boris Groys
• Dr. Michael Hagemeister
• Prof. Dr. Aage Hansen-LÖve
• Carl Hegemann
• Dr. Anne von der Heiden
• Anja Herrmann
• Mikhail Iampolski
• Viktor Jerofejew
• Dr. Petya Kabakchieva
• Boris Kagarlitsky
• Dr. Dagmar Kassek
• Dragan Kujundzic
• Gabriele Leupold
• Olga Matich
• Chantal Mouffe
• Annelore Nitschke
• Tomas Pospiszyl
• Dr. Nicole Ruchlak
• Ingo Schulze
• Julia Warmers
• Prof. Peter Weibel
• Prof. Dr. Slavoj ŽiŽek