Veranstaltung
Paranoia – Grenzerfahrungen elektronischer Musik im Kontext von Iannis Xenakis’ Schaffen
Festival
Do, 31.05. – Sa, 02.06.2012
Die Musik von Iannis Xenakis lässt sich nicht mit konventionellen Möglichkeiten fassen, sie zeichnet sich viel mehr durch eine Extremisierung der Mittel aus. Das findet sich nicht nur in der Art und Weise der Konstruktion, sondern auch in der Wirkung dieser Musik wieder.
Hierbei unterscheiden sich Xenakis’ elektronische von den instrumentalen Kompositionen durch die Intensität des Radikalismus. Legendär sind die von Iannis Xenakis selbst ausgesteuerten Uraufführungen, die bis an die Schmerzgrenze führten.
Setzt man diese musikalische Erfahrung in Beziehung zur Biographie von Xenakis, entsteht die Möglichkeit einer Interpretation: Die Radikalität seiner Musik könnte aus dem tiefen Bedürfnis entstanden sein, extremer Sinneserfahrungen Herr zu werden, Ordnung ins Chaos zu bringen, einzutauchen in ein Gemisch aus Klanggestalten, um letztendlich neu geboren zu werden. Einer Erfahrung also, die Xenakis selbst in seiner Vergangenheit als Freiheitskämpfer gemacht hatte.
Das Symposium beschäftigt sich mit der Aufbereitung der Dialektik aus Konstruktion und sinnlicher Empfindung. Die Art, in der Xenakis arbeitete, die Ästhetik, die er entwickelte, die Instrumente, die er konstruierte, eröffnen einen neuen Horizont des musikalischen Gestaltens und Erlebens. U.a. werden Zeitzeugen referieren, die mit Xenakis zusammengearbeitet haben, oder dessen Erbe im Centre Iannis Xenakis an der Universität Rouen wissenschaftlich aufarbeiten. Zusätzlich werden ExpertInnen zu Wort kommen, die Xenakis’ Leben und Arbeiten grundlegend untersucht haben.
Das Symposium wird durch vier Konzerte und zwei Workshops kontextualisiert.
In den Konzerten wird der Aspekt der Grenzerfahrung artikuliert durch Werke von u.a. Maryanne Amacher, aber auch durch den »Williams Mix« von John Cage, der die Idee des Chaos auf ganz eigene Weise umsetzt. Daneben werden Werke aufgeführt, die mit dem UPIC, einer von Xenakis’ instrumentalen Entwicklungen, entstanden sind. Höhepunkt der Konzerte ist die europäische Erstaufführung von Xenakis Werk »Persepolis« in einer Interpretation des Klangkünstlers Daniel Teige im Garten des Schlosses von Karlsruhe. Basierend auf Teiges Recherchen reproduziert diese 48-Lautsprecher-Installation den musikalischen Teil der Uraufführung des Stückes in den Ruinen des antiken Palastes der persischen Könige in Persepolis (Iran), die für Xenakis mehr als nur eine Kulisse bildeten.
Mit dem UPIC (Unité Polyagogique Informatique du CEMAMu) entwickelte Xenakis schon im Jahre 1977 als einer der ersten ein graphisches Instrument zur Übersetzung von Zeichnung in Klang. In den Workshops wird Rodolphe Bourotte den Teilnehmern eine Softwareversion dieses Instruments vorstellen und mit ihnen auf Basis des Zeichnens kompositorische Strategien entwickeln.
Die Workshops sind für Jugendliche ab 12 Jahre bzw. Erwachsene. Das Symposium steht in Zusammenhang mit den in der Ausstellung »Sound Art« präsentierten Positionen der Klangkunst, in der u.a. auch einer Version des originalen UPIC sowie Zeichnungen des Xenakis Werkes »Mycenae Alpha« zu sehen sind.
_______________________________
16:00 Uhr: Eröffnung
16:20 Uhr: Bill Dietz: Interactions with »Listening Mind« − Maryanne Amacher's Glial Instrumentations
17:05 Uhr: Werner Dafeldecker, Valerio Tricoli: Williams Mix Extended
17:40 Uhr: Rudolf Frisius: Musik als Formverlauf? Form und Struktur in der instrumentalen und elektroakustischen Musik von Iannis Xenakis
18:25 Uhr: Roundtable
20 Uhr: Konzert mit Maryanne Amacher: »GLIA«
Im Jahre 2006 erschuf Maryanne Amacher ein neues Werk für das in Berlin ansässige Ensemble »Zwischentöne«. Diese Arbeit, konzipiert für bis zu sieben oder acht Instrumente und Elektroniken, stellt eine Ausnahme in ihrem vorwiegend installations- und elektronisch orientierten Oeuvre dar. Das Werk mit dem Titel »GLIA« (benannt nach den Gliazellen im Gehirn, die die Erregungsübertragung zwischen den Synapsen steuern) wurde einmalig in dem Berliner Multimedia-Center TESLA aufgeführt. Diese erste Aufführung wurde (noch) von Amacher selbst angeleitet und betreut, unter Mitarbeit des damaligen Direktors des Ensembles »Zwischentöne«, Peter Ablinger, sowie mit dem derzeitigen Direktor Bill Dietz.
In »GLIA« stellte sich Amacher den Zuhörer als eine Art Gliazelle vor, der die Schnittstelle zwischen den elektronischen und akustisch-instrumentalen Elementen der Arbeit darstellt. Im engeren Sinne stellte sie sich die im Ohr des Zuhörers entstehende »otoakustische Emission« (die »von Geisterhand geschriebenen« Klänge im Ohr, die von den Elektroniken und Instrumenten wieder abgestrahlt werden) als eben jene »neurale Schnittstelle« vor. Dies entspricht demselben Ansatz, den Amacher bereits mit ihrem niemals aufgeführten (und wohl niemals vollendeten) Stück für das Kronos Quartett in den 1990er Jahren verfolgt hatte. Tatsächlich wurde Material dieses Streichquartetts teilweise für »GLIA« neu arrangiert. Nach der einmalig aufgeführten Premiere in Berlin kehrte Amacher nach Kingston / New York zurück und nahm ihr gesamtes Material zur Aufführung dieser Arbeit mit nach Hause. Im Jahre 2009 lud das Ensemble »Zwischentöne« Amacher dazu ein, nach Berlin zurückzukehren, um »GLIA« weiter zu entwickeln. Tragischerweise verstarb Amacher auf unterwartete Weise kurz vor dieser Wiederbegegnung.
16:00 Uhr: Leopoldo Siano, Tobias Hünermann, Christoph von Blumröder, Matthias Nowakowski: Iannis Xenakis Künstlerische Physiognomie und kompositorisches Umfeld
17:30 Uhr: Rodolphe Bourotte: Limits and perspectives of the computer-assisted sound drawing experience
18:20 Uhr: Roundtable
20 Uhr: Konzert – John Cages »Williams Mix« von Werner Dafeldecker und Valerio Tricoli
Der »Williams Mix« (1952/53) von John Cage gehört zusammen mit den »Cinq études de bruits« (1948) von Pierre Schaeffer und Karlheinz Stockhausens »Studie II« (1954) zu den Schlüsselwerken der frühen Tonbandmusik. In jenen Jahren, in denen Synthesizer und Sequencer noch längst nicht erfunden waren, wurde elektroakustische Musik in den damals gerade gegründeten Studios direkt auf Tonband produziert: Durch die Aufnahme von existierenden Klängen (Umweltgeräuschen, Stimmen, Musikinstrumenten, etc.), die Erzeugung elektronischer Klänge mit einfachsten Mitteln (Schwingungs- und Rauschgeneratoren, Schwebungssummer, etc.), bei der Bearbeitung durch Filterung, Veränderung der Abspielgeschwindigkeit und -richtung und schließlich die zeitliche Anordnung und Überlagerung des Materials.
Obwohl John Cage die Partitur von »Williams Mix« bei seinem Verleger C.F. Peters New York hinterlegte, damit andere KünstlerInnen eine neue Realisation anfertigen könnten, ist dies bis heute nicht geschehen. Insofern stellt das Projekt von Werner Dafeldecker und Valerio Tricoli, »Williams Mix« erneut zu realisieren, eine Premiere dar. Ihre Bedeutung liegt nicht allein in der digitalen Aneignung analoger Produktionsmethoden durch zeitgenössische KünstlerInnen im Sinne einer historischen Aufführungspraxis, sondern vielmehr in der Einlösung der Forderung von John Cage, Tonbandmusik als lebendigen Gegenstand musikalischer Auseinandersetzung und Interpretation zu verstehen und entsprechend durch neue Technologien zu aktualisieren.
10:00 Uhr: Daniel Teige: Dead or alive: Performance and interpretation aspects on Xenakis Polytopes today!
10:45 Uhr: Makis Solomos: Pour la Paix
11:30 Uhr: Sharon Kanach: Iannis Xenakis: Construction and Sensation/ A best-case scenario of »boys and their toys«
12:15 Uhr: Thomas Troge: Genie oder Paranoia − Musikdenken bei Xenakis unter dem Aspekt der Kognitions- und Gehirnforschung
14:00 Uhr: Daniel Teruggi: Did Iannis Xenakis ever compose »Musique concrète«?
14:45 Uhr: Roundtable
10:30−15:30 Uhr: Workshop – »Iannis Xenakis’ UPIC Kompositionssystem«
Workshop mit Rodolphe Bourotte für Erwachsene (Workshop für Kinder, So, 03.06., 10−14 Uhr)
Der Komponist Iannis Xenakis hat's erfunden: Eine Möglichkeit, Malerei in Musik zu verwandeln. In dem Workshop mit Rodolphe Bourotte lernen die TeilnehmerInnen, wie das funktioniert. Xenakis hat das Computerprogramm UPIC entwickelt, mit dem es möglich ist, jede Art graphischer Zeichnungen zum Klingen zu bringen − die TeilnehmerInnen werden selbst zu KomponistInnen.
16 Uhr: Konzert – Werke von Iannis Xenakis realisiert mit seinem Kompositionssystem »UPIC«
In diesem Konzert werden Werke von Iannis Xenakis, aber auch von Schülern Xenakis’ und anderen Komponisten präsentiert, die allesamt mit dem graphischen Kompositionswerkzeug UPIC erstellt worden sind.
A − UPIC pieces
Iannis Xenakis − Voyage absolu des Unari vers Andromède (1989, 15'30")
Daniel Terrugi − Gestes de l'écrit (1994, 11')
François-Bernard Mâche − Tithon (1989, 10'00")
Brigitte Robindoré − L'autel de la perte et de la transformation (1993, 8'33")
B - GENDYN and related
Curtis Roads − Sonal Atoms (1998, 3'37")
Rodolphe Bourotte − 110110 (2012, 7')
Luc Döbereiner − Piz Argient (2008, 11')
Iannis Xenakis − Gendy3 (1991, 19'00")
20.30 Uhr: Konzert – Iannis Xenakis: »Persepolis« im Schlossgarten Karlsruhe
mit Daniel Teige
Am 26. August 1971 erlebte das Werk »Polytope de Persépolis« seine Aufführung in den Ruinen des persischen Königspalastes aus dem Jahre 550 v. Chr., auf dem von Schahbanu Farah Pahlavi gegründeten Schiraz Kunstfestival.
Hierzu hatte Xenakis den Hörbereich in sechs architektonische Räume aufgeteilt, die den Räumen in den Ruinen entsprachen. Die Lautsprecher wurden so positioniert, dass innerhalb jeder dieser Räume eine besondere akustische Situation vorzufinden war, zwischen denen sich die BesucherInnen bewegen konnten. Trotz der Offenheit der Räume (die Ruinen bestehen größtenteils aus Säulenfragmenten), bildete der Klang eine infernalische, fast beängstigende, zum Höhepunkt hin kulminierende Collage. In einer europäischen Erstaufführung wird das Werk erstmals in seiner originalen Aufstellung im Schlossgarten in Karlsruhe präsentiert.
Die Umsetzung des Konzeptes und das Dirigieren der Aufführung erfolgt durch Daniel Teige.
Hierbei unterscheiden sich Xenakis’ elektronische von den instrumentalen Kompositionen durch die Intensität des Radikalismus. Legendär sind die von Iannis Xenakis selbst ausgesteuerten Uraufführungen, die bis an die Schmerzgrenze führten.
Setzt man diese musikalische Erfahrung in Beziehung zur Biographie von Xenakis, entsteht die Möglichkeit einer Interpretation: Die Radikalität seiner Musik könnte aus dem tiefen Bedürfnis entstanden sein, extremer Sinneserfahrungen Herr zu werden, Ordnung ins Chaos zu bringen, einzutauchen in ein Gemisch aus Klanggestalten, um letztendlich neu geboren zu werden. Einer Erfahrung also, die Xenakis selbst in seiner Vergangenheit als Freiheitskämpfer gemacht hatte.
Das Symposium beschäftigt sich mit der Aufbereitung der Dialektik aus Konstruktion und sinnlicher Empfindung. Die Art, in der Xenakis arbeitete, die Ästhetik, die er entwickelte, die Instrumente, die er konstruierte, eröffnen einen neuen Horizont des musikalischen Gestaltens und Erlebens. U.a. werden Zeitzeugen referieren, die mit Xenakis zusammengearbeitet haben, oder dessen Erbe im Centre Iannis Xenakis an der Universität Rouen wissenschaftlich aufarbeiten. Zusätzlich werden ExpertInnen zu Wort kommen, die Xenakis’ Leben und Arbeiten grundlegend untersucht haben.
Das Symposium wird durch vier Konzerte und zwei Workshops kontextualisiert.
In den Konzerten wird der Aspekt der Grenzerfahrung artikuliert durch Werke von u.a. Maryanne Amacher, aber auch durch den »Williams Mix« von John Cage, der die Idee des Chaos auf ganz eigene Weise umsetzt. Daneben werden Werke aufgeführt, die mit dem UPIC, einer von Xenakis’ instrumentalen Entwicklungen, entstanden sind. Höhepunkt der Konzerte ist die europäische Erstaufführung von Xenakis Werk »Persepolis« in einer Interpretation des Klangkünstlers Daniel Teige im Garten des Schlosses von Karlsruhe. Basierend auf Teiges Recherchen reproduziert diese 48-Lautsprecher-Installation den musikalischen Teil der Uraufführung des Stückes in den Ruinen des antiken Palastes der persischen Könige in Persepolis (Iran), die für Xenakis mehr als nur eine Kulisse bildeten.
Mit dem UPIC (Unité Polyagogique Informatique du CEMAMu) entwickelte Xenakis schon im Jahre 1977 als einer der ersten ein graphisches Instrument zur Übersetzung von Zeichnung in Klang. In den Workshops wird Rodolphe Bourotte den Teilnehmern eine Softwareversion dieses Instruments vorstellen und mit ihnen auf Basis des Zeichnens kompositorische Strategien entwickeln.
Die Workshops sind für Jugendliche ab 12 Jahre bzw. Erwachsene. Das Symposium steht in Zusammenhang mit den in der Ausstellung »Sound Art« präsentierten Positionen der Klangkunst, in der u.a. auch einer Version des originalen UPIC sowie Zeichnungen des Xenakis Werkes »Mycenae Alpha« zu sehen sind.
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Programm
Do, 31.05.2012
16−19 Uhr: Symposium zu Iannis Xenakis16:00 Uhr: Eröffnung
16:20 Uhr: Bill Dietz: Interactions with »Listening Mind« − Maryanne Amacher's Glial Instrumentations
17:05 Uhr: Werner Dafeldecker, Valerio Tricoli: Williams Mix Extended
17:40 Uhr: Rudolf Frisius: Musik als Formverlauf? Form und Struktur in der instrumentalen und elektroakustischen Musik von Iannis Xenakis
18:25 Uhr: Roundtable
20 Uhr: Konzert mit Maryanne Amacher: »GLIA«
Im Jahre 2006 erschuf Maryanne Amacher ein neues Werk für das in Berlin ansässige Ensemble »Zwischentöne«. Diese Arbeit, konzipiert für bis zu sieben oder acht Instrumente und Elektroniken, stellt eine Ausnahme in ihrem vorwiegend installations- und elektronisch orientierten Oeuvre dar. Das Werk mit dem Titel »GLIA« (benannt nach den Gliazellen im Gehirn, die die Erregungsübertragung zwischen den Synapsen steuern) wurde einmalig in dem Berliner Multimedia-Center TESLA aufgeführt. Diese erste Aufführung wurde (noch) von Amacher selbst angeleitet und betreut, unter Mitarbeit des damaligen Direktors des Ensembles »Zwischentöne«, Peter Ablinger, sowie mit dem derzeitigen Direktor Bill Dietz.
In »GLIA« stellte sich Amacher den Zuhörer als eine Art Gliazelle vor, der die Schnittstelle zwischen den elektronischen und akustisch-instrumentalen Elementen der Arbeit darstellt. Im engeren Sinne stellte sie sich die im Ohr des Zuhörers entstehende »otoakustische Emission« (die »von Geisterhand geschriebenen« Klänge im Ohr, die von den Elektroniken und Instrumenten wieder abgestrahlt werden) als eben jene »neurale Schnittstelle« vor. Dies entspricht demselben Ansatz, den Amacher bereits mit ihrem niemals aufgeführten (und wohl niemals vollendeten) Stück für das Kronos Quartett in den 1990er Jahren verfolgt hatte. Tatsächlich wurde Material dieses Streichquartetts teilweise für »GLIA« neu arrangiert. Nach der einmalig aufgeführten Premiere in Berlin kehrte Amacher nach Kingston / New York zurück und nahm ihr gesamtes Material zur Aufführung dieser Arbeit mit nach Hause. Im Jahre 2009 lud das Ensemble »Zwischentöne« Amacher dazu ein, nach Berlin zurückzukehren, um »GLIA« weiter zu entwickeln. Tragischerweise verstarb Amacher auf unterwartete Weise kurz vor dieser Wiederbegegnung.
Fr, 01.06.2012
16−19 Uhr: Symposium zu Iannis Xenakis16:00 Uhr: Leopoldo Siano, Tobias Hünermann, Christoph von Blumröder, Matthias Nowakowski: Iannis Xenakis Künstlerische Physiognomie und kompositorisches Umfeld
17:30 Uhr: Rodolphe Bourotte: Limits and perspectives of the computer-assisted sound drawing experience
18:20 Uhr: Roundtable
20 Uhr: Konzert – John Cages »Williams Mix« von Werner Dafeldecker und Valerio Tricoli
Der »Williams Mix« (1952/53) von John Cage gehört zusammen mit den »Cinq études de bruits« (1948) von Pierre Schaeffer und Karlheinz Stockhausens »Studie II« (1954) zu den Schlüsselwerken der frühen Tonbandmusik. In jenen Jahren, in denen Synthesizer und Sequencer noch längst nicht erfunden waren, wurde elektroakustische Musik in den damals gerade gegründeten Studios direkt auf Tonband produziert: Durch die Aufnahme von existierenden Klängen (Umweltgeräuschen, Stimmen, Musikinstrumenten, etc.), die Erzeugung elektronischer Klänge mit einfachsten Mitteln (Schwingungs- und Rauschgeneratoren, Schwebungssummer, etc.), bei der Bearbeitung durch Filterung, Veränderung der Abspielgeschwindigkeit und -richtung und schließlich die zeitliche Anordnung und Überlagerung des Materials.
Obwohl John Cage die Partitur von »Williams Mix« bei seinem Verleger C.F. Peters New York hinterlegte, damit andere KünstlerInnen eine neue Realisation anfertigen könnten, ist dies bis heute nicht geschehen. Insofern stellt das Projekt von Werner Dafeldecker und Valerio Tricoli, »Williams Mix« erneut zu realisieren, eine Premiere dar. Ihre Bedeutung liegt nicht allein in der digitalen Aneignung analoger Produktionsmethoden durch zeitgenössische KünstlerInnen im Sinne einer historischen Aufführungspraxis, sondern vielmehr in der Einlösung der Forderung von John Cage, Tonbandmusik als lebendigen Gegenstand musikalischer Auseinandersetzung und Interpretation zu verstehen und entsprechend durch neue Technologien zu aktualisieren.
Sa, 02.06.2012
10−15:30 Uhr: Symposium zu Iannis Xenakis10:00 Uhr: Daniel Teige: Dead or alive: Performance and interpretation aspects on Xenakis Polytopes today!
10:45 Uhr: Makis Solomos: Pour la Paix
11:30 Uhr: Sharon Kanach: Iannis Xenakis: Construction and Sensation/ A best-case scenario of »boys and their toys«
12:15 Uhr: Thomas Troge: Genie oder Paranoia − Musikdenken bei Xenakis unter dem Aspekt der Kognitions- und Gehirnforschung
14:00 Uhr: Daniel Teruggi: Did Iannis Xenakis ever compose »Musique concrète«?
14:45 Uhr: Roundtable
10:30−15:30 Uhr: Workshop – »Iannis Xenakis’ UPIC Kompositionssystem«
Workshop mit Rodolphe Bourotte für Erwachsene (Workshop für Kinder, So, 03.06., 10−14 Uhr)
Der Komponist Iannis Xenakis hat's erfunden: Eine Möglichkeit, Malerei in Musik zu verwandeln. In dem Workshop mit Rodolphe Bourotte lernen die TeilnehmerInnen, wie das funktioniert. Xenakis hat das Computerprogramm UPIC entwickelt, mit dem es möglich ist, jede Art graphischer Zeichnungen zum Klingen zu bringen − die TeilnehmerInnen werden selbst zu KomponistInnen.
16 Uhr: Konzert – Werke von Iannis Xenakis realisiert mit seinem Kompositionssystem »UPIC«
In diesem Konzert werden Werke von Iannis Xenakis, aber auch von Schülern Xenakis’ und anderen Komponisten präsentiert, die allesamt mit dem graphischen Kompositionswerkzeug UPIC erstellt worden sind.
A − UPIC pieces
Iannis Xenakis − Voyage absolu des Unari vers Andromède (1989, 15'30")
Daniel Terrugi − Gestes de l'écrit (1994, 11')
François-Bernard Mâche − Tithon (1989, 10'00")
Brigitte Robindoré − L'autel de la perte et de la transformation (1993, 8'33")
B - GENDYN and related
Curtis Roads − Sonal Atoms (1998, 3'37")
Rodolphe Bourotte − 110110 (2012, 7')
Luc Döbereiner − Piz Argient (2008, 11')
Iannis Xenakis − Gendy3 (1991, 19'00")
20.30 Uhr: Konzert – Iannis Xenakis: »Persepolis« im Schlossgarten Karlsruhe
mit Daniel Teige
Am 26. August 1971 erlebte das Werk »Polytope de Persépolis« seine Aufführung in den Ruinen des persischen Königspalastes aus dem Jahre 550 v. Chr., auf dem von Schahbanu Farah Pahlavi gegründeten Schiraz Kunstfestival.
Hierzu hatte Xenakis den Hörbereich in sechs architektonische Räume aufgeteilt, die den Räumen in den Ruinen entsprachen. Die Lautsprecher wurden so positioniert, dass innerhalb jeder dieser Räume eine besondere akustische Situation vorzufinden war, zwischen denen sich die BesucherInnen bewegen konnten. Trotz der Offenheit der Räume (die Ruinen bestehen größtenteils aus Säulenfragmenten), bildete der Klang eine infernalische, fast beängstigende, zum Höhepunkt hin kulminierende Collage. In einer europäischen Erstaufführung wird das Werk erstmals in seiner originalen Aufstellung im Schlossgarten in Karlsruhe präsentiert.
Die Umsetzung des Konzeptes und das Dirigieren der Aufführung erfolgt durch Daniel Teige.
Organisation / Institution
ZKM
Begleitprogramm